Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
Vom Netzwerk:
Schluck seine Nerven beruhigte, und schloß die Augen. Alles lief nicht so, wie es laufen sollte, und sich zu betrinken war die vielleicht einzig vernünftige Antwort darauf. Er hatte eine Schallplatte aufgelegt und lauschte der Musik: Rigoletto. Eine phantastische Aufnahme mit Maria Callas, di Stefano und Gobbi.
    Sandanato kämpfte schon sein Leben lang gegen die finsteren Armeen der Depression. Und er war auf der Verliererstraße. Wohin er auch blickte – die Düsternis rückte näher, winkte, lockte. Was mit der Kirche geschah, was er jetzt erleben mußte, wühlte schmerzhaft in seinem Innern. Irgendwann würden die Schatten wie eine schwarze Woge über ihm zusammenschlagen – es sei denn, es gab noch irgendeine Möglichkeit, die Kirche rechtzeitig zu retten. Er hatte die Furcht in den Augen des Papstes gesehen, die Verzweiflung, seine Unfähigkeit, das Schicksal abzuwenden. Doch bald würde ein anderer Mann auf dem Papstthron sitzen …
    Sandanato beobachtete, wie auf der gegenüberliegenden Straßenseite eine Prostituierte mit einem Freier um die Bezahlung für ihre Dienste feilschte. Schließlich lachte die Frau – ein häßliches, grelles Geräusch wie von einer läufigen Katze –, hakte sich bei dem Mann ein und führte ihn irgendwohin auf ein Zimmer, zu schmutzigen, fleckigen Laken und dem Geruch nach Schweiß und billigem Parfüm. Er erinnerte sich an die Hure, mit der er selbst es vor langer Zeit einmal getrieben hatte, ein einziges Mal, und er trank einen kräftigen Schluck Scotch, um die Erinnerung daran auszubrennen wie eine eiternde Wunde.
    Er schenkte sich einen weiteren Drink ein. Wo war Driskill und was tat er? Sandanato stand so unvermittelt auf, daß der Stuhl gegen die Wand prallte. Er ging unruhig in dem kleinen Zimmer auf und ab. Die Einsamkeit und Stille drohten ihn zu überwältigen. Er hätte die Nacht im Vatikan verbringen sollen. Das war sein einziges wirkliches Zuhause. Das war sein einziges wirkliches Leben: die römisch-katholische Kirche.
    Er wußte, wohin seine Gedanken ihn führen würden, doch er wehrte sich nur halbherzig dagegen. Und dann, wie ein Leuchtfeuer in der Einsamkeit und Verzweiflung, erstrahlte der Gedanke an Elizabeth.
    Warum? Er war sich nicht ganz sicher, aber es spielte keine Rolle.
    Er war noch nie zuvor einer solchen Frau begegnet. Sie hatte eine ungeheuer starke Ausstrahlung, besaß Kraft und Energie, einen hellen, wachen Geist, eine erfrischende Ehrlichkeit. Er fühlte sich zu ihr hingezogen und sehnte ihre Gesellschaft herbei, wünschte sich, jetzt mit ihr zusammenzusein, in irgendeinem anderen Raum als diesem hier, der so viel Schmerz und Sehnsucht und Verzweiflung in ihm weckte.
    Er wollte ihre Stimme hören, wollte mit ihr reden, diskutieren, ihre geistige Kraft und Schärfe mit der seinen messen, ihre Gedanken mit den seinen austauschen, denn er spürte, daß sie sich ähnlich waren, er wußte, daß sie so dachte wie er: daß immer und überall die Kirche, das Wohl der Kirche Vorrang haben mußte vor allein anderen. Er wußte, daß Elizabeth die gleiche innere Hingabe an die Kirche besaß wie er selbst.
    Er war sicher, daß Schwester Valentine Lockhardts Geliebte gewesen war. Kardinal D’Ambrizzi hatte ihn darüber nicht im Zweifel gelassen. Aber was war mit Schwester Elizabeth? Er wußte, daß es irrational war, geradezu verrückt, aber er hatte sich selbst fast in den Wahnsinn getrieben mit dem Gedanken, daß Elizabeth und Ben Driskill … Er bildete sich das alles nur ein, das wußte er. Und dennoch. Er hatte die beiden beobachtet, die Vertrautheit zwischen ihnen. Und es hatte ihn einen Moment lang mit Genugtuung erfüllt, als Ben Driskill ihm von Elizabeth’ kühlem Abschied erzählte. Dann aber hatte er gespürt, wie tief Elizabeth’ Verhalten Driskill getroffen hatte, wie schwer sie ihn verletzt hatte, wie wütend das alles ihn gemacht hatte. So reagierte nur ein Mann, der sich verletzt fühlte, der etwas verloren hatte, und dieser Gedanke führte Sandanato wieder vor Augen, welche Blicke die beiden getauscht hatten. So freundschaftlich, so vertraut.
    Schon der bloße Gedanke daran quälte ihn. Konnte irgend etwas zwischen den beiden gewesen sein? Driskill hatte ihm erzählt, wie er Elizabeth kennengelernt hatte und wie sehr sie und Val sich gemocht, ja geliebt hatten … War es möglich, daß sie ihr Gelübde gebrochen hatte? Daß sie mit Driskill das getrieben hatte, was dessen Schwester mit Lockhardt getrieben hatte?
    Herrgott, er haßte

Weitere Kostenlose Bücher