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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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Schein trog. Er war nur zu erschöpft.
    »Und wer ist dein Favorit?«
    Er zuckte die Achseln. Er hatte zeit seines Lebens oft und hoch gepokert. O ja, er hatte einen Kandidaten, ein Trumpf-As, um es im letzten Moment auszuspielen.
    »Ich habe dir diese Frage nie gestellt«, sagte ich, »aber warum hast du D’Ambrizzi damals nach dem Krieg mit hierhergebracht? Ich meine, für Val und mich war es großartig, er war ein wunderbarer Spielgefährte, aber was waren deine Beweggründe? Hast du ihn schon während des Krieges gekannt?«
    »Das ist eine lange Geschichte, Ben. Er brauchte einen Freund. Laß es dabei bewenden.«
    »Eine deiner OSS-Geschichten? Eine, von denen du uns nie …«
    »Laß uns davon aufhören, Ben.«
    »Mir soll’s recht sein.« D’Ambrizzi, Indelicato, Fangio. Es waren Namen für mich, nichts weiter. Abgesehen von meinen Erinnerungen an D’Ambrizzi.
    Schon immer hatte mir der Gedanke an die geheimnisvollen Jahre, die Vater als OSS-Mitarbeiter verbracht hatte, leichtes Unbehagen verursacht. Das alles war so lange her, und dennoch hütete er die Erinnerungen wie ein Staatsgeheimnis. Einmal hatten er und Mutter uns in den Sommerferien mit nach Paris genommen. In gewisser Hinsicht war der Höhepunkt der Reise – und das soll kein Wortspiel sein – ein Besuch des Eiffelturms, bei dem uns einer von Vaters alten Freunden aus seinen OSS-Tagen begleitete. Bischof Torricelli war schon damals ein ziemlich alter Mann. Er hatte die längste, ausgeprägteste Hakennase, die ich jemals gesehen hatte, und wie ich erfuhr, war sein Spitzname Shylock. Er hatte eine Tüte mit kleinen Anisbonbons dabei. Val war ihm aus diesem Grunde sehr zugetan. Er erzählte uns den Witz über Jacques und Pierre, die zwanzig Jahre lang drei-, viermal die Woche im gleichen, abgelegenen Restaurant zu Mittag aßen, bis Jacques sich schließlich bei Pierre erkundigte, warum sie eigentlich seit zwanzig Jahren immer das gleiche Restaurant besuchten, und Pierre antwortete: »Weil, mon ami, dieses Restaurant das einzige in ganz Paris ist, von dem aus man den verdammten Eiffelturm nicht sehen kann.« Wir kapierten den Witz nicht, aber Val lachte wie eine Verrückte, weil sie Geschmack an den Bonbons gefunden hatte.
    Ich hörte, wie mein Vater und Torricelli Erinnerungen über jene Zeit austauschten, als Paris noch von den Nazis besetzt war, und Torricelli machte Witze darüber, wie Vater einmal aus einem Kohlenkeller zum Vorschein gekommen war, in dem er sich zwei Wochen lang vor der Gestapo versteckt gehalten hatte, und wie er dann den Mund öffnete, um irgendwas zu sagen, und dabei ziemliche Ähnlichkeit mit dem Folksänger Al Jolson gehabt hatte, so schwarz wäre sein Gesicht vom Kohlenstaub gewesen. Doch ungeachtet aller Scherze: Es mußte damals wirklich eine ziemlich bewegte Zeit gewesen sein, gefahrvoll und aufregend. Aber er war mein Vater, verdammt noch mal, ganz einfach mein Vater, und ich konnte ihn mir nur schwer als Spion vorstellen, der durch die Nacht schlich, um Elektrizitätswerke oder Munitionslager in die Luft zu jagen.
    »Weißt du, Ben«, sagte er langsam, fast schleppend, da sein Hirn inzwischen zur Hälfte in einen kleinen See aus Laphroaig eingetaucht war, »wenn ich nur daran denke, daß ich Curtis erzählen muß, was hier vorgefallen ist, wird mir schon übel. Er hat bisher, alles in allem, ein glückliches Leben geführt.«
    »Tja, dann ist er mal an der Reihe, einen Schlag in den Nacken zu bekommen.« Mir war Curtis Lockhardt, mit Verlaub, scheißegal. Er war einer von ihnen. Und selbst an meinen Vater, der ungefähr so verletzlich war wie die wasserspeienden Monster an den Fassaden von Notre Dame, verschwendete ich nicht allzuviel Mitgefühl. Mir tat meine kleine Schwester leid, Val.
    »Ich werde es ihm morgen sagen.«
    »Ach, darüber würde ich mir nicht den Kopf zerbrechen. Man wird’s in den Zeitungen und im Fernsehen bringen. Val ist eine Berühmtheit. Nein, er wird es erfahren haben, bevor wir in die Verlegenheit kommen, es ihm sagen zu müssen. Wir werden seine Tränen aufwischen müssen. Aber ich kann nicht behaupten, daß ich mich darauf freue.«
    Vater starrte mich über den Rand des Glases mit seinem Röntgenblick an. »Manchmal kannst du ein widerwärtiger Mistkerl sein, Ben.«
    »Wie der Vater, so der Sohn?«
    »Wahrscheinlich«, sagte er nach einer längeren Pause, »sehr wahrscheinlich.« Er räusperte sich und leerte sein Glas. »Ich bin reif fürs Bett.«
    »Um den Dämonen der Finsternis

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