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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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ich tauschten nur einen raschen Blick, weil wir natürlich sofort wußten, über wen er sprach. Vater erklärte uns, warum wir Priester – ›Männer Gottes‹ – nicht mit dem Herrn selbst verwechseln dürften. Während die einen, die Priester, auf tönernen Füßen stehen, erklärte er, hat der liebe Gott gar keine Füße, jedenfalls weiß niemand, wie sie aussehen, so er denn welche hat. Auf diese schlichte Erkenntnis lief es in etwa hinaus, obwohl Vater sehr lange mit uns sprach. Ich kann mich erinnern, daß ich danach immer wieder durch den Türspalt auf die Füße der Geistlichen gespäht habe, die mit Vater in der Bibliothek einen Scotch tranken oder zur Kapelle gingen, um für Mutter die Messe zu lesen. Nie sah ich einen mit tönernen Füßen, und das brachte mich damals ziemlich durcheinander.
    Val ging das Problem ›tönerne Füße‹ praktischer an. In ihrer stillen, kleinmädchenhaften Art fertigte sie aus Knetgummi eine ziemlich bemerkenswerte künstlerische Interpretation derselben an. Mutter kam ins Spielzimmer, stutzte, schaute verständnislos drein und fragte dann, was das darstellen solle. Val piepste hell und klar: »Tönerne Füße!« Mutter fand das außerordentlich amüsant, und dann war auch Vater gekommen, um sich die Füße anzusehen.
    Später brachte Mutter eine Freundin aus der Kirche mit nach Hause, damit sie das Kunstwerk betrachten konnte, aber Val sagte, sie hätte die Füße inzwischen ›zermatscht‹ und etwas anderes daraus geknetet. Ich wußte, daß das nicht stimmte. Sie hatte die tönernen Füße im Innern ihrer großen Blechtrommel versteckt, auf deren Seitenverkleidung Clowns gemalt waren. Sie hatte eins der Segmente herausgebrochen, die Füße in den Hohlraum gelegt und das Ganze wieder zugeklebt. Es war ihr allergeheimstes Versteck. Erst Jahre später erfuhr sie, daß ich ihr Geheimnis kannte. Ich hatte nie einen so großartigen Platz gefunden, um irgend etwas zu verstecken, allerdings hatte ich auch nie sonderlich große Geheimnisse. Val war die wißbegierigere von uns beiden, diejenige, die oft irgendwelche Dinge verbarg, die sie entdeckt hatte.
    Ich sah Val vor mir, wie sie als kleines Mädchen auf dem zugefrorenen Teich mit einer natürlichen, angeborenen Mühelosigkeit das Schlittschuhlaufen lernte, während ich mich wie ein Verrückter abstrampelte, kalt und naß und zerschunden und wütend auf Gott und die Welt. Wintersport war für mich immer eine unheilvolle Beschäftigung gewesen, ein sinnloses Streben, eine Strafe für namenlose Vergehen. Val allerdings hielt mich schlichtweg für einen Trottel. Und ich glaube, das war ich auch.
    Ich dachte immer noch an Val, als Miss Esterbrook, meine Sekretärin, ins Büro kam und sich hinter mir räusperte. Ich wandte mich vom Fenster, vom Nebel und den Erinnerungen ab.
    »Ein Anruf von Ihrer Schwester, Mister Driskill.«
    Sie verließ das Büro, und ich setzte mich an den Schreibtisch und wartete einen Augenblick, bevor ich den Hörer abnahm. Ich traue keinem Zufall. »Hallo, Val? Wo steckst du? Was ist los?«
    Meine Schwester hörte sich irgendwie seltsam an, und das sagte ich ihr auch. Sie lachte und nannte mich einen Trottel, aber ich spürte, daß ihre Fröhlichkeit nur aufgesetzt war. Irgend etwas stimmte nicht, aber sie sagte nichts, bat mich lediglich, am Abend nach Princeton zu kommen, wo sie sich in unserem Elternhaus mit mir treffen wollte, um etwas mit mir zu besprechen.
    »Ich dachte, du bist in Paris«, sagte ich.
    »Dort war ich auch. Unter anderem. Das ist eine lange Geschichte. Ich bin erst heute nachmittag zu Hause angekommen. Ich bin mit Curtis hergeflogen. Kannst du heute abend kommen, Ben? Es ist wichtig.«
    »Bist du krank?«
    »Ich bin ein bißchen ängstlich. Nicht krank. Ben, laß uns das alles heute abend besprechen, ja?«
    »Sicher, sicher. Ist Dad da?«
    »Nein. Er ist auf einer Vorstandssitzung in Manhattan.«
    »Gut.«
    »Was soll das heißen?«
    »Nur das übliche. Ich möchte gern gewappnet sein, falls er mir im Dunkeln auflauert, um mich aus dem Hinterhalt zu überfallen.«
    »Halb neun, Ben. Und … Ben. Ich liebe dich, auch wenn du ein großer Trottel bist.«
    »Vor ein paar Stunden hat Vinnie Halloran mich als den Antichristen bezeichnet.«
    »Vinnie hat schon immer zu leichten Übertreibungen geneigt.«
    »Ich liebe dich auch, Schwesterchen. Nicht mal, daß du Nonne bist, kann etwas daran ändern.«
    Ich hörte sie seufzen; dann legte sie auf. Ich saß eine Weile nachdenklich hinter meinem

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