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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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sie beide schon jahrzehntelang verfolgten: der erbitterte Wettstreit um den Thron Petri. D’Ambrizzi und Indelicato, der Bauer und der Edelmann, untrennbar verbunden durch viele Jahre gemeinsamen Weges, den sie Schritt für Schritt gegangen waren; ein Miteinander, ein Gegeneinander, Feinde und Brüder des geistlichen Standes.
    Elizabeth zog eine Schublade auf und tastete im Dunkeln nach der sechs Monate alten, halb leeren, angestaubten Schachtel vertrockneter Zigaretten. Aus irgendwelchen unerklärlichen Gründen rauchte sie durchschnittlich zwei Zigaretten im Monat, und jetzt war wieder mal eine fällig. Ihre Hände zitterten, und als Elizabeth die Schachtel fand, stellte sie fest, daß sie leer war. Nur noch ein paar Krümel Tabak lagen zwischen Gummibändern und Büroklammern und Radiergummis und Bleistiften. Bernadine war ihr zuvorgekommen. Lieber Gott, darf ich für einen Moment um deine Aufmerksamkeit bitten? Ich habe ganz schön was durchgemacht, nicht wahr? Darum möchte ich jetzt eine Zigarette, nur eine einzige, ja? Ist das zuviel verlangt? Du willst wissen, was man so über dich redet? Die Leute könnten recht haben. Elizabeth knallte die Schublade zu und sah ihre Hände, konnte den Blick nicht von ihren Händen nehmen …
    Runzelig, knochig, kalt, die Haut pergamentartig, so daß die blauen Adern durchschimmerten – die Hände einer alten Nonne …
    Sie schluchzte.
    Sie erinnerte sich an Vals Hände. Stark und fest, gebräunt und geschmeidig. Jetzt würde Val niemals alt werden, niemals eine vertrocknete und unfruchtbare und kraftlose alte Frau werden, die ihrem Leben nachtrauerte und den Kindern und der Liebe, die sie nie gehabt hatte …
    Elizabeth starrte durch einen Schleier aus Tränen auf ihre Hände.
    Das Telefon klingelte.
    Sie wischte sich mit einem Papiertaschentuch über die Augen, versuchte, die Tränen versiegen zu lassen und ihre trübe Stimmung zu verdrängen.
    Sie nahm den Hörer ab, und dann drang eine Stimme an ihr Ohr, die sie kannte und die sie in diesem Augenblick beinahe erwartet hatte. Monsignore Sandanato.
    »Bitte, hören Sie mir genau zu, Schwester. Bleiben Sie, wo Sie sind. Verlassen Sie Ihr Büro nicht. Mit niemandem. Warten Sie auf mich. Haben Sie mich verstanden? Sie sind in Gefahr. Ich muß mit Ihnen reden. Ich mache mich sofort auf den Weg zu Ihnen.«
    Sandanato traf weniger als eine Viertelstunde später bei ihr ein. Er war außer Atem, sein Gesicht feucht und glänzend von einer dünnen Schweißschicht. Sein dunkler Teint war einer ungesunden Blässe gewichen. Er setzte sich auf die Schreibtischkante; seine wie im Fieber brennenden Augen suchten ihren Blick. »Wo sind Sie gewesen? Sie waren in Paris plötzlich verschwunden. Ich habe mir unvorstellbare Sorgen gemacht.«
    »Das tut mir leid«, sagte sie. »Ich habe in Paris zufällig Ben Driskill und Father Dunn getroffen …«
    »Oh, mein Gott.« Er seufzte leise. »Bitte, erzählen Sie weiter.«
    »Ich bin mit den beiden nach Avignon gefahren.«
    »Warum denn das?«
    »Warum denn nicht?« Sie konnte ihre Erbitterung nicht verbergen. »Wer gibt Ihnen eigentlich das Recht, mich hier zu verhören? Die beiden sind … nette Männer, das wissen Sie. Sie und der Kardinal mögen die Assassini- Theorie vielleicht nicht ernst nehmen wie ich, aber Driskill und Dunn haben einen Mann ausfindig gemacht, der ein bißchen mehr Licht in die ganze Geschichte bringen konnte …«
    »Welchen Mann? Was reden Sie da überhaupt?« Sandanato beugte sich vor und nahm ihre Hand. »Schwester, verzeihen Sie mir – ich führe mich wie ein Verrückter auf-, aber Sie müssen mir jetzt die Wahrheit sagen. Wir stehen kurz vor dem Ende dieser schrecklichen Sache. Wir werden die Kirche reinigen und läutern, Schwester, und wir werden es sehr bald tun. Aber Sie müssen mir von diesem Mann in Avignon erzählen. Bitte. «Er drückte ermutigend ihre Hand.
    Elizabeth seufzte unwillkürlich und erzählte ihm dann die Geschichte ihres Besuchs bei Kessler/Calder. Als Elizabeth ihm anvertraute, daß Kessler behauptet hatte, D’Ambrizzi und Simon Verginius wären identisch, blickte sie Sandanato an und wartete auf den Widerspruch.
    Doch er blieb aus. Sandanatos Schultern sanken herab. Er stand auf und ging im Büro auf und ab, die Hände in den Taschen, und schüttelte den Kopf.
    »Schwester, Sie und Driskill müssen sich ab sofort aus dieser Sache heraushalten. Unbedingt. Sie beide gehören nicht dazu, Sie sind keine Akteure, Sie sind Zuschauer, und ich

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