Ashes to Ashes (German Edition)
verstehen können…
Die Tage verstrichen, ohne, dass sie aufs Feld
zogen. Lassoux hatte sein Vorhaben, einen kurzweiligen Frieden zwischen beiden
Lagern auszuhandeln, wahr gemacht und so saßen sie jetzt alle auf brennenden
Kohlen. In ihnen gärte Missmut und Übellaunigkeit. Es kam nicht selten vor, dass
die Soldaten untereinander in Unstimmigkeiten gerieten und ihre Probleme in
kleinen Kämpfen austrugen.
Duncan ging anfangs oft dazwischen, versuchte
die Männer zur Vernunft zu bringen, hatte selbst dabei schon ein paar blaue
Flecken abbekommen. Irgendwann war es ihm schließlich egal, ob sie sich
gegenseitig die Köpfe einschlugen.
Es ging ihm nicht gut.
Jeden Morgen erwachte er schweißgebadet, quälte
sich aus seinem Bett, nur um feststellen zu müssen, dass ihm die Beine wankten
und er sich lieber noch einmal hinsetzen sollte.
Und jedes Mal, wenn er sein Hemd öffnete, um die
Wunde zu säubern, drang ihm beim Anblick des entzündeten Fleisches eine neue
Woge betäubenden Schmerzes entgegen.
Er versuchte den Schmerz im Schnaps zu ersäufen.
Wie gut, dass ihre Vorräte noch nicht ganz erschöpft waren!
Wenn er auf dem Platz Christen begegnete,
richtete er sich stets auf. Seit ihrer Unterhaltung damals hatten sie kein Wort
mehr miteinander gewechselt und jetzt… war Duncan mehr als froh darüber, denn er
hielt es nie lange aus, stramm zu stehen oder überhaupt zu stehen, ohne sich
irgendwo abstützen zu müssen.
Die Nächte kamen und gingen. Duncan begann zu
fiebern, gestand es sich nicht ein. Er griff nach dem Alkohol. Weshalb nur
wollte er den verteufelten Schmerz an seiner Brust dieses Mal nicht zum
Erlöschen bringen?! Schluck um Schluck. Es würde sicher bald besser werden…
Plötzlich legte sich eine warme Hand um seinen
Arm.
„Meinst du nicht, dass das langsam genug ist?!“
Und er sah in Friedrichs besorgte Miene, lächelte ihm entschuldigend zu.
Wann war sein Freund eigentlich zurück ins Lager
gekommen? Wann hatte man ihn doch gleich aus dem Krankenzelt entlassen? - Es war
so unwichtig.
Vorsichtig legte Friedrich seine Hand an Duncans
Wange.
„Es kommt von der Wunde, nicht wahr? – Das
Fieber!“ Er erwartete keine Antwort, kannte er sie doch bereits.
„Sie hat sich entzündet…“ Schreck saß in seinen
Augen, als er nach Duncans Hemdausschnitt griff, um einen Blick auf seinen
Oberkörper zu werfen. Aber sein Gegenüber wehrte ab.
„Nur eine Grippe!“, log er schlecht. „Ich leg’
mich kurz hin, dann geht’s wieder besser!“
„Duncan…“
Gab Friedrich denn niemals Ruhe? Sein Kopf
dröhnte, er wollte doch nur einen kurzen Augenblick schlafen… für einen kurzen
Augenblick den Schmerz vergessen, der ihm den Atem raubte und wie ein eisiger
Schatten über die Länge seiner Brust kroch.
„Duncan…“, wiederholte Friedrich erneut seinen
Namen. „Geh zu Cavendish! Er soll sich das ansehen!“
Doch Duncan zog sich einfach die Decke über den
Kopf, nachdem er sich auf seinem Lager niedergelassen hatte.
„Du stöhnst die ganze Nacht durch… Wir dachten
du träumst bloß… aber, Duncan, hörst du mir zu? Die Männer schlafen ohnehin
schlecht… Du hältst sie wach. Sie wollten es dir nicht sagen, aber…“
Plötzlich schlug Duncan die Decke zurück,
richtete sich ruckartig auf. Wie ihm das gelang, begriff er selbst nicht genau.
Dann packte er sein Gegenüber am Kragen.
„Es… es tut verflucht noch mal… weh!“, presste
er zwischen den Lippen hervor.
„Soll ich mein Lager draußen aufschlagen?! Ich
bemühe mich ja ruhig zu sein, aber…“
Er ließ von Friedrich ab, als dessen Mitleid in
sein Bewusstsein drang.
„Was will Cavendish dagegen tun, wenn mir das
Fleisch von den Rippen fault?!“
„Aber es einfach gehen zu lassen, ist auch keine
Lösung! Ich… bringe dich rüber!“
„Christen wird davon erfahren!“
„Das wird er auch, wenn du an seiner Seite
stirbst! Komm jetzt!“
Und wieder musste er den unheimlichen Gestank
ertragen, der ihnen hinter dem Zelteingang entgegenplatzte.
Die Luft des späten Nachmittags war kühl, doch
angenehm auf seiner Haut. Sie konnten von Glück reden, dass es noch immer nicht
begonnen hatte zu schneien.
Tief sog er die frische Luft in seine Lungen,
würgte fast, als ihm plötzlich der faulende Geruch von Krankheit in die Nase
kroch. - Dabei stand er so weit abseits von
jenem Zelt, in dem sich jetzt sein Freund befand. Er war sich schlecht dabei
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