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Ashes - Pechschwarzer Mond (German Edition)

Ashes - Pechschwarzer Mond (German Edition)

Titel: Ashes - Pechschwarzer Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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befreien, wollte laufen, laufen, laufen. Beruhig dich, du musst dich beherrschen. Es möchte doch gerade, dass du losrennst und dich zeigst.
    Sie schloss die Augen. Hinter ihren Lidern sah sie das Los-los-pusch-pusch wie Blut, das durch Arterien pulsiert: Der rote Sturm schob seine tastenden Finger durch ihre Augen, in ihren Verstand, ihren Hals hinunter und dann in ihr Herz, packte den Muskel, zwang ihm einen anderen Rhythmus auf: Pusch-pusch-pusch-pusch, los-los-los  …
    »Wo bist du?«
    Die Stimme war so nah, fast wäre Alex vor Schreck aufgesprungen. Sie presste die Lippen so fest zusammen, dass sie kribbelten. Unter ihrem Arm verharrte der Wolfshund totenstill. Nicht bewegen, nicht die Nerven verlieren. Während sie das Tier ein wenig fester an sich drückte, fragte sie sich, ob sie wirklich dem Hund oder nicht vielmehr sich selbst gut zuredete. Ihre Zähne schlugen aufeinander, klicketi-klicketi-klick. Sie rammte die Zunge zwischen die Kiefer und biss darauf, um das Geräusch zu unterdrücken. Nicht losrennen, Häschen in der Grube. Sonst kriegen dich die Jäger, wenn sie deinen kleinen weißen Watteschwanz aufblitzen sehen.
    »Ich weiß, dass du in der Nähe bist. Ich kann deine Konturen spüren.« Trotz der Entfernung von einem halben Fußballfeld und durch den Wald hindurch strahlte die Stimme eine milde, beschwichtigende Autorität aus, die Alex an den Darsteller von Lucius Fox in den Batman-Filmen erinnerte. »Ich heiße Finn. Wie heißt du?«
    Damit hatte sich eine Frage geklärt. Hier handelte es sich nicht um Gedankenlesen oder Telepathie, was ihr sowieso zu bizarr erschienen wäre. Egal, wie er das anstellt, er kann mich jedenfalls nicht ausfindig machen und sehen. Moment mal, das stimmte nicht ganz.Sie erinnerte sich an die seltsamen Verschiebungen der Perspektive, das Gefühl, dass Entfernungen zusammenschrumpften – und das war ihr doch schon früher passiert, nicht wahr? Auf den Blackrocks-Klippen, kurz vor dem Sprung: Eine außerkörperliche Erfahrung, sagten die Ärzte, sei eine Art Schluckauf des Schläfenlappens, hervorgerufen durch Angst und womöglich begünstigt durch ihr kleines Babymonster.
    Also  … war Finn ein Epileptiker? Oder nahm er irgendwelche Medikamente? Vermutlich. Dieser Abwassergestank war sehr stark, aber ebenso künstlich wie bei den Veränderten mit dem Chemo-Mief. Vielleicht nahmen sie dieselbe Droge – denn es musste eine Droge sein. Das wusste sie einfach. Aber wie wirkte sie bei ihm?
    Entscheidend jedoch war: Die Stimme kam nicht näher, der rote Sturm konnte keinen Kontakt herstellen. Und das hieß, er konnte nur Vermutungen anstellen, Wahrscheinlichkeiten durchrechnen.
    Nicht minder wichtig war: Der chemotherapeutische Cisplatin-Mief verstärkte sich nicht. Also war auch der mutierte Veränderte nicht imstande, sie zu riechen. Dafür konnte es verschiedene Gründe geben.
    Vielleicht liegt es auch nur an dir. Sie drückte den Wolfshund an sich. Das Tier drehte die Ohren wie eine Fledermaus, aber das war die einzige Bewegung, zu der es sich hinreißen ließ. Oder an uns beiden zusammen.
    »Warum lebst du noch?« Finns Pusch-pusch wurde wieder stärker. »Du funktionierst irgendwie anders, stimmt’s? Und dieser Junge  … Simon? Vielleicht seziere ich ihn und sehe nach.«
    Wenn dieser stinkende rote Sturm dachte, sie würde sich jetzt in die Hose machen, dann war er auf dem Holzweg. Aber wie sollte sie gegen Finn kämpfen? Krebs, den kannte sie. Die Seelenklempner versuchten einem ja beizubringen, wie man das Monster hinter einer Mauer versteckt, in eine Schachtel presst, die Tür abschließt.
    »Komm schon«, sagte der rote Sturm. »Ich weiß, dass du da bist.«
    So ein Quatsch – dann würdest du aufhören zu quasseln, und dieser Junge, dein Bluthund, hätte mich längst gefunden. Das war ein wütender Gedanke, wie ein mentaler Rempler  …
    Und dann dämmerte es ihr – was hatte er gesagt? Ich kann deine Konturen spüren.
    Das war immerhin mal ein Anhaltspunkt. Konturen konnte man nur spüren, wenn man auf etwas Festes stieß. Als würde man die Augen schließen und sich an einer Wand entlangtasten. Man weiß erst dann, wo sie endet, wenn die Finger in die Luft greifen. Vielleicht fand der rote Sturm sie durch die Hindernisse, die sie errichtet hatte, um sich zu schützen.
    »Wie heißt du?« Wieder ein starkes rotes Pusch-pusch, wie ein Radar, der versuchte, etwas zu orten.»Komm raus, ich kann dir helfen.« Pusch-pusch. »Wir haben so viel gemeinsam,

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