Assassini
sind. Schwester Elizabeth, Sie waren Schwester Valentines engste Freundin. Ben Driskill, Val war Ihre geliebte Schwester. Somit ist Schwester Valentine der Grund, daß Sie heute abend zu meinen Gästen zählen. Und Father Dunn, mein alter Freund, Vertrauter und Verbündeter seit sehr vielen Jahren, dessen Hilfe und Unterstützung ich in Krisenzeiten ganz selbstverständlich erbitte – und die Mordserie, die vor anderthalb Jahren begonnen hat, ist in den Augen dieses alten Schurken eine solche Krise. Und Drew. Drew Summerhays, seit fünfzig Jahren kenne ich Sie, habe mit Ihnen zusammengearbeitet, habe mich in Kriegs- und Friedenszeiten mit Ihnen und gegen Sie verschworen – und in Krisenzeiten sind Sie ein brillanter Mann. Clive Paternoster, Sie haben sehr viel düsteres Wissen sehr lange in Ihrem Innern getragen, Sie und Robbie Heywood, so daß es eine himmelschreiende Ungerechtigkeit wäre, Sie das letzte Kapitel dieser langen, langen Geschichte nicht miterleben zu lassen … ich wünschte nur, auch Robbie könnte heute abend unter uns sein – der Abschluß dieses Melodrams hätte ihn gewiß sehr erheitert. Mein Freund und Leibarzt, Dr. Cassoni -Sie sind auch Leibarzt des Heiligen Vaters, und Sie haben mir bereitwillig Ihre unschätzbar wertvolle Hilfe gewährt, indem Sie mich ständig über den Krankheitsverlauf des Papstes informiert haben. Und genau das, nämlich der Gesundheitszustand Seiner Heiligkeit, steht im Mittelpunkt dieser ganzen Geschichte – denn erst als seine unheilbare Krankheit einem engen Personenkreis bekannt wurde, begannen die Morde.
Und schließlich Sie, Pietro, Monsignore Sandanato, mein getreuer Mitstreiter in so vielen Schlachten, der Sie so oft meine wichtigste Stütze waren. Kein anderer Mensch glaubt mit solcher Überzeugung an die Notwendigkeit, daß die Kirche vor ihren Feinden gerettet werden müsse. Darum müssen auch Sie heute abend unter uns sein.« Er lächelte, ließ den Blick über die Gesichter der Anwesenden schweifen.
Ben Driskill sagte: »Sie haben einen von uns vergessen. Der Kleine da drüben. Ich habe ihn schon einmal gesehen … er hat mich durch die Straßen von Avignon gejagt. Aber wir sind einander noch nicht vorgestellt worden.« D’Ambrizzi sagte: »Drew?«
»Marco Victor«, erklärte Summerhays. »Er ist, um ganz offen zu sein, mein Leibwächter. Er begleitet mich auf meinen Reisen, Ben. Ich wünschte, Sie wären an jenem Abend in Avignon nicht vor mir davongelaufen. Sie wissen, daß Sie niemals etwas von mir zu befürchten hätten … das wissen Sie ganz gewiß.«
»Natürlich«, sagte Driskill. »Wir alle sind ja Verbündete.« Schwester Elizabeth wußte genau, was in diesem Moment in Bens Kopf vorging: Summerhays ist Archduke, dieser eiskalte Hurensohn. Wach auf, Saint Jack, das ist der Mann, der Verräter … »Gut«, sagte D’Ambrizzi, »Sie wissen nun, warum Sie heute abend hier sind. Und ich werde Ihnen jetzt eine Geschichte erzählen, die Sie alle zu erfahren nicht nur einen Grund, sondern auch das Recht haben. Ich möchte Sie um Geduld bitten, meine Freunde, denn es ist eine Geschichte, die den Borgia würdig wäre. Es ist eine Geschichte, die jenen ähnelt, wie sie unsere Kirche schon in früheren Zeiten überlebt hat und auch in Zukunft überleben wird.« Elizabeth war sich bewußt, daß D’Ambrizzi die Bemerkung, sich in Geduld zu fassen, vor allem auf sie münzte. Es war die zweite Lektion, die der Kardinal ihr innerhalb sehr kurzer Zeit erteilte: Sie war zu ungeduldig, zu übereifrig. Aber die Rüge war ihr gleichgültig. Nie war sie so voller gespannter Erwartung gewesen wie in diesen Augenblicken. »Jetzt kommt’s«, flüsterte sie Ben Driskill zu.
»Hoffen wir’s«, murmelte er. »Die Vorrede hat ja lange genug gedauert.«
»Für uns alle, die wir heute abend hier versammelt sind, ist es von entscheidender Wichtigkeit, in welcher Verfassung der Heilige Vater sich befindet.« Das gewohnte Lächeln war plötzlich von D’Ambrizzis Lippen verschwunden. »Sehr bald wird das nächste Kapitel der Kirchengeschichte aufgeschlagen. Ein neuer Papst wird gewählt werden. Ein Mann, welcher der Kirche nicht nur dienen, sondern sie den Aufgaben der Zukunft entsprechend formen muß, unserer Zukunft und der Zukunft dieser Welt. Der Heilige Vater wird sterben. Wir sind gute alte Freunde, Salvatore di Mona und ich, und nun hat es den Anschein, daß er – der jüngere – mir im Tod vorangehen muß. Ich wußte von seiner Krankheit, noch bevor er
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