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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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Straßencafe, war gut besucht, aber die verhaltene Stille, die hier herrschte, war wie eine Oase der Ruhe im Verkehrslärm Roms.
    Monsignore Sandanato hatte Elizabeth am Tag zuvor aus seinem Büro im Vatikan angerufen, und sie hatte seine Einladung zum Mittagessen nur zu bereitwillig angenommen. Jetzt saß sie mit offenem Mund da, schockiert von der Geschichte, mit der Sandanato sie überfallen hatte. Er sah ruhig und gelassen aus, aber seine Augen, die noch tiefer als gewöhnlich in den dunklen Höhlen lagen, verrieten seine innere Anspannung; als Elizabeth eingetroffen war, hatte er bereits eine halbe Flasche Wein getrunken. Er wählte seine Worte mit Bedacht, sprach langsam und wohlüberlegt. Mit den Geistlichen war es immer das gleiche: In Elizabeth’ Gegenwart waren sie vorsichtig – sie war Journalistin und eine Frau, zwei der größten Gefahren, die es für einen Priester gab. »Nein, nein, ich war auf der gegenüberliegenden Seite des Teiches. Ich habe das alles erst bemerkt, als es schon zu spät war. Ich sah nur noch, wie jemand auf Schlittschuhen davonlief.« Er nahm sich mit der Gabel ein kleines Stück von dem Fisch in Kräutersauce und schob es in den Mund. Kauend fuhr er fort: »Als ich bei Ben ankam, war der Mann in der Dunkelheit verschwunden. Ben lag blutend auf dem Eis. Ich half ihm ins Haus. So viel Blut …«
    »Aber jetzt geht es ihm wieder gut? Sie sind in Princeton geblieben, um dafür zu sorgen …«
    »Ja, ja, natürlich. Es geht ihm schon viel besser, aber es war eine gefährliche Wunde.« Er wies zaghaft auf seinen Rücken und seine Hüfte. »Glücklicherweise wurde kein inneres Organ verletzt … und auch sein Vater erholt sich zusehends. Aber er ist ein alter Mann, da ist es problematischer.«
    Als sie aufblickte, stellte sie fest, daß Sandanato ihr entschlossen in die Augen starrte. Irgend etwas tief in seinem Innern schien jetzt dicht unter der Oberfläche zu schlummern, als würde ihm die leiseste Berührung eine Art lähmenden Schmerz verursachen. Was suchte er in ihren Augen? Was ließ er unausgesprochen? Elizabeth erinnerte sich, was Ben Driskill gesagt hatte: Er liebt Sie.
    »Es war also ein Priester, der ihn niedergestochen hat?«
    »Ich kann nur wiedergeben, was Driskill gesagt hat. Ich war zu weit weg, um etwas erkennen zu können. Driskill hat erklärt, daß es der Priester gewesen sei, den man auch im Helmsley Palace gesehen hat, der Mann mit dem silbernen Haar. Driskill sagt, es müsse derselbe Mann gewesen sein.« Er zuckte die Achseln.
    »Aber Sie haben ihn nicht gesehen?«
    »Nein. Als es passiert ist, war ich zu weit weg, und als ich bei Driskill angelangt bin, war der Mann verschwunden.«
    Schwester Elizabeth seufzte und legte das Besteck zur Seite. Sie hatte kaum einen Bissen von ihrem delikaten Kalbsschnitzel gegessen. Sie trank einen Schluck Orvieto, senkte die Augen, wich Sandanatos Blick aus, der starr auf ihr Gesicht gerichtet war. Märtyreraugen, leidend, gequält.
    »Die ganze Sache wird immer verrückter«, sagte sie. »Wer hatte denn überhaupt die glorreiche Idee, Schlittschuh zu laufen? Ben hat mir mal gesagt, er hasse diesen Sport.«
    »Es war meine Idee, zugegeben. Ich hielt es …«
    »Ich weiß. Sie hielten es für eine gute Idee. Aber von dem kleinen Zwischenfall mal abgesehen, Mrs. Lincoln – wie hat Ihnen die Aufführung gefallen?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Schon gut. Ein schlechter Scherz. Es war also Ihre Idee.«
    »Ich konnte nicht schlafen. Mister Driskill auch nicht. Und das Eislaufen war für uns beide die Möglichkeit, einen klaren Kopf zu bekommen. Wie konnte jemand damit rechnen, daß so etwas passiert?«
    »Ich frage mich nur, Monsignore, woher der Priester wußte, daß Ben Driskill zu dieser Stunde noch Schlittschuh laufen ging.«
    »Das konnte er bestimmt nicht wissen, Schwester. Ich habe mir darüber auch den Kopf zerbrochen. Er muß die Absicht gehabt haben, Ben Driskill im Haus zu überfallen – und dann sah er ihn auf dem Teich, erkannte seine Chance und nutzte sie. An die Schlittschuhe heranzukommen, war einfach – sie lagen vor der Hintertür im Innern des Hauses, und diesen Weg kannte er ja bereits.« Die Sonne war weiter gewandert und stand jetzt hoch am Himmel, schien auf Sandanatos dichtes schwarzes Haar und ließ es schimmern, warf einen dreieckigen Schatten über seine Stirn, der wie ein großes Muttermal aussah.
    »Als er ins Haus eingebrochen ist und Vals Aktenkoffer gestohlen hat -ja. So muß es gewesen sein. Aber

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