Ashes - Pechschwarzer Mond (German Edition)
den Fäusten gegen das Eis trommelte, während große Luftblasen mit Schaumbläschen aus seinem Mund nach oben stiegen. Oder noch schlimmer, wie Eli, zu schwach zum Schwimmen, auf den Grund sank, während das Blut aus seinem Bauch wie eine Rauchfahne aufstieg und er Roc fest in den Armen hielt. Ich sollte sie holen, ich sollte tauchen, ich sollte es versuchen! Er hätte es für sie getan.
»Ich kann nicht. Ich kann nicht!« Ihre Stimme war so dünn und piepsig wie die einer kleinen Maus. Sie konnte so einigermaßen schwimmen – Toter Mann, Seitenschwimmen, ein bisschen kraulen, wobei sie immer Wasser in die Nase bekam – , aber besonders gut kam sie im Wasser nicht zurecht. Jetzt schlug ihr zudem die Kälte ins Gesicht und saugte ihr noch den letzten Rest Wärme aus den Knochen. Ihre Arme und ihre Beine wurden so schwer. Ihre Stiefel waren sofort voll Wasser gelaufen, ihr Parka hatte sich aufgebläht. Das Wassertreten fühlte sich an, als stapfte sie durch nassen Beton. Eli, Eli, es tut mir so leid, so leid.
Als sie sich wieder umdrehte, schien das Festlandeis mit seinem gezackten weißen Rand schon sehr weit weg zu sein. Sie hatte damit gerechnet, das Mädchen mit dem grünen Schal zu sehen, aber Lena war verschwunden. Sie musste es probieren. Wenn sie sich bis zu dem stabilen Eis zurückkämpfte, konnte sie sich vielleicht daran festhalten und auch ihrem Hund helfen. Wie lange sie das durchhalten würde, war fraglich, aber alles war besser, als kampflos zu ertrinken.
Sie fing an, unbeholfen und hektisch herumzuplanschen, was ihr nur Energie raubte und sie keinen Meter näher an die sicheren Gefilde brachte. Wie mit tintenschwarzen, langen Fingern zerrte das Wasser an ihren Knöcheln, um sie nach unten zu ziehen, sie umzubringen. Alles tat ihr weh, Hände, Füße und Gesicht pochten schmerzhaft. Die Kälte schnitt ihr in die Haut, sie zitterte am ganzen Körper. Ohne dass sie es wollte oder auch nur merkte, geriet ihr Kopf unter Wasser.
Eine lange, lange Sekunde sank sie hinab wie ein Stein. Ihr Körper schien nicht zu begreifen, dass sie unter Wasser war. Doch dann wachte tief in ihr etwas auf, was noch die alte Ellie war. Hektisch strampelte sie an die Oberfläche, spuckte und hustete Wasser und schaute sich nach ihrem Hund um.
Mina war verschwunden.
Nein. Es war nicht einmal mehr ein innerer Aufschrei. Zu schwach. Und wo war der Menschenfresser? Alles wurde schwarz … » N-n ah. M-m ah-mah … « Ihr Mund funktionierte nicht mehr. Ellie paddelte wie ein Hund, den Kopf so weit nach hinten gelegt, dass sie in den blauen Himmel starrte, der sich orangerot färbte. Das Ende nahte. Da, ein leises Hecheln, als Mina auftauchte, allerdings nur ein bisschen, außer ihrer Schnauze und zwei erschrockenen Augen war nichts von ihr zu sehen.
Wasser klatschte Ellie gegen das Kinn. Eine Welle brach sich an ihrem Kopf und lief dann an ihr vorbei aus. Wieder ein Aufklatschen, diesmal näher. Hinter mir. Sie drehte sich um und sah, wie der Menschenfresser quer über den See auf sie zu kraulte.
» N-n -neh…« Mit allerletzter Kraft ruderte sie mit beiden Armen in Richtung offenes Wasser, ihre Gedanken waren winzige schillernde Seifenblasen. Was tut er denn, ist er verrückt? Die Paddelgeräusche kamen näher, wurden lauter, entschlossener. Ellie riskierte einen Blick und stieß einen gurgelnden Schrei aus. Schnaufend wie ein Ochse und wahnsinnig vor Hunger kam der Junge näher. Auf einmal fuhr ihr ein entsetzlicher Gedanke durch den Kopf: Er würde sie ertränken. Sie unter Wasser drücken, dann wieder heraufziehen und fressen …
» N-n -nein!«, kreischte sie, als er mit einer energischen Armbewegung die letzten eineinhalb Meter nahm. Seine Hände packten ihren Kopf. Ellie drosch wild mit den Armen um sich, aber es war, als würde sie gegen einen Kraken kämpfen, und sie wurde unter Wasser getaucht. Wieder ballte sich in ihrer Kehle ein Schrei, doch sie unterdrückte ihn, versuchte mit aller Kraft zu verhindern, dass er ihr über die Lippen kam. Kann nicht länger, kann nicht länger, kann nicht … und dann hielt sie wirklich nicht mehr durch. Beim Ausatmen entrang sich ihr ein verzweifelter Klagelaut.
Der Junge über ihr machte einen jähen Satz und ließ sie los. Ellie hatte keinen anderen Gedanken, als Luft zu schnappen, und pflügte sich an die Oberfläche. Als sie einen kostbaren Atemzug nahm, richtete der Junge sich auf, wieder schossen seine Hände auf sie zu. Ein letzter Gedanke: Jetzt hat er
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