Assassin's Creed Bd. 5 - Forsaken - Verlassen
nicht etwa gelauscht, oder?“
Sein Tonfall ließ mich dankbar dafür sein, dass ich es nicht getan hatte. „Nein, Mr Birch, Sir, ich hörte laute Stimmen, das war alles.“
Er sah mich fest an. Zufrieden, dass ich die Wahrheit sprach, blickte er wieder nach vorn. „Euer Vater war ebenso stur wie undurchschaubar.“
„Aber er hat die Warnung nicht ignoriert, Sir. Immerhin hat er die Soldaten angeheuert.“
Mr Birch seufzte. „Euer Vater nahm die Warnung nicht ernst und hätte gar nichts unternommen. Als er nicht auf mich hören wollte, setzte ich Eure Mutter in Kenntnis. Erst auf Ihre Vermittlung hin holte er die Soldaten ins Haus. Ich wünschte, ich hätte die Männer durch Leute aus unseren Reihen ersetzt. Die wären nicht so leicht zu überwältigen gewesen. Jetzt kann ich nur noch versuchen, seine Tochter für ihn zu finden und die Verantwortlichen zu bestrafen. Und um das zu tun, muss ich wissen, warum er zum Ziel dieses Angriffs wurde? Welchem Zweck hat dieser Überfall gedient? Sagt, was wisst Ihr über das Leben Eures Vaters, bevor er sich in London niederließ, Master Haytham?“
„Nichts, Sir“, antwortete ich.
Er lachte trocken. „Na, damit wären wir schon zu zweit. Sogar mehr als nur zu zweit. Eure Mutter weiß auch so gut wie nichts.“
„Und Jenny, Sir?“
„Ach, die gleichermaßen undurchschaubare Jenny. Sie war so entmutigend, wie sie schön war, so undurchsichtig wie bezaubernd.“
„Sie war , Sir?“
„Ein Versprecher, Master Haytham – ich hoffe jedenfalls von ganzem Herzen, dass sie noch am Leben ist. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass Jenny in den Händen ihrer Entführer nicht in Gefahr ist, dass sie ihnen nur lebendig von Nutzen sein kann.“
„Ihr glaubt, sie wurde entführt, um ein Lösegeld zu erpressen?“
„Euer Vater war sehr reich. Eure Familie könnte sehr wohl aufgrund ihres Vermögens zum Ziel erkoren worden und der Tod Eures Vaters nicht geplant gewesen sein. Das ist durchaus möglich. Wir haben Leute auf diese Theorie angesetzt. Genauso gut könnte die Mission aber auch der Ermordung Eures Vaters gegolten haben, und wir lassen auch diese Möglichkeit von unseren Leuten unter die Lupe nehmen – nun, eigentlich bin ich es, der sich mit dieser Möglichkeit auseinandersetzt, weil ich ihn gut kannte und wissen müsste, ob er irgendwelche Feinde gehabt hat. Damit meine ich Feinde, die über die nötigen Mittel verfügen, um einen solchen Überfall zu inszenieren, nicht etwa verärgerte Mieter oder Pächter. Aber ich fand keinen einzigen entsprechenden Hinweis, was mich zu der Annahme führt, es könnte doch jemand dahinterstecken, der eine Rechnung mit Eurem Vater zu begleichen hatte. Aber wenn es so ist, dann muss es sich um eine Rechnung handeln, die schon sehr lange offen ist, die in die Zeit zurückreicht, bevor er nach London kam. Jenny, die Einzige, die ihn damals kannte, hätte vielleicht Antworten auf diese Fragen gehabt, aber was sie auch wissen mag, befindet sich nun mit ihr in den Händen der Entführer. Wie auch immer, Haytham, wir müssen sie finden.“
Irgendetwas an der Art und Weise, wie er „wir“ sagte, machte mich stutzig.
„Wie gesagt, es wird angenommen, dass man sie irgendwohin aufs Festland gebracht hat, also werden wir mit unserer Suche nach ihr dort beginnen. Und wenn ich ‚wir‘ sage, dann meine ich Euch und mich, Haytham.“
Ich erschrak. „Sir?“, entfuhr es mir. Ich wollte meinen Ohren nicht trauen.
„Ganz recht“, bekräftigte er. „Ihr werdet mich begleiten.“
„Mutter braucht mich, Sir. Ich kann sie nicht hierlassen.“
Mr Birch sah mich abermals an. In seinen Augen entdeckte ich weder Freundlichkeit noch Tücke. „Haytham“, sagte er, „ich fürchte, diese Entscheidung liegt nicht bei Euch.“
„Sie liegt bei Mutter“, erklärte ich.
„Nun, das schon …“
„Was meint Ihr damit, Sir?“
Er seufzte. „Habt Ihr seit der Nacht des Überfalls mit Eurer Mutter gesprochen?“
„Sie war zu erschüttert, um mit irgendjemand anderem als Miss Davy oder Emily zu sprechen. Sie hält sich nur in ihrem Zimmer auf, und Miss Davy sagt, sie werde mich rufen, wenn Mutter sich so weit erholt hat, dass sie mich sehen möchte.“
„Wenn Ihr sie seht, werdet Ihr feststellen, dass sie sich verändert hat.“
„Sir?“
„In der Nacht des Überfalls sah Tessa, wie ihr Gatte starb und wie ihr kleiner Sohn einen Angreifer tötete. Diese Erlebnisse werden tiefe Spuren in ihr hinterlassen, Haytham. Womöglich ist
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