Assassini
Rasen wirbelte. Wir gingen an der Kapelle vorüber und durch den Obstgarten bis zum dahinter liegenden kleinen Teich, auf dem Val und ich vor Jahrzehnten Schlittschuh gelaufen waren.
»Curtis Lockhardt«, begann Summerhays, kaum daß wir das Stimmengewirr, das aus dem Haus drang, nicht mehr hören konnten, »hat viele bedeutende Rollen auf verschiedenen großen Bühnen gespielt, wie ein Schauspieler, der von einem Theater und einem Stück zum anderen wechselt. Aber im Grunde seines Herzens wußte er, daß er nur ein altmodischer Kapitalist war, wenn ich mal so sagen darf, dessen Familiengeschichte sich bis ins Boston nach den Jahren des Amerikanischen Befreiungskrieges zurückverfolgen läßt. Man könnte sagen, daß die Lockhardts schon immer zu jenen gehört haben, die ihre Macht und ihr Geld dazu benutzten, Menschen und Ereignisse in ihrem ureigenen Sinne zu manipulieren, durch ihren Einfluß etwas aufzubauen, wie andere Menschen es mit den Händen tun …«
Summerhays zeichnete das Bild eines Mannes, der schon immer zu jenen gehört hatte, welche die ›geheime Regierung‹, die ›Regierung innerhalb der Regierung‹ und die ›Kirche innerhalb der Kirche‹ gebildet hatten. Lockhardt hatte unverkennbar seine Lektionen auf den Knien meines Vaters gelernt.
»Aber«, fuhr Summerhays fort, als wir unter den laublosen, kahlen Bäumen im Obstgarten standen, wo mein Vater einst Father Governeau gefunden hatte, wie er in der Schlinge an einem Ast baumelte, »Curtis hat es immer als seine größte Leistung betrachtet, daß er sich den kleinen Salvatore di Mona genommen und ihn als Calixtus IV. auf den Papstthron gesetzt hat. Und das hat er getan – das muß man ihm lassen, das muß man ihm wirklich lassen. Er hatte es sich zum Ziel gesetzt, einen Papst zu kaufen, und, bei Gott, er hat es geschafft.«
Es war folgendermaßen dazu gekommen. Curtis hatte seinerzeit dem Verwaltungsrat der Conway-Stiftung in Philadelphia angehört. Er hatte voll fassungslosem Erstaunen miterlebt, wie Ord Conway – von seinen Angestellten der ›alte Furz‹ genannt – eines Tages verkündete, daß er seinen ›eigenen‹ Papst wolle.
Schließlich hatte Ord sich an Lockhardt gewandt, und dieser hatte nach schwierigen Transaktionen für 5,8 Millionen Dollar und ein paar Zerquetschte einen Papst erworben – für immerhin fünfzehn Millionen Dollar weniger, als Nelson Doubleday für die Mannschaft der New York Mets hätte hinblättern müssen. Nur sehr, sehr wenige Menschen wissen, daß man einen Papst kaufen kann.
Ord lebte nur noch zwei Jahre unter seinem privaten Oberhirten Calixtus IV, aber es ist ja nichts Neues, daß es im Leben von amüsanten und ironischen Begebenheiten nur so wimmelt.
Eine Zeitlang hatte Lockhardt Ord Conway als eine Art gemäßigten, traditionellen alten Faschisten eingeschätzt, als schwaches Endstück einer langen Ahnenreihe Gleichgesinnter. Ord Conway mochte die Kirche ganz einfach so, wie sie in seiner Kindheit gewesen war, als er noch seinen Katechismus gebüffelt hatte. Lockhardt beobachtete die Entwicklung und spürte, in welchem Maße dieser Mann sich verpflichtet fühlte, einige kirchliche Reformen rückgängig zu machen, um die Entwicklung hin zu einer, wie er sie nannte, ›demokratischen Kirche‹ wieder umzukehren. Ord hatte immer betont, Demokratie sei ›schon in Ordnung‹, aber nur dort, wo sie hingehöre, und in der Kirche habe ›Demokratie gottverdammt noch mal nichts zu suchen‹. »Von Katholiken«, pflegte Ord Conway zu sagen, »wird schließlich nicht erwartet, daß sie darüber abstimmen, an wen oder was sie glauben sollen. In der Kirche haben sie jedenfalls kein Stimmrecht – und einzig und allein darum geht es.«
Lockhardt arbeitete einen Plan aus. Er war sich darüber im klaren, daß Conway nur versuchte, die alten Zeiten wieder zum Leben zu erwecken und Frieden mit seiner eigenen Psyche zu schließen, und das machte den alten Mann zum perfekten Werkzeug für Lockhardts eigene Pläne. Die einzelnen Elemente besaßen eine wunderbare Symmetrie: Conway hielt an seiner Hoffnung fest, daß er die Wiederauferstehung der Kirche erleben würde, wie er sie aus den Tagen seiner Kindheit kannte. Monsignore Andy Heffernan wollte sich auf jenen Weg begeben, an dessen Ende das Kardinalspurpur auf ihn wartete. Und Lockhardt wollte den Status quo bewahren – mehr oder weniger. All das würde ziemlich viel Geld kosten, aber das war kein Problem: Ord Conway bettelte geradezu darum, von einigen
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