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Assassino

Assassino

Titel: Assassino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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als Wechselgeld heraus.
    Ilyas blätterte sechs Papiere mit der Zahl 10 ab und streckte sie dem Händler hin, der gierig danach schnappte. Er zählte nach und ließ die Scheine dann schnell in seiner Tasche verschwinden.
    »Sie haben ein gutes Geschäft gemacht, mein Herr«, sagte er. »Wenn jeder Kunde so wäre, hätte ich meinen Laden längst schließen können.«
    »Mir bricht das Herz«, erwiderte Ilyas, aber seine Aufmerksamkeit war auf den Mann gerichtet. Die Schar der Schaulustigen löste sich langsam auf und sein Verfolger zog sich erneut in Richtung Topfhandel zurück. Der Verkäufer hielt Ilyas Hemd und T-Shirt hin. Der rollte die Kleidungsstücke achtlos zusammen und klemmte sie unter den Arm. Er verabschiedete sich von dem Händler, der einen gut gelaunten Eindruck machte, ob wegen des ausgiebigen Feilschens oder weil er auch mit sechzig Lira noch ein gutes Geschäft gemacht hatte, und ging langsam die Gasse entlang. Hier und da blieb er stehen, so als wolle er einen Artikel prüfen. Dabei schaute er sich um und stellte fest, dass der Mann ihm folgte.
    Schließlich kam er an ein kleines Kaffeehaus am Rande eines Platzes, der von Lederwarengeschäften gesäumt war. Er setzte sich an einen freien Tisch vor der Tür und bestellte einen gesüßten Tee.
    Kaum hatte der Wirt ihm sein Getränk serviert, als sein Verfolger aus dem Schatten der Gasse hervortrat, den Platz überquerte und vor ihm stehen blieb.
    »Gestattest du, dass ich mich setze, Bruder?«, fragte er. Ohne eine Antwort abzuwarten, ließ er sich auf dem wackeligen Hocker neben Ilyas nieder.
    »Warum folgst du mir?« Ilyas fixierte den Mann mit gerunzelter Stirn. Er mochte vielleicht dreißig Jahre alt sein. Sein Gesicht war von der Sonne gegerbt und über dem linken Auge zog sich eine schmale Narbe bis unter die Haare hoch. Er wirkte nicht unsympathisch und seinem Verhalten nach schien er auch keine bösen Absichten zu verfolgen. Trotzdem ließ Ilyas die rechte Hand weiterhin in der Nähe seiner Waffe hängen.
    »Ich habe gesehen, dass du einer von uns bist.«
    Ilyas zog fragend die Augenbrauen hoch.
    »Mein Name ist Said«, sagte sein Gegenüber. »Ich gehöre der Bruderschaft an, so wie du.«
    Ilyas beschloss, das Spiel mitzuspielen. »Du gibst dich als ein Bruder aus. Woher weiß ich, dass das stimmt?«, fragte er.
    Said lächelte. »Ich wusste, du würdest danach fragen. Sieh her.«
    Er knöpfte sein Hemd auf, unter dem ein durchtrainierter Oberkörper sichtbar wurde, und zog den rechten Arm aus dem Ärmel, den er in die Höhe hob. Darunter befand sich ein tätowiertes Symbol, das eine Art Dreieck darstellte, dessen untere Seite abgerundet war.
    »Ich habe es gesehen, als du vorhin deinen Oberkörper entblößt hast«, erklärte Said, während er sein Hemd wieder anzog. »Das war eine echte Überraschung. Wir erwarten zwar noch einen Bruder, wussten aber nicht, dass du schon in Istanbul bist. Warum hast du noch keinen Kontakt aufgenommen?«
    »Ich folge nur meinen Anweisungen«, improvisierte Ilyas. Er hatte keine Ahnung, wovon Said sprach.
    Said nickte. »Wie wir alle. Wie du sicher weißt, sind wir bereits zu dritt. Wir haben nur noch auf dich gewartet.«
    Ilyas griff zu seinem Teeglas, um ein wenig Zeit zu gewinnen. Offenbar besaß er auch so eine Tätowierung wie die, die Said ihm soeben gezeigt hatte. Er wusste davon nichts und beim Duschen hatte er nicht darauf geachtet. Aber wenn das tatsächlich das Kennzeichen der Bruderschaft war, dann musste er ja ein Mitglied sein.
    »Dann führ mich in euer Versteck«, sagte er, in der Hoffnung, dort mehr zu erfahren.
    Saids Augen verengten sich unmerklich. »Du wirst die Adresse doch sicher bekommen haben.«
    »Natürlich. Aber ich bin mit der Stadt noch nicht so vertraut. Ich bin erst seit einem Tag hier und dabei, mich zu orientieren.«
    Die Antwort schien sein Gegenüber zufriedenzustellen. Said sprang auf. Ilyas warf ein paar Münzen auf den Tisch und folgte dem Mann.

Die Bruderschaft
    Said führte ihn aus dem Großen Basar hinaus und in ein Gewirr von engen Straßen hinein. Ilyas war klar, in welche Gefahr er sich begab. Er wusste nichts von diesen Männern, und er war sicher nicht der vierte Mann, auf den sie warteten.
    Oder vielleicht doch?
    Fieberhaft versuchte er, irgendeine Erinnerung aus seinem Gedächtnis hervorzuholen, aber alles, auf das er stieß, war ein großes, dunkles Loch. Nur unbewusst nahm er die Umgebung wahr, durch die sie kamen. Es waren Reihen schmaler Häuser, die sich

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