Assassini
sagen, was ich weiß, und dafür gibt es einen ganz einfachen Grund – Sie haben nicht die kleinste Chance, auf andere Weise an diese Informationen zu gelangen. Und ich werde auf meine alten Tage sentimental, ich habe Mitleid mit Kindern, die in Angelegenheiten hineingestolpert sind, die nur Erwachsene etwas angehen. Verstehen Sie? Ich werde Ihnen helfen, weil ich einen ehrlichen Kampf wünsche – und ich frage mich, ich bin wirklich gespannt, was für Verwüstungen Sie anrichten werden! Die Kirche und ihre Selbstüberschätzung erheitern mich … also werde ich mich Ihrer annehmen wie streunenden Katzen in der Höhle des Löwen. Werden Sie gefressen? Oder werden Sie die Tauben aufscheuchen, werden Sie sogar den Löwen mit ihren großen, blutigen Krallen Angst einjagen? Aber halt. Warten Sie erst einmal ab, was Ihnen meine Informationen nützen, bevor Sie sich bedanken.« Er streckte seine große Hand aus. Sein Butler schob ihm eine Zigarre von der ungefähren Größe eines Baseballschlägers zwischen die knorrigen, riesigen Finger. Calder riß an seinem schmutzigen Daumennagel ein Streichholz an, beobachtete, wie die Flamme explodierte. Er zündete die Zigarre an, inhalierte tief und stieß eine gewaltige Rauchwolke aus.
»Antworten, wie Sie sie suchen, sind niemals schlicht und einfach«, sagte er. »Oh, manchmal sind sie zumindest problemloser zu finden als andere, zum Beispiel, wenn Sie es mit dem guten alten Kreml zu tun haben. Dort arbeitet man immer noch reichlich durchsichtig und ungeschickt, mögen die Russen sich noch so viel Mühe geben. Bei den Engländern muß man aufpassen – sie sind die gerissensten, abgebrühtesten Teufel auf diesem Gebiet. Die zweitbesten Lügner der Welt. Platz, Foster«, sagte er zu dem Hund. »Das ist ein braves Hundchen. Habe ihn nach John Foster Dulles benannt. Trotzdem ist er ein treues und anhängliches Tier. Nun ja, aber nicht mal die Briten, obwohl sie unglaublich verschlagen sind, können mit der Kirche, dem Vatikan mithalten. Dort sind die größten Lügner der Welt versammelt, die gewieftesten Verschwörer, die wahren Profis. Ihre ganze Welt ist ein Kartenhaus, und ein einziger kräftiger Windstoß würde genügen, das verdammte Ding ins Jenseits zu befördern – aber das schafft niemand. Sie halten es im Gleichgewicht, durch Macht, durch Geld, sie geben ihrem Lügengebilde Gestalt und Gewicht. Es ist die große Täuschung … im Vergleich dazu ist das mächtigste Weltreich schwach und hilflos. Ich bewundere diese ausgekochte Schweinebande. Verzeihung, Father Dunn, aber wir alle, die wir in dieser Branche tätig sind, jedenfalls professionell, müssen Schweinehunde sein.« Sein Lächeln war sehr breit, sehr schmal und bemerkenswert humorlos.
»Sie«, sagte er zu mir, »haben Ihre Hausaufgaben übrigens ausgezeichnet gemacht, wie mir scheint. Sie sind auf Torricellis Papiere gestoßen, Sie haben seinen schwachsinnigen Neffen erduldet – der könnte eigentlich abgestochen werden; für mein Empfinden ist dieses Individuum eine Beleidigung für den guten Geschmack … Sie haben den alten Paternoster aufgestöbert, ein großartiger Kerl … dann Bruder Leo … und auch Sie, Schwester, alle Achtung. Ihre Arbeit in den Geheimen Archiven, das war geradezu bewunderungswürdig. Mein Gott, wie man dort die Frauen haßt! Und daß D’Ambrizzis freimütige Memoiren in Father Dunns Hände geraten sind – das ist fast schon ein Beweis dafür, daß irgendeine höhere Macht Sie ausersehen hat, diese Sache voranzutreiben, muß ich zugeben. Hätten Sie bis jetzt nicht so viel Arbeit investiert, hätte ich Ihnen diese Audienz heute abend versagt, müssen Sie wissen. Und Father Dunn hat ihre Sache sehr überzeugend vertreten. Ich trinke auf Ihr Wohl. Prost.«
»Mister Calder«, sagte ich. »Es geht um meine Schwester. Verstehen Sie das? Darum bin ich hier. Die Kirche bedeutet mir nichts. Die Kirche hat meine Schwester getötet. Sie war eine ihrer treuen, ergebenen Dienerinnen, und die Kirche hat sie ermordet. Und nun bin ich auf der Suche nach dem Schweinehund, der ihr eine Kugel in den Kopf geschossen hat. Aber irgendwie ist die Ermordung meiner Schwester in diesem ganzen dreckigen Sumpf untergegangen. Ich habe den Stein beiseite gewälzt, unter dem das Wesen der Kirche liegt, und dort wimmelt es und windet sich und zuckt; ich selbst stehe mittendrin in dieser Schlangengrube – Sie haben es beim Namen genannt, D’Ambrizzi und Torricelli und die Nazis. Ich stecke in dieser
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