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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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er.
    »Ich möchte dir die erfreuliche Mitteilung machen, daß draußen der Gesandte des Papstes wartet. Er möchte mit dir reden.«
    »Oh, mein Gott, ist es so schlecht um mich bestellt?«
    »Er ist auch wegen Val gekommen. Schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe.«
    »Ben, du bist ein frevlerischer Mensch. Ich fürchte, ein Sünder.«
    »Er wird nicht eher gehen, bis du ihn empfangen hast.«
    »Das ist anzunehmen. Tja, Ben, hast du dich jetzt davon überzeugt, daß ich noch gesund und munter bin?« Ich nickte. »Tu nicht so unbeteiligt. Ich hatte mich schon gefragt, wann du vorbeischaust.«
    »Man hat mir gesagt, du liegst im Koma.« Ich lächelte ihn an. »Du kannst also von Glück sagen, daß ich überhaupt vorbeigeschaut habe.«
    »Wieder mal Pech gehabt.« Er grinste schwach.
    »Wer ist eigentlich deine Privat-Nonne, die sich hier dauernd herumtreibt?«
    Er schüttelte den Kopf. »Wasser, Ben. Bitte.«
    Ich hielt ihm den Plastikbecher hin, während er am Trinkhalm saugte. Dann sagte er: »Schick mir jetzt den päpstlichen Gesandten herein. Ich bin hundemüde. Und besuch mich bald wieder, Ben.«
    »Mach ich«, sagte ich. Ich hatte das Zimmer schon fast verlassen, als er sich noch einmal zu Wort meldete.
    »Ben … hat man schon einen Verdacht, wer der Mörder war? Val, Lockhardt, Andy – hat man jemanden verhaftet?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Es war dieselbe Waffe, das steht fest. Und derselbe Killer.«
    Er schloß die Augen. Ich ging zurück in den Warteraum.
    Sandanato rauchte am Fenster eine Zigarette und starrte hinaus auf den Hof des alten Ziegelsteingebäudes. Wieder hatte Schneeregen eingesetzt, und draußen waren in der herabsinkenden Dämmerung die Laternen eingeschaltet worden. Er hatte zwar ein wenig geschlafen, sah aber nicht ausgeruhter und gelöster aus als vorher. »Er ist jetzt wach«, sagte ich. »Sie sollten die Gelegenheit nutzen.«
    Er bemerkte mich erst jetzt, nickte, drückte die Zigarette aus und ging den Flur hinunter.
    Elizabeth betrat den Warteraum; die Nonne, die ich im Krankenzimmer meines Vaters gesehen hatte, war an ihrer Seite. Der Kontrast war frappierend. Es waren nicht nur zwei unterschiedliche Frauen unterschiedlichen Alters, sie schienen auch zwei völlig verschiedenen Welten anzugehören. Elizabeth blickte mich an, sprach aber mit der Nonne. »Dann kennen Sie also dieses vom Glauben abgefallene Individuum.«
    »O ja«, sagte diese. Ihr Gesicht war so zart, die Konturen so fein gezeichnet, daß es aus Porzellan hätte sein können, das durch sein Alter noch kostbarer geworden war. Ihr Haar war von der Haube verborgen, die ihr Antlitz weiß umrahmte. Sie war noch immer so reizvoll, daß ich mich bei dem Gedanken ertappte, wie schön sie einst gewesen sein mochte. Ich hatte anscheinend immer das Glück, auf die Hübschen zu treffen. Die mit den Warzen auf der Nase oder dem Damenbart schienen mir erspart zu bleiben. »Ich kenne Ben seit vierzig Jahren.« In ihren Augen lag ein leiser Vorwurf. »Aber er scheint mich vergessen zu haben.«
    Es fiel mir gerade noch rechtzeitig ein; ein Aufflackern der Erinnerung.
    »Sie vergessen? Schwester Mary Angelina? Wie könnte ich! Schwester Mary Angelina hat mir durch die allererste Glaubenskrise meines Lebens geholfen.«
    Elizabeth sagte: »Zu schade, daß die Schwester Sie nicht durch ihr ganzes bisheriges Leben begleiten konnte, um Ihnen immer wieder aufzuhelfen, wenn Sie gestrauchelt waren.« Sie lächelte liebreizend, aber ihre Augen funkelten.
    »Was meinen Sie damit, Ben?« Schwester Mary Angelina betrachtete mich voller Neugierde. »Ich muß es vergessen haben. Helfen Sie mir auf die Sprünge.«
    »Es war in der Schule. Eines Tages hatte ich die Nase gestrichen voll. Sie hatten mir mit einem Lineal auf die Handknöchel geschlagen, und dann bin ich davongerannt, habe mich auf dem Schulhof versteckt, und als ich zu türmen versuchte, haben Sie mich geschnappt. Ich dachte, das Spiel ist aus. Ich hab’ damit gerechnet, die schlimmste Tracht Prügel meines Lebens zu bekommen. Aber statt dessen haben Sie mich in die Arme genommen und mir gesagt, alles würde wieder gut. Ich bin nie so richtig darüber hinweggekommen. Und ich habe nie so recht begriffen, was damals eigentlich mit mir passiert ist. Darum können Sie sicher sein, daß ich Sie nie vergessen werde, Schwester.«
    »Es ist seltsam«, sagte sie. »Ich kann mich nicht daran erinnern. Überhaupt nicht. Nun, ich bin fast siebzig, und vielleicht fällt bei mir schon die eine oder

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