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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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als Mönch verkleidet hatte. Nicht der Tod, noch nicht. Ich schlug den Arm des Mannes zur Seite und stieß ihn zurück. Ich mußte ihm Angst eingeflößt haben, denn er verharrte für einen Moment bewegungslos auf der Stelle, wippte auf den Fersen; dann wich er zum Gasseneingang zurück, das Gesicht noch immer von der Mönchskutte verdeckt.
    »Geh mir aus dem Weg! Verschwinde!«
    Er blickte auf die Straße. Er war nicht allein. Ein paar andere Gestalten in Mönchskutten beobachteten uns. Wir alle standen reglos da, lauernd. Dann kam mir plötzlich der Gedanke, daß diese Kerle vielleicht wirklich Mönche waren, penitents noirs, die in dieser Stadt angeblich noch immer in zwei alten Kapellen hausten. Ich hatte sie damals, als Tourist, schon einmal zu sehen bekommen: finstere Gestalten, die barfüßig und mit Kutten, die ihre Gesichter völlig verhüllten, durch die Straßen von Avignon zogen; Nachfolger jener penitents noirs aus dem vierzehnten Jahrhundert, Laien, Flagellanten, die sogar französische Könige in ihren Reihen gehabt hatten. Jetzt starrten sie mich an, diese Commedia-Schauspieler oder Mönche oder Diebe, und warteten.
    Ich schubste den Kerl, der mich hatte packen wollen, zur Seite und ging auf die anderen zu, die mir den Weg verstellten. Ich sagte etwas sehr Unfreundliches zu ihnen, und daraufhin bildeten sie widerwillig, doch in völligem, gespenstischem Schweigen eine Gasse. Ich blickte auf meine rechte Hand hinunter und bemerkte erst jetzt, daß ich die Waffe in der Faust hielt, die in den Schatten kaum zu sehen war. Die Kerle wichen ein paar Schritte weiter zurück, starrten mich an, die Waffe. Dann war ich an ihnen vorbei und stieß das dämliche Plastikding in die Tasche meines Mantels.
    Wieder auf der Straße, begann erneut mein Kampf gegen die Touristenflut. Ich hielt nach dem kleinen Mann im Tirolerhut Ausschau. Ein Jongleur, der brennende Keulen durch die Luft wirbeln ließ, zog meinen Blick auf sich. Das zuckende Licht der Flammen huschte über die Hauswände. Wo war Elizabeth? Was war hier los?
    Der Mann mit dem Tirolerhut stand in der Nähe des Jongleurs; sein Gesicht wurde urplötzlich durch eine wirbelnde, flammende Keule aus den Schatten gerissen. Er versuchte angestrengt, die rauchige Dunkelheit auf der Straße mit den Blicken zu durchdringen. Seine Augen wanderten in meine Richtung, blieben auf mir ruhen.
    Ich war sicher, daß er mich erst in dem Moment erkannte, als ich losrannte und dabei Stühle und Tische auf dem Gehsteig umstieß, an denen Leute saßen, die das Treiben auf der Straße bei einer Tasse Kaffee oder einem Glas Wein beobachteten. Ich stürmte an einem Blumenwagen vorbei, an einer weiteren Gruppe von Schauspielern; die gebogenen Nasen ihrer Masken fuhren zu mir herum wie die Schnäbel bösartiger Vögel, die auf mich einhacken, mir das Blut aus den Adern saugen wollten. Wieder warf ich einen Blick über die Schulter und sah, daß der Mann, der meine Verfolgung aufgenommen hatte, in diesem Augenblick von den penitents noirs aufgehalten wurde. Ich bog um eine Straßenecke, duckte mich und beobachtete, wie der Mann sich zu befreien versuchte, rannte dann weiter die enge Straße hinunter, in die ich eingebogen war, wandte mich wieder um, schlitterte dabei über das glatte Kopfsteinpflaster, wäre beinahe ausgeglitten, stürzte weiter, versuchte, den Mann abzuschütteln.
    Ich mußte nachdenken. Ich brauchte einen Unterschlupf, mußte für eine Weile zur Ruhe kommen. Und ich mußte Elizabeth finden.
    Summerhays. Ausgerechnet …
    Was hatte ihn nach Avignon verschlagen? Was wußte er? Was hatte dieser kleine Mann mit ihm zu tun? Wußte Summerhays über Kessler alias Ambrose Calder Bescheid? Wußte er, daß jemand versucht hatte, Elizabeth zu ermorden? Wußte er von Horstmann?
    Drew Summerhays schien immer schon alles gewußt zu haben.
    Das hatte mein Vater immer gesagt.
    Im Türeingang, in dem ich stand, spürte ich, wie der Boden unter meinen Füßen erbebte, und dann hörte ich einen gewaltigen Knall, sah ein riesiges Muster aus Kometen und Meteoren vom schwarzen Himmel regnen, blau und weiß und rosa, die ein sich ständig veränderndes, grelles Licht ausstrahlten. Ich sprang zurück und stieß mir den Kopf an einem niedrigen, grob behauenen Türsturz, spürte ein erneutes Erzittern des Bodens unter den Füßen und hörte wiederum den schmetternden Knall und die Ooohs! und Aaahs! der Menschen auf den Straßen.
    Die beiden Explosionen waren jedoch nur die Eröffnungssalven

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