Assassin's Creed Bd. 5 - Forsaken - Verlassen
viel ich wollte, es änderte nichts. Er würde mir helfen, ob ich das nun wollte oder nicht.
Ich hatte zugestimmt, allerdings nur unter der Bedingung, dass seine Hilfe der strengsten Geheimhaltung unterlag. Um diejenigen, die mir stets einen Schritt voraus zu sein schienen, zu täuschen, musste ich den Eindruck erwecken, ich hätte es aufgegeben, die Mörder meines Vaters finden zu wollen – vielleicht blieben sie mir damit nicht länger einen Schritt voraus.
Als wir die Republik der Vereinigten Niederlande verließen, übernahm Holden deshalb die Rolle meines Kammerdieners und meines Kutschers, und für den Rest der Welt war er auch genau das. Niemand wusste, dass er in meinem Auftrag Ermittlungen vornahm. Nicht einmal Reginald wusste das.
Und vielleicht war gerade das auch gut so.
Holden sah mir an, wie schuldig ich mich fühlte.
„Sir, Ihr tischt Mr Birch doch gar keine Lügen auf. Ihr tut nur das, was er auch getan hat. Ihr enthaltet ihm gewisse Informationen vor, nur bis Ihr Euch davon überzeugt habt, dass sein Name sauber ist – und ich bin sicher, dass das der Fall ist, Sir. Ganz sicher sogar, wo er doch Euer ältester Freund ist, Sir.“
„Ich wünschte, ich könnte Euren Optimismus in dieser Angelegenheit teilen, Holden, wirklich. Kommt, wir sollten weiterfahren. Meine Aufgabe wartet auf mich.“
„Gewiss, Sir, und wo führt Euch diese Aufgabe hin, wenn ich fragen darf?“
„Nach Korsika“, antwortete ich. „Ich reise nach Korsika.“
„Aha, mitten in eine Revolution, wie ich gehört habe …“
„Ganz recht, Holden. Ein Ort, an dem es Konflikte gibt, ist das perfekte Versteck.“
„Und was werdet Ihr dort tun, Sir?“
„Ich fürchte, das kann ich Euch nicht verraten. Es soll Euch genügen, wenn ich sage, dass es nichts mit der Suche nach den Mördern meines Vaters zu tun hat und deshalb nur von mäßigem Interesse für mich ist. Es ist ein Auftrag, eine Pflicht, weiter nichts. Ich hoffe, Ihr werdet Eure Ermittlungen auch während meiner Abwesenheit fortsetzen?“
„Oh, gewiss, Sir.“
„Ausgezeichnet. Und sorgt dafür, dass Ihr es verdeckt tut.“
„Macht Euch darüber keine Sorgen, Sir. In den Augen aller Beteiligten hat Master Kenway sein Streben nach Gerechtigkeit längst aufgegeben. Früher oder später, Sir, werden die Drahtzieher unvorsichtig werden und einen Fehler begehen, der ihnen zum Verhängnis wird.“
25. Juni 1753
I
Tagsüber war es heiß auf Korsika, nachts fiel die Temperatur jedoch. Nicht sehr, es wurde nicht eiskalt, aber doch so kalt, dass es eine unangenehme Erfahrung war, ohne Decke auf einer steinigen Hügelflanke liegen zu müssen.
Doch so kalt es auch sein mochte, es gab wichtigere Dinge, um die ich mich kümmern musste – zum Beispiel den Trupp genuesischer Soldaten, die den Hügel heraufkamen und denen ich gern nachgesagt hätte, dass sie sich heimlich, still und leise voranbewegten.
Das hätte ich ihnen gern nachgesagt, allein, ich konnte es nicht – nicht guten Gewissens.
Auf der flachen Hügelkuppe lag der Bauernhof. Ich behielt ihn seit zwei Tagen im Auge, richtete mein Fernglas auf die Türen und Fenster eines großen Hauses und einer Anzahl kleinerer Scheunen und Nebengebäude und beobachtete, wer kam und ging. So waren Rebellen mit Vorräten eingetroffen und mit ebensolchen wieder verschwunden. Am ersten Tag verließ ein kleiner Trupp – ich zählte acht Mann – den Hof, und bei ihrer Rückkehr wurde mir klar, dass sie einen Angriff geführt haben mussten – die korsischen Rebellen attackierten ihre genuesischen Herren. Bei ihrer Rückkehr waren sie nur noch zu sechst, und diese sechs waren erschöpft und verwundet, trotzdem umgab sie, ohne dass Worte oder Gesten nötig gewesen wären, eine Aura des Sieges.
Kurze Zeit später kamen Frauen mit Vorräten, und es wurde bis tief in die Nacht gefeiert. Heute Morgen waren weitere Rebellen mit Musketen, die sie in Decken gewickelt hatten, eingetroffen. Sie waren allem Anschein nach gut gerüstet und hatten reichlich Unterstützung. Kein Wunder, dass die Genuesen diese Feste auslöschen wollten.
Zwei Tage lang hatte ich meine Position immer wieder geändert, damit ich nicht entdeckt wurde. Das Terrain war felsig, und ich wahrte sicheren Abstand zu den Gebäuden. Am Morgen des zweiten Tages merkte ich jedoch, dass ich Gesellschaft hatte. Es trieb sich noch ein Mann auf dem Hügel herum, ein weiterer Beobachter. Im Gegensatz zu mir war er an ein und derselben Stelle geblieben, er hatte sich
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