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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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lehren, daß man von Zeit zu Zeit den Ring des Papstes zu küssen hatte. Natürlich war es dafür zu spät. Aber es wäre eine höchst erfreuliche Angelegenheit gewesen. Nur sehr wenige Menschen hatten die Möglichkeit, den Schwarzen Mann zu etwas zu zwingen.
    »Ich habe die entsprechenden Personen observieren lassen, Heiligkeit. Dr. Cassoni ist, wie sich herausgestellt hat, selbstverständlich in jeder Hinsicht ein Vorbild an Diskretion – bis auf eine Ausnahme. Gestern ist er mitten in der Nacht zu einem völlig heruntergekommenen alten Krankenhaus gefahren, das sich inmitten eines Elendsviertels befindet. Er hatte dort eine Verabredung, und wie ich befürchte, liegt der Schluß nahe, daß Sie der Gesprächsgegenstand waren.«
    Es war von großer Wichtigkeit, daß Berichte über den Gesundheitszustand des Papstes nur auf die althergebrachte Weise an die Öffentlichkeit drangen – nach Zensur durch den Vatikan, deren Maßstäbe von der Kurie und Calixtus selbst bestimmt wurden. Es war Kardinal Indelicato gewesen, der vorgeschlagen hatte, den Leibarzt des Papstes unter strenger Beobachtung zu halten.
    »Ich möchte keine vagen Aussagen, Manfredi. Ich möchte konkrete Informationen. Mit wem hat Cassoni sich getroffen?«
    »Darf ich Ihnen eine Frage stellen, Heiligkeit? Wie ist Cassoni Ihr Leibarzt geworden?«
    »D’Ambrizzi hat ihn mir empfohlen.«
    »Darauf hätte ich kommen müssen«, murmelte Indelicato mit leisem Selbstvorwurf.
    »Nicht einmal von Ihnen kann man erwarten, alles zu wissen.«
    »Damit haben Sie vermutlich recht. Aber es war D’Ambrizzi, mit dem der gute Doktor sich getroffen hat.«
    Der Papst schwieg, und als er aufblickte, fragte er sich, ob das leichte Zucken, das er in den Winkeln des breiten, schmalen Mundes Indelicatos gesehen hatte, ein Lächeln gewesen war.
    Nachdem Kardinal D’Ambrizzi das Büro betreten und den Papst begrüßt hatte, wandte er sich an Kardinal Indelicato. »Fredi, Fredi, was machen Sie für ein langes Gesicht? Sie glauben, Sie stecken in Schwierigkeiten. Ha! Was ich Ihnen so alles erzählen könnte!« Er trat einen Schritt zurück und musterte den hochgewachsenen, hageren Mann in der perfekt geschnittenen Kleidung eines gewöhnlichen Priesters. D’Ambrizzi grinste, streckte die Hand aus und prüfte den Stoff von Indelicatos Jacke zwischen seinen fetten Fingern. »Ein schöner Anzug, sehr schön. Von Ihrem Hausund Hofschneider? Was mich betrifft – ich brauche keinen. Die Arbeitskraft eines guten Schneiders in Anspruch zu nehmen, wäre bei meiner Figur glatte Verschwendung. Je weiter das Gewand, desto besser sehe ich aus, was, Fredi?«
    Indelicato blickte auf den kleineren D’Ambrizzi hinunter. »Giacomo. Wir sollten uns öfter sehen. Ich vermisse Ihren vielgepriesenen Humor.« Er wandte sich an D’Ambrizzis Schatten. »Ah, Monsignore Sandanato, wie schön, daß Sie uns heute morgen mit Ihrer Anwesenheit beehren.«
    Frischer Kaffee und belegte Brötchen wurden hereingebracht, während der Papst darauf wartete, daß die beiden Kardinäle mit ihrem Geplänkel aufhörten. Für jemanden, der den wahren Charakter dieser beiden Männer nicht kannte, mochte es so aussehen, als würden sich Don Quichotte und Sancho Pansa Beleidigungen an den Kopf werfen. Indelicato nahm sich eine Tasse schwarzen Kaffee, setzte sich und trank hin und wieder einen kleinen Schluck, während D’Ambrizzi den Kaffee mit reichlich Milch und Zucker versah. Sandanato beschränkte sich darauf, in seine Tasse zu starren. Jahrzehntelang waren Indelicato und D’Ambrizzi von Beobachtern der vatikanischen Szene immer wieder miteinander in Verbindung gebracht worden – als gegensätzliche Charaktere, als Widersacher, vor allem aber als Kollegen mit einem gemeinsamen Ziel: der Kirche zu dienen.
    »Acht«, sagte der Papst in das Schweigen und beobachtete, wie sich aller Augen auf ihn richteten. »Wir sind mit acht Mordfällen konfrontiert. Acht Morde innerhalb unserer Kirche. Wir wissen nicht, warum diese Morde verübt wurden. Wir wissen nicht, wer sie begangen hat. Es ist nicht einmal ein Muster, ein System erkennbar; wir können also nicht voraussagen, wer das nächste Opfer sein wird. Aber wir können ziemlich sicher sein, daß es weitere Opfer geben wird.« Er hielt inne. »Wir haben die möglichen Täter in Betracht gezogen: Extremisten. Unsere Freunde, die Mafia. Opus Dei. Propaganda Due.«
    Indelicato schüttelte den Kopf. »Meine Ermittler haben keine Hinweise darauf entdecken können, daß eine

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