Assassini
hat meiner Schwester eine Kugel in den Kopf gejagt. Nicht Gott hat Bruder Leo die Kehle durchgeschnitten. Diesmal wäscht Gott seine Hände in Unschuld. Diesmal sind Menschen verantwortlich! Der Verrückte, der hier gerade frei wie der Wind herausmarschiert ist, und der psychopathische Killer, der die Waffe abgefeuert und mit dem Messer zugestoßen hat, und dieser beschissene Größenwahnsinnige, der gerade mit dem Papst ein Plauderstündchen hält, während wir hier untätig herumsitzen – was, in drei Teufels Namen, sollen wir gegen diese Mistkerle unternehmen?«
»Was schlagen Sie vor, Mister Driskill?«
»Wo ist Horstmann? Sie haben mit ihm gesprochen …« D’Ambrizzi schüttelte sein massiges Haupt. »Er ist fort. Ich habe ihn zurück in sein anonymes Leben geschickt. Ich habe ihn von seinen Sünden freigesprochen, so gut ich konnte, ich habe ihm die Beichte abgenommen. Er wurde betrogen. Er hat das getan, wofür er ausgebildet wurde. Seine Seelenqual und seine Schuld sind Strafe genug.«
»Für Sie vielleicht. Aber Sie können nicht für mich sprechen. Niemand kann für mich sprechen. Und Sie haben uns noch nichts über Archduke erzählt. Welches große Geheimnis umgibt Archduke? Haben Sie eine logische Schlußfolgerung anzubieten, wer sich hinter diesem Namen verbirgt? Er hat Sie verraten, und genau wie Sie und Indelicato, hat auch Archduke alles gewußt … und er hat Sie an Indelicato verraten. Nun, wie läßt Archduke sich in Ihr Muster einfügen? Er gehört nicht zu den Kerlen auf dem Foto, und er wurde nicht ermordet – folglich hat Indelicato Horstmann nicht auf ihn angesetzt. Soll ich Ihnen sagen, was ich glaube? Ich glaube, Archduke hat eine bestimmte Funktion in Indelicatos Plan … Ich glaube, daß Archduke schon Ihr Feind und Indelicatos Verbündeter war, seit er damals die Pius-Verschwörung aufgedeckt hat. Ich glaube, Archduke und Indelicato haben sich zusammengetan, um Ihnen den Weg zum Papstthron zu versperren, weil den beiden die Richtung nicht gefällt, in welche die Kirche sich bewegt. Sie wußten, daß Sie und meine Schwester auf der gleichen Seite standen, und sie haben die Nase voll gehabt. Ein paar Menschenleben sind ein niedriger Preis, wenn man auf diese Weise die Kurie und den Vatikan in Angst und Schrecken versetzen und die Kardinale scharenweise Indelicato in die Arme treiben kann. Warum also Ihr seltsames Schweigen, was Archduke betrifft?«
Driskill verstummte atemlos, starrte D’Ambrizzi an.
»Ich habe zum Thema Archduke nichts zu sagen«, erklärte der Kardinal schließlich. »Das ist vorbei. Lassen Sie es ruhen, vergessen Sie’s.« Er ließ den Blick über seine Gäste schweifen. »Damit wäre alles gesagt. Ich vertraue darauf, daß Sie alle Stillschweigen bewahren. Diese schmerzhafte Episode in der Geschichte unserer Kirche ist vorüber. Calixtus’ Lebensweg geht zu Ende, bald wird ein neuer Papst sein Amt antreten. Das Leben wird weitergehen und die Kirche weiterbestehen, und sehr bald werden wir und all diese Geschehnisse in Vergessenheit geraten sein.«
Das Ende von D’Ambrizzis Abendgesellschaft verlief in eher gedrückter Atmosphäre. Es gab nichts mehr hinzuzufügen. Niemand schien so recht zu wissen, was zu tun war. Erwartete der Kardinal, daß sie alle jetzt zu Bett gingen, um ruhig und erholsam zu schlafen? Er stand an der Tür, verabschiedete jeden mit einem Händedruck und ein paar persönlichen Worten: Männer, die er schon sehr lange kannte, und mit denen er gute und schlechte Zeiten durchlebt hatte. Er ging zwanglos mit ihnen um, wie immer.
Schwester Elizabeth stand neben Ben, der tief in Gedanken versunken schien; sein Gesicht war eine undurchdringliche Maske. Father Dunn gesellte sich zu den beiden. »Sie sehen nicht gerade glücklich aus«, sagte er.
»Überrascht Sie das?« fragte Driskill.
»Natürlich nicht. Aber vielleicht müssen Sie sich mit dem Ergebnis zufriedengeben. Vielleicht haben Sie fast alles hinter sich gebracht, was vor Ihnen gelegen hat. Und Sie sind jetzt, was diese Geschichte betrifft, so gut wie über alles informiert.«
»Was ich herausgefunden habe, gefällt mir aber nicht.«
»Haben Sie denn damit gerechnet? Ich war der Meinung, Ihre schlimmsten Vermutungen hätten sich bestätigt. Ist das nicht recht zufriedenstellend?«
Driskill starrte ihn an.
Dunn sagte: »Haben Sie denn erwartet, daß Horstmann und die anderen wie an einem Schießstand für Sie aufgestellt werden? Na, hören Sie mal, mein Freund, jetzt nehmen Sie
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