Assassini
Vorgänger an St. Mary’s hat sie immer veranstaltet, also kam ich nicht drum herum. Du hast gesehen, welchen Spaß es den Kindern macht.«
»Du kannst mit Kindern umgehen«, sagte ich.
»Ja. Ja, wirklich.« Wir konnten die Kinder bis hierher lachen und rufen und schreien hören. »Val und ich, wir hätten prächtige Kinder gehabt, Ben.«
Ich nickte. Darauf gab es nichts zu sagen.
»Verdammt noch mal, warum hat sie sich damals nicht anders entschieden? Dann wäre sie jetzt nicht tot. Ich bin wirklich ein schlechter Geistlicher, Ben. Ich hab’s nicht weit gebracht, ich bin nicht wie Artie Dunn. Ich habe keine einflußreichen Kumpel in Rom wie er, keine Beziehungen. So sieht’s nun mal aus … Aber ich wäre ein guter Ehemann geworden. Ein prima Vater. Verflucht. Wir hätten es so schön haben können, wir wären glücklich gewesen und gemeinsam alt geworden. Aber statt dessen ist Val jetzt tot, und ich veranstalte eine blöde Halloween-Party für die Kinder anderer Leute.« Er wischte sich über die Augen. »Tut mir leid, Ben. Aber das mußte ich einfach mal loswerden.«
Wir schlenderten gemächlich am Bachufer entlang, machten dann langsam kehrt und gingen wieder zur Kirche zurück. Ich erzählte Peaches, was Dunn mir berichtet hatte. Daß der Mörder ein Priester gewesen war.
Peaches schüttelte den Kopf. »Ich kenne einige Geistliche, die in ihrem Herzen Mörder sind, aber das … weißt du, das hört sich ein bißchen zu verrückt an. Ein Priester ermordet Lockhardt, Heffernan und Val? Sicher, niemand weiß, in was für einer teuflischen Sache Val herumgestochert hat – aber warum wurden Lockhardt und Heffernan ermordet? Das ist doch verrückt.«
»Dunn scheint es ziemlich ernst zu meinen.«
»Priester«, sagte Peaches. »Da fällt mir was ein. Ich möchte, daß du erfährst, was Mrs. Hanrahan mir heute erzählt hat. Bitte, warte, bis die Party vorbei ist.«
Edna Hanrahan hatte eine Kanne frischen Kaffee gekocht. Sie stellte einen Teller mit Pfefferminzplätzchen auf den Tisch. Sie hatte graues Haar, und ihr Gesicht war von Lachfalten zerfurcht. Ihre Augen funkelten forsch und lebhaft hinter dicken Brillengläsern. Sie hatte abgearbeitete Nonnenhände, die die Geschichte von viel, viel heißem Wasser und Zentnern von Karbolseife erzählten. Sie war keine Nonne, aber sie führte seit nunmehr fünfunddreißig Jahren den Haushalt der Priester von St. Mary’s. In den späten dreißiger Jahren hatte sie als junges Mädchen eine kirchliche Privatschule besucht und einen Lehrer gehabt, dessen Name mir noch nie begegnet war: Father Vincent Governeau. Was konnte sie zu berichten haben?
»Erzählen Sie ihnen von Father Governeau, Edna«, sagte Peaches. »Das, was Sie mir heute nachmittag erzählt haben.«
»Nun, Sie wissen ja alle, wie dumm junge Mädchen sein können, und er war ein so hübscher Kerl, er sah aus wie ein Filmschauspieler. Wie Victor Mature, würde ich sagen.« Sie streichelte über ein Plätzchen, als wäre es eine Reliquie. »Dunkles Haar, dunkler Teint. Wirklich hübsch. Und immer ein so netter Gesprächspartner. Sehr feinfühlig. Er war unser Kunstlehrer. Seine Vorliebe galt Gemälden, hauptsächlich religiösen Motiven. Er liebte diese Gemälde, und er wußte fast alles über die Männer, die sie geschaffen hatten. Er hat uns auch Bilder von Päpsten gezeigt, Portraits, und er hat so geredet, als würde er auch sie kennen. Er war so ungezwungen. Wir alle waren hingerissen.« Sie räusperte sich. »Ein Plätzchen?« Ich nahm eins, und sie seufzte dankbar.
»Weiter. Worüber habt ihr Mädchen noch gesprochen? Ihr dummen Mädchen?« Peaches grinste – ein meisterhafter Vernehmungsbeamter.
»Tja, wir fanden ihn einfach hinreißend. Und er schien uns auch zu mögen, und darum haben wir ihm schöne Augen gemacht, schamlos, wie wir jungen Dinger eben waren – aber das alles war gar nichts, nur ein harmloser Spaß, Sie wissen schon. Aber einen Priester wie ihn hatten wir eben noch nie gesehen.« Sie nippte an ihrer Tasse Kaffee, schwelgte in den Erinnerungen, die so lange zurücklagen. »Und dann gab es da eine Nonne, Schwester Mary Teresa. Sie war bildhübsch. Nun, wir haben gesehen, wie die beiden sich oft unterhielten und unter den Bäumen spazierengingen. Sie waren ein wunderschönes Paar. Wir alle hielten es für einen Jammer, daß die beiden nicht heiraten durften. Und einige von den Jungs sagten immer, daß Father Governeau ein, na ja, Verhältnis habe … und wir Mädchen haben uns
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