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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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verstehen.«
    Calixtus war sich seiner Umgebung plötzlich mit kristallener Klarheit bewußt. Der gegen die Fenster trommelnde Regen, der Brief auf seinem Bett, das gewichtige, uralte Dokument, das daneben lag, das schwache Licht der Nachttischlampe, die lautlosen, flimmernden Bilder eines Fußballspiels auf dem Bildschirm des Fernsehens. Er spürte den Stoff der Bettlaken, spürte, wie seine Hand sich unter der Decke um den kühlen Griff eines Gegenstands krampfte. Mit einem Teil seines Geistes war er sich all dessen bewußt, hörte das Rascheln von Indelicatos Kleidung, und mit einem anderen Teil des Hirns, der nun sehr bald für immer verschlossen bleiben würde, erinnerte er sich noch einmal, sah und hörte, jene Nacht in der verschneiten Hütte, der kalte Wind, die wartenden Männer, Simon, der ihnen Mut zu machen versuchte, und der schimmernde Schnee, der Geruch nach Waffenöl …
    »Kommen Sie näher, Fredi, damit Sie mich verstehen können. Es geht um etwas Wichtiges.« Er hielt das Schriftstück zwischen den Fingern. Das Pergament fühlte sich an, als würde es jeden Augenblick zu Staub zerfallen. »Hier. Ich habe etwas für Sie.«
    Manfredi Kardinal Indelicato trat an das Bett.
    Er beugte sich über den Körper des Heiligen Vaters, um das Dokument entgegenzunehmen. Er sah das uralte Siegel.
    Der Heilige Vater richtete sich leicht auf; eine kaum merkliche Bewegung unter dem Bettlaken, und dann zog er die verborgene Hand hervor.

7 DRISKILL
    Im Herzen des Vatikans, im Apostolischen Palast, befand ich mich an einem Ort, an dem ausgerechnet ich rein gar nichts zu suchen hatte. Es war höllisch gespenstisch hier, die stillen Korridore, das trübe Licht, unsere gedämpften Schritte. Auf einigen Gobelins waren historische Szenen abgebildet: Bilder von Gewalt und Blut und marschierenden Armeen und Scharen von Engeln und Gott weiß was sonst noch zogen die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich – die Darstellungen waren voller Wildheit und Ungestüm, Farben und Klängen, Schlachtrufen und schmetternden Trompeten himmlischer Provenienz, nur schien jemand die Lautstärke heruntergedreht zu haben. Vielleicht aber hatten die Instrumente einfach nicht mehr die Kraft, noch irgendein Geräusch von sich zu geben.
    D’Ambrizzi hatte in jeder Hinsicht die Führung übernommen, und Dunn und ich folgten ihm wie zwei Höflinge. Vor der Tür zum päpstlichen Schlafgemach saß ein Priester an einem Schreibtisch und hielt die Nachtwache. D’Ambrizzi sagte ein paar leise, aber eindringliche Worte zu ihm, und der Priester blieb an seinem Schreibtisch sitzen.
    Wir betraten das Schlafzimmer. Seltsam. Keine Formalitäten, keine Kontrollen. Kein Anklopfen. Keine Ankündigung. Nichts. Einfach die Tür auf und rein. Wie sich herausstellte, hätte ohnehin niemand im Zimmer auf irgend etwas reagiert.
    Kardinal Indelicato lag bäuchlings auf dem Bett, mit ausgebreiteten Armen und Beinen, völlig regungslos. Selbst auf die zehn Meter, die ich von ihm entfernt stand, hätte ich zehn zu eins darauf gewettet, daß er tot war. Diese schlichte Tatsache wurde mir schlagartig bewußt. Was die Folgerungen betraf, dauerte es ein Weilchen länger. Father Dunn bekreuzigte sich flüchtig und seufzte. »Jesus Christus«, murmelte er.
    D’Ambrizzi sagte: »Wohl kaum.« Er beugte sich über den anderen Mann, den ich für den Augenblick vollkommen vergessen hatte. Calixtus lag unter der Bettdecke und wurde von Indelicatos Körper niedergedrückt. Ich trat näher heran. D’Ambrizzi sagte: »Heiligkeit? Können Sie mich hören? Sal … ich bin’s, Simon.« Er wartete, lauschte, drückte dann den Finger auf die päpstliche Halsschlagader. »Er lebt noch. Bewußtlos, aber er lebt noch. Helft mir, den hier auf den Rücken zu drehen.« Er meinte Indelicato. Dunn beobachtete, wie D’Ambrizzi und ich den Körper des verblichenen Kardinals umdrehten.
    Das Licht war gedämpft. Der Fernseher lief; der Ton war abgestellt. Die Schatten schienen die Wände in Nichts aufzulösen. Wir hätten genausogut auf einer Bühne stehen können.
    D’Ambrizzi schaltete zu der trüben Funzel auf dem Nachttisch zwei Deckenlampen an. Dann stellte er sich vor das Bett, die Hände in die Hüften gestemmt, und starrte darauf nieder. Schließlich blickte er erst mich, dann seinen getreuen Father Dunn an.
    »Dieser Mann ist an einer Herzattacke gestorben.«
    Aus Indelicatos Brust ragte der goldene, kunstvoll verzierte Griff eines Dolchs. Dunn und ich wechselten einen Blick.
    »In

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