Assassini
gut, glauben Sie mir«, beharrte Poletti. »Seine Tochter ist ermordet worden. Sein Sohn steht offenbar kurz davor, den Verstand zu verlieren – Indelicato ist und bleibt unser heißestes Eisen im Feuer. Er wird wissen, wie man die derzeitige Krise beheben kann.«
»Driskill«, sagte Ottaviani, »wird Summerhays Handlungsvollmacht geben und zu Hause bleiben. Wir müssen in Erfahrung bringen, auf wessen Seite Summerhays steht.«
»Driskill ist so zerbrechlich wie ein dürres Blatt!« sagte Poletti. »Woher sollen wir denn wissen, welche Ziele er verfolgt?«
»Es stimmt schon«, warf Ottaviani mürrisch ein, »er trägt schließlich kein Schild um den Hals mit der Aufforderung: ›Stellen Sie sich bitte in einer Reihe auf, wenn Sie D’Ambrizzi unterstützen, und nehmen Sie nacheinander Ihr Honorar in Empfang‹ … nein, das läuft sehr viel komplizierter ab. Übrigens, Summerhays war in Paris.«
»Und D’Ambrizzi ist gerade aus Paris zurückgekehrt.«
»Genau. Die haben sich verschworen, dafür lege ich meine Hand ins Feuer.« Poletti blickte in die Ferne auf die Smogglocke, die über Rom lag. »Und wie stehen wir jetzt da? D’Ambrizzi oder Indelicato? Jeder von uns repräsentiert eine Vielzahl von Stimmen.«
»Ich werde mich nicht festlegen«, sagte Vezza und schüttelte den Kopf. »Nicht, wenn Summerhays im Spiel ist.«
»Sind irgendwelche Kandidaten im Rennen, die keinen Dreck am Stecken haben?«
»Was, um alles in der Welt, reden Sie denn da? Schon wenn man sich zu diesem Rennen anmeldet, macht man sich schmutzig. Seien Sie nicht albern.«
»Aber sind irgendwelche Kandidaten schmutzig genug, um ihnen bei der Wahl Schaden zuzufügen?«
»Also wirklich, so schmutzig ist keiner.«
»Wie geht es dem Heiligen Vater?«
»Es geht abwärts«, sagte Poletti. »Aber er macht’s wohl noch ein Weilchen.«
»Wird er in dieser Sache ein Wort mitreden können?«
»Wer weiß?«
»Indelicato hat für die Party einen wunderbaren Zeitpunkt gewählt.«
»Vielleicht wird diese Feier die Spannungen ein bißchen lockern.«
»Unsinn. Sie wird die Atmosphäre anheizen. Indelicato blüht unter Spannung erst richtig auf. Der Mann hält jedem Druck stand. Er ist nicht kleinzukriegen.«
»Aber wenn er erwartet, D’Ambrizzi kleinzukriegen … da kann er höllisch lange warten.«
»Es kommt jetzt darauf an, daß jemand damit beginnen muß, tüchtig Druck auf die Leute auszuüben.«
»Es kommt vielmehr darauf an, daß entweder Indelicato oder D’Ambrizzi aus dem Rennen geworfen werden muß – oder daß einer der beiden seine Unterstützung jemand anderem zukommen läßt. Sonst kann es passieren, daß plötzlich ein Niemand auf dem Papstthron sitzt … wir haben das schon mal erlebt. Und wir haben gewußt, was getan werden mußte.«
»Jemand muß damit anfangen, Druck auf die Leute auszuüben?
Was reden Sie denn da? Indelicato übt schon Druck genug auf uns aus. Auf mich! «Poletti erhob sich. »Ich möchte, daß Sie sich noch eine Bandaufnahme anhören. Das zweite Gespräch zwischen D’Ambrizzi und dem Heiligen Vater.«
»Ehrlich gesagt, diese ganze Abhörgeschichte bereitet mir Unbehagen … «
»Garibaldi, Sie sind aus edlem Holz geschnitzt. Wenn es Ihnen Unbehagen bereitet, dann bleiben Sie selbstverständlich hier draußen. Üben Sie noch ein bißchen Boccia, und besudeln Sie Ihre Ohren nicht.«
»Mein Gott, ich habe doch nur gesagt, es bereitet mir Unbehagen … drehen Sie mir nicht das Wort im Mund herum! Beruhigen Sie sich!« Garibaldi zuckte die schmalen Schultern. »Gehen wir. Es ist unsere Pflicht, uns diese Bänder anzuhören, so verwerflich das auch sein mag.«
»Wie tapfer Sie doch sind, mein Freund.«
In der verdunkelten Bibliothek des Kardinals nahmen die Herren ihre gewohnten Plätze am runden Tisch ein. Der Kaffee wurde serviert, und sie warteten, bis Poletti mit seinen kurzen, behaarten Fingern die Kassette eingeschoben und zurückgespult hatte. Dann drückte er die Start-Taste, und die Stimme Kardinal D’Ambrizzis ertönte.
Sie sind Calixtus. Denken Sie an den ersten Papst zurück, der diesen Namen trug, dann wird Ihnen Ihre Aufgabe klar werden …
Ich weiß nicht …
Hören Sie mir zu, Calixtus … und seien Sie stark!
Aber wie, Giacomo?
Der erste Calixtus lebte in einer Welt, in der die Kirche sich zahllosen Herausforderungen stellen mußte, die wie Unkraut aus dem Boden schossen – von den Katzengöttinnen Ägyptens bis zu den heidnischen Riten der Kelten. Dennoch hielt Calixtus an
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