Ashes to Ashes (German Edition)
schließlich verschwand.
~9~
Als ob ich es nicht wüsste
„Was erdreistet er sich, so zu Euch vor Euren
Männern zu sprechen!“ Immer wieder spielten sich die Szenen der vergangenen
Stunden vor seinem geistigen Auge ab, ließen ihm keine Ruhe und wenn sein
stetiges Auf- und Abgehen seine Mutter die Königin nervös machte, so ließ sie es
sich zumindest nicht anmerken.
„Beruhige dich, Christen“, redete sein Vater auf
ihn ein, hob dabei beschwichtigend seine rechte Hand. Mit der anderen zupfte er
gedankenverloren an einem Bündel Weintrauben, das neben gelben Äpfeln in einer
Messingschale auf dem schweren Holztisch lag.
Ein leichtes Lächeln umspielte Albas Lippen,
während er eine einzelne Frucht an seinen Mund führte, erlosch dann plötzlich,
weil ihm die Traube aus den Fingern glitt und zu Boden fiel.
„Ich verstehe nicht, wie du so ruhig bleiben
kannst, Vater! Wenn Lionels Worte dich nicht beleidigt haben, so haben sie
zumindest ihre Wirkung bei unseren Männern nicht verfehlt. Oder meint Ihr, sie
ziehen jetzt voller Willenskraft in den Krieg?“
„Sie wissen, dass sie nicht schwach sind.
Lanions Krieger mussten sich in noch keinem Krieg verstecken!“
„Ihr setzt verflucht viel Vertrauen in ihre
Zuversicht. Ich hoffe nur, Ihr habt recht!“, fügte er mit leiserer Stimme hinzu,
als seine Mutter bei dem Wort „verflucht“ sichtbar zusammengezuckt war.
„Ich wünschte, wir hätten dir eine friedlichere
Zeit bieten können, Christen. Aber die Dinge stehen nun einmal, wie sie stehen“,
hauchte der König durch die steinerne Stille des großen Saales, wobei seine
Worte beinahe vom kargen Gestein geschluckt wurden. Liebevoll legte die Königin
ihre zarte weiße Hand auf die Schulter ihres Gemahls. Dabei raschelte ihr
Gewand.
/Eine friedlichere Zeit... doch wir können uns
unser Schicksal nicht aussuchen, nicht wahr?/
Christen blieb ruckartig stehen und hob den
Kopf, betrachtete seine Eltern aufmerksam.
„Vater...“, hauchte er schließlich leise und
trat etwas näher, als Alba nicht auf ihn reagierte.
„Sagt mir, Vater... Wird es... bald Krieg
geben?“
Alba schwieg, bleich wirkten seine Gesichtszüge
im fahlen Tageslicht. Die wenigen weichen Strahlen der Helligkeit, die durch die
offenen Fenster strömten, warfen tiefe Schatten in seine Augen. „Wie steht es um
Lanions Grenzen, Vater?“
Ein leises Seufzen war zu hören.
„Ich wünschte, ich könnte es sagen, Junge! Es
ist eine Woche her, dass ich den letzten Bericht eines Boten erhalten habe. Sie
sind bis zum Menam vorgedrungen. Ob Valerias Grenzen noch uneingenommen sind,
vermag ich im Augenblick nicht zu sagen. Vor drei Tagen schickte ich Boten
aus... bis jetzt sind auch sie nicht zurück gekehrt.“
„Wie könnt Ihr dann so ruhig...“, brauste
Christen entsetzt auf, mäßigte seine Stimme jedoch, als ihn der kühle Blick
seiner Mutter mitten ins Herz traf.
„Ruhig war ich nicht mehr seit dem Tag, da der
Krieg begonnen hat. Ich schlafe keine Nacht und wenn ich die Augen schließe,
prophezeit mir Fortuna den Untergang meines Reiches. Also erdreiste dich nicht
mich ruhig zu nennen!“
Er schnaubte wütend, als er nach Christens
Schulter griff und seine Finger in seine Haut grub. So fest, dass Christen einen
Schritt zurück wich, um sich der Berührung zu entziehen.
„Ich hätte nie zu dieser Hochzeit gedrängt, wenn
die Lage weniger kritisch wäre, Junge!“
/So gebt Ihr also selbst zu, dass meine Heirat
nur Euren Zwecken dient. Zur Erhaltung unseres Königreiches. Doch selbst mit
Tesaliens Unterstützung ist uns der Sieg nicht gewiss. Was, wenn wir verlieren?
Was, wenn wir.../
„Die Grenzen Lanions sind noch unberührt. Aber
für wie lange? Für wie lange? Der Feind ist nicht weit weg und die Truppen haben
sichtlich Schwierigkeiten, den feindlichen Angriffen stand zu halten. Das
Schweigen seit einer Woche verheißt nichts gutes, also...“
„Das heißt wir werden bald ausrücken...“
„Das heißt es wohl...“
Christen senkte den Blick, seine Glieder
zitterten ungewollt und so sehr er sich auch bemühte, es zu unterdrücken, wollte
ihm sein Körper einfach nicht gehorchen.
„Warum... erst jetzt? Warum erfahre ich es erst
jetzt? Weshalb, Vater? Wieso ließest du mich in dem Glauben, Lanions Grenzen
wären sicher?! Wie konntest du mich all die Monate nur so... im Irrglauben
lassen?!“
„Du warst noch nicht bereit!“
„Ach nein. Und seit
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