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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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gebracht. Ich war schließlich Lehrerin.«
    »Dann müssen Sie auch Father Vincent Governeau gekannt haben.«
    »Ganz recht.«
    »Ich frage mich nur … welche Erinnerungen haben Sie an Father Governeau?«
    Eine Nonne brachte ein silbernes Teeservice ins Zimmer und stellte es auf den Tisch vor dem Sofa, auf dem Dunn und Schwester Mary Angelina Platz genommen hatten. Sie wartete, bis die Nonne gegangen war, und setzte ihr engelhaftes Lächeln auf. »Haben Sie mich deshalb aufgesucht, Father Dunn?«
    »So ist es, Schwester. Wegen Father Governeau.«
    »Wissen Sie, ich muß gestehen, ich habe Sie erwartet.«
    »Wie meinen Sie das? Warum?«
    »Ich habe damit gerechnet, daß jemand wie Sie mich aufsucht.«
    »Was Sie nicht sagen.«
    »Ich habe die Erfahrung gemacht, daß wir, jedenfalls die meisten von uns, irgendwann für die Vergangenheit bezahlen müssen. Glauben Sie das nicht auch? Ich hatte damals nicht den Mut, die Rechnung zu begleichen, als sie mir vorgelegt wurde – das meine ich sinnbildlich, Sie verstehen? Aber ich habe fast ein halbes Jahrhundert auf einen Menschen gewartet, der mich nach Father Governeau fragen würde.«
    »Dann bin ich dieser Mensch. Warum haben Sie gewartet?«
    »Weil ich weiß, warum er so gestorben ist. Und als sie dann gestorben ist, war ich die einzige …«
    »Wer ist ›sie‹?«
    »Mary Driskill. Sie wußte es auch …«
    »Warum hat er Selbstmord begangen?« Wieder lächelte sie strahlend. »Bitte, nehmen Sie sich ein Plätzchen, Father Dunn. Machen Sie sich’s gemütlich, trinken Sie Ihren Tee, und ich werde Ihnen die ganze Geschichte über Father Governeau erzählen. Möge Gott sich seiner Seele erbarmen …«

4 DRISKILL
    Der gemietete Dodge gab sich nach dreihundert heißen, staubigen, windigen, sandigen Meilen geschlagen. Einige davon hatten mich an der Mittelmeerküste entlanggeführt, der weitaus größte Teil der Fahrt war jedoch durchs Binnenland verlaufen, in Richtung jenes Ortes, den man ›Das Inferno‹ nannte. Ich lenkte den Wagen auf einen großen Platz neben der Straße, wo zwei einsame Tanksäulen standen. Sie wirkten wie Überlebende der Verlorenen Legion, vergessen, aber immer noch auf Posten. Ich sah ein paar sandfarbene Hunde herumstreichen, außerdem vier Ägypter, die sich in süßem Nichtstun zu ergehen schienen, und einen Tankwart, der mir mitteilte, der Keilriemen meines Wagens höre sich wie eine Sirene an. Er trug eine Schirmmütze mit dem Schriftzug New York Yankees und einen blauen Overall. Hinter ihm erhob sich wie eine Fata Morgana ein Gebäude, sofern man von einer Fata Morgana nicht allzuviel erwartet; es war eine Art Hotel, das wie ein riesiger Keks von der sengenden Sonne gebacken wurde. Zwei Etagen, schief in den Angeln hängende Fensterläden, kein Namensschild.
    Während der Mann mit der Yankee-Kappe einen Blick in den Motorraum warf, um die Quelle des Geräuschs und des Qualms aufzuspüren, begab ich mich in die kühle Dunkelheit des Hotels. Der Empfangsschalter war unbesetzt, die Lobby leer bis auf ein paar vorsintflutliche Plüschsessel, die um dreibeinige Tische herumstanden. Auf dem Fußboden lag eine dünne Sandschicht. Eine Treppe führte auf eine Galerie und zu den wenigen Zimmern. Irgendwo dudelte arabische Musik aus einem Radio. Ein Cola-Reklameschild aus Blech und mit arabischen Schriftzeichen war an eine Wand genagelt. Es war später Nachmittag. Mein Wagen war tödlich verwundet, und ich befand mich hier draußen mitten im Niemandsland auf der Suche nach einem Mann, der sich möglicherweise gar nicht an dem Ort befand, den ich nur noch durch ein Wunder erreichte. Ich hatte Hunger und Durst, und meine Rückenwunde brachte mich um. Vielleicht war es an der Zeit, mich auf die Heimreise zu machen.
    Was, fragte ich mich, würde Schwester Elizabeth jetzt an meiner Stelle tun? Ach, zur Hölle mit Schwester Elizabeth und ihrer verlogenen, heuchlerischen Clique, die jetzt zweifellos im Hotel Hassler saß und Cocktails mit einem päpstlichen Nuntius trank, der bis zum Priesterkragen in Intrigen verstrickt war und … ich war offensichtlich ziemlich mit den Nerven fertig wegen der Hitze und den Schmerzen und allen anderen Schwierigkeiten. Nicht gerade in Hochform jedenfalls.
    Die Hunde bellten, und die Kerle standen um meinen Dodge herum und lachten über irgend etwas. Eine Frau, ebenfalls in einem blauen Overall, aber ohne Mütze, kam aus einer Tür unterhalb der Treppe und musterte mich von oben bis unten. Sie fragte mich auf englisch, was

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