Assassini
Namen geschehen ist. Padraic und ich, wir werden bald sterben … aber vielleicht sind Sie die Antwort auf unsere Gebete. Wir sind nur zwei einfache alte Männer.« Er seufzte. »Ich glaube, ich sollte Ihnen das Dokument aushändigen, es Ihnen zur Verfügung stellen. Es liegt schließlich bei mir, was damit geschehen soll, nicht wahr?« Er breitete die Hände aus, zuckte die Achseln. »Der Mann, der damals mit mir nach Norden ging, der Holländer, ist schon lange verschwunden. Und Simon? Tja.« Wieder zuckte er die Achseln.
»Wissen Sie, ob Simon noch lebt?«
»O ja, Simon lebt noch. Und auch der kleine Salvatore.« Der Anflug eines Lächelns legte sich auf sein rundes, rosiges Gesicht. »Sehr hohe Tiere heute«, sagte er geheimnisvoll.
»Warum sagen Sie mir dann nicht, wer sie sind?« Meine Stimme zitterte vor Verbitterung und vor Kälte. »Wer war Simon? Wer, zum Teufel, ist Simon?«
»Wenn ich Ihnen das Konkordat nicht übergebe, wird es möglicherweise für alle Zeiten verloren sein. Padraic und ich werden sterben; das Konkordat wird noch ein, vielleicht zwei Jahrhunderte in den Gewölben verborgen sein und dann zu Staub zerfallen. Aber wenn ich es Ihnen gebe … sagen Sie, würden Sie mir, würden Sie der Kirche einen Gefallen erweisen?«
»Welchen?«
»Ich werde Ihnen das Konkordat der Borgia aushändigen, wenn Sie es mitnehmen und an meiner Statt zurückbringen – wäre Ihnen das möglich?«
»Wohin zurückbringen? Zu wem?«
»Zu wem schon! Zu Simon, natürlich. Es gehörte damals ihm. Bringen Sie es an meiner Statt zu Simon zurück.«
»Dann werden Sie mir sagen müssen …«
»Offensichtlich. Zu wem und wohin.«
»Sie sind mir wirklich ein Rätsel, Bruder Leo.«
»Bin ich das?«
»Sie alle waren Killer. Einer wie der andere.«
»Ich war sicher, Ihnen die damaligen Umstände deutlich gemacht zu haben. Der Krieg, all die Verrücktheiten …«
»Und jetzt sind die Assassini wieder am Werk.«
»Ich nicht, wie Sie sehen. Was die anderen betrifft – wer immer von ihnen noch am Leben sein mag – so müssen sie diese Frage für sich selbst beantworten.«
»Sie werden mir also sagen, wer Simon ist?«
»Ja. Zu gegebener Zeit.« Er blickte mir lange forschend in die Augen. »Irgendjemand tötet noch immer«, sagte er nachdenklich.
»Tötet für die Kirche. Ach, Mister Driskill, mein Herz ist schwer, wenn ich an meine Sünden denke.« Er stand reglos da; es schien eine Ewigkeit zu vergehen, bis er sagte: »Tötet noch immer, um die Kirche zu retten. Aber warum Robbie Heywood? Und Ihre Schwester?« Sein Gesicht wirkte plötzlich müde und bekümmert. »Gütiger Himmel«, sagte er, »ich bin wirklich nicht mehr auf dem laufenden.«
Ich mußte Ruhe bewahren. Ich durfte nicht das Risiko eingehen, dem alten Mann Angst einzujagen. Aber ich platzte fast vor lauter Aufregung. Ich stand so dicht davor, einige entscheidende Antworten zu erhalten. Simon lebte noch; ich würde seinen Namen erfahren, ich würde erfahren, wer er war … aber Zeit und Ort und alles andere lag in Bruder Leos Händen.
Es wunderte mich nicht weiter, daß mir erst jetzt, als wir die grob in den Fels gehauenen Stufen im Steilhang hinunterstiegen, bewußt wurde, daß ich bis auf die Haut durchnäßt war. Ich war in zwei Klöstern gewesen, seit ich mich auf diese Reise ins Ungewisse begeben hatte, und ich sehnte mich nach etwas anderem. Sanfte grüne Rasenflächen, Ligusterhecken, ein Vogelbad in einem sonnigen Hof, eine leise läutende Glocke. Das hatte ich vor Augen, wenn ich an Klöster dachte. Ruhe, Beschaulichkeit und Zeit zur Besinnung. Mehr nicht.
Wir hatten gerade die halbe Strecke hinunter zum Kloster zurückgelegt, als dunkle, schwere Regenwolken vom Meer auf uns zu rasten, an der Felswand zerfaserten und eine wahre Sintflut auf uns niedergehen ließen. Schlagartig wurde es nahezu stockfinster. Leo, der voranging, wandte den Kopf und blickte zu mir herauf. Wasser strömte über sein Gesicht; er rief irgend etwas wie: »Kurzer Wolkenbruch! Wir sind hier so etwas gewöhnt!«, und ich zog den Kopf zwischen die Schultern und folgte ihm vorsichtig. Hinunter, steil hinunter, durch Sträucher und Gestrüpp, vorbei an scharfkantigen Felszacken und über feuchte, schlüpfrige Stufen und loses Geröll, bis wir schließlich auf einem von Gesteinsbrocken übersäten Sandstreifen standen, den man von oben nicht hatte sehen können. Eigentlich war es eine schmale Bucht, geschützt durch riesige Felsbrocken, die in etwa vierzig Meter
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