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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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damaligen Zeit das dunkelste Geheimnis der Kirche. So jedenfalls hat Pius es mir gegenüber ausgedrückt. Er hat mir gesagt, daß er mir eine Aufgabe anvertraue, die für das Überleben der Kirche von entscheidender Bedeutung sei. Sie können sich nicht einmal vorstellen, welche innere Kraft Pius verströmte, wie zwingend seine Persönlichkeit war … und er hat damals einen Mann gesucht, den er für fähig hielt, seine Befehle auszuführen. Die Wahl fiel auf mich. Glauben Sie mir, es tut weh, das sagen zu müssen! Er war von Natur aus Pragmatiker und ein Mensch, der den Charakter der Geschichte erkannt hat. Und die Geschichte ist kein sehr schöner Ort, wissen Sie. Sie müssen die Geschichte – wenn Sie eine Weile überleben wollen – als Wohnsitz der Pragmatiker betrachten. Als das Zuhause der weltlichen Kirche. Und ich war schon damals eher weltlich eingestellt. Kein besonders frommer Mensch, wissen Sie. Na ja, vielleicht doch, vielleicht auch nicht. Aber ich war der richtige Mann für diesen Auftrag. Was immer der Kirche nutzen konnte – ich war bereit, es zu tun.
    Nun, ja. Verzeihen Sie, wenn ich in meinem Vortrag etwas sprunghaft bin. Ich will versuchen, die wichtigsten Punkte deutlicher zu machen – Ja, ich habe Father LeBecq auf dem Friedhof getötet. Ich kann mich kaum noch an sein Gesicht erinnern, es ist so lange her. Er war ein so mieser Schweinehund. Ihn zu töten war eine Kriegshandlung, die Exekution eines Verräters, die Hinrichtung eines Mannes, der uns den Nazis ausgeliefert hat.« Er hob ruckartig den Kopf, und in seinen schwerlidrigen Krokodilsaugen lag ein forschender Ausdruck. »Warten Sie jetzt darauf, daß ich Reue zeige? Daß ich Gott um Verzeihung anflehe? Dann, so fürchte ich, warten Sie vergeblich. Wie Sie ja schon aus Ihren verschiedenen Quellen erfahren haben, war ich – als Simon – immer dagegen, den Nazis auf irgendeine Weise zu helfen. Es war meine Aufgabe, gewiß, und ich habe sie eine Zeitlang erfüllt – aber es hat nicht lange gedauert, bis ich in erster Linie mit der Resistance zusammengearbeitet habe. Ich habe die Kontakte mit den Nazis auf das Notwendigste beschränkt, damit sie mir nicht auf die Schliche kamen und die Kirche unter ihren Stiefeln zertraten. Das war Torricelli natürlich ein äußerst schmerzhafter Dorn im Auge. Armer Kerl. Er wollte leben und leben lassen, er wollte überleben, die Augen einfach vor der Wahrheit verschließen. Alles, was ich getan und gesagt habe, schien ihm schreckliche Angst einzujagen. Er war eingekeilt zwischen den Nazis, der Kirche, die ich repräsentierte, und verschiedenen amerikanischen Spionen, die nach Paris hinein und wieder hinausschweben konnten wie gefährliche Viren.« Er blickte auf die Uhr und legte die verschränkten Hände vor sich auf den Schreibtisch.
    »Es trifft auch zu, daß ein Attentatsversuch auf einen bedeutenden Mann stattgefunden hat, einen wichtigen Mann. Er sollte mit dem Zug nach Paris kommen. LeBecq wußte darüber Bescheid; er war dabei, als wir den Plan für das Attentat ausgearbeitet haben, aber er war dagegen. Es war jedoch nicht seine Entscheidung. Als der Plan verraten und sehr viele von meinen Leuten in den Bergen getötet wurden, war ich sicher, daß LeBecq die Nazis vorgewarnt hatte. Darum habe ich ihn liquidiert. Auf meine Weise.« Er bewegte die ineinander verschränkten, riesigen Wurstfinger und ließ zur Untermalung die Knöchel knacken. »Und es trifft auch zu, daß Pius einen Mann aus Rom geschickt hat, der Nachforschungen über uns anstellte und der genüg Beweise sammeln sollte, um mich unter Anklage stellen zu können – er sollte herausfinden, ob ich tatsächlich derjenige gewesen war, der LeBecq getötet und das Attentat auf den Mann im Zug geplant hatte … und der grundsätzlich versagt hatte, was die Befehle Pius’ betraf, sofern sie in irgendeiner Weise mit den Nazis zu tun hatten. Der Mann, den der Vatikan geschickt hatte, wußte, daß zumindest der letztgenannte Anklagepunkt zutraf. Um die Wahrheit zu sagen – Pius hatte die Nase gestrichen voll von mir. Die Nazis hatten sich wegen meiner Widerspenstigkeit, ihren Wünschen nachzukommen, bei ihm beschwert. Und es trifft auch zu, daß dieser aus Rom entsandte Mann in gewissen Kreisen unter dem Namen ›Collector‹ bekannt war, der ›Sammler‹. Er hat Informationen gesammelt, Beweise … wer weiß, was er sonst noch alles gesammelt hat. Aber es war eine schwierige Aufgabe für ihn, weil ich die Assassini inzwischen

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