Assassin's Creed Bd. 5 - Forsaken - Verlassen
Dragon reiten würden, fragte ich mich, was die anderen Männer für Leute sein mochten.
„Hat man Euch gesagt, warum ich nach Boston gekommen bin?“, fragte ich.
„Nein. Master Birch meinte, ich solle nur so viel wissen, wie Ihr für angemessen haltet. Er schickte mir eine Liste mit Namen und bat mich, dafür Sorge zu tragen, dass Ihr diese Männer finden würdet.“
„Und ist Euch das gelungen?“
„Aye. William Johnson wartet im Green Dragon auf uns.“
„Wie gut kennt Ihr ihn?“
„Nicht sonderlich gut. Aber er sah das Zeichen des Ordens und zögerte nicht zu kommen.“
„Erweist Euch unserer Sache gegenüber als loyal, und Ihr habt gute Chancen, mehr über unsere Pläne zu erfahren“, stellte ich ihm in Aussicht.
Er strahlte. „Das wäre mir die größte Freude, Sir.“
II
Der Green Dragon war ein großer Ziegelbau mit Pultdach und einem Schild über der Eingangstür, auf dem der namensgebende Drache zu sehen war. Laut Charles handelte es sich um das beliebteste Kaffeehaus der Stadt, wo sich jedermann, von Patrioten über Rotröcke bis hin zu Gouverneuren, einfand, sei es zum Plaudern, zum Intrigieren, zum Tratschen oder zum Handeln. Was in Boston auch geschah, die Ursprünge lagen in aller Regel stets hier in der Union Street.
Dabei machte die Union Street selbst gar keinen so einnehmenden Eindruck. Sie war kaum mehr als ein schlammiger Fluss, der unser Tempo beeinträchtigte, als wir uns der Schenke näherten und darauf achteten, die Gentlemen, die in Grüppchen vor dem Green Dragon standen und auf ihre Stöcke gestützt miteinander plauschten, nicht vollzuspritzen. Wir wichen Karren aus und nickten berittenen Soldaten grüßend zu und erreichten schließlich ein niedriges, hölzernes Stallgebäude, wo wir unsere Pferde zurückließen, dann überwanden wir vorsichtig die Ströme aus Matsch und langten endlich an der Schenke an. Drinnen wurden wir sofort mit den Besitzern bekannt gemacht: Catherine Kerr, die (wie ich sagen darf, ohne unhöflich zu sein) ein bisschen über die Maßen wohlgerundet war, und Cornelius Douglass, dessen erste Worte, die mir beim Eintreten zu Ohren kamen, waren: „Leck mich am Arsch, du Miststück!“
Glücklicherweise meinte er damit weder mich noch Charles, sondern Catherine. Als die beiden uns sahen, schlug ihr streitlustiges Gebaren sofort in Unterwürfigkeit um, und sie sorgten sogleich dafür, dass mein Gepäck in mein Zimmer hinaufgebracht wurde.
Charles hatte recht: William Johnson war bereits da. In einem Zimmer im Obergeschoss wurden wir einander vorgestellt. Er war ein älterer Mann, ähnlich gekleidet wie Charles, doch machte er einen etwas abgespannten Eindruck, der ihm auch ins zerfurchte Gesicht geschrieben stand. Er hatte über Karten gebrütet und erhob sich nun, um mir die Hand zu schütteln. „Ist mir eine Freude“, sagte er, und nachdem Charles gegangen war, um draußen Wache zu stehen, beugte er sich zu mir vor und sagte: „Ein guter Junge, wenn auch etwas zu ernst.“
Ich verkniff mir auszuplaudern, was ich von Charles hielt, und bedeutete Johnson mit den Augen, doch fortzufahren.
„Man hat mir berichtet, Ihr stellt eine Expedition zusammen“, sagte er.
„Wir glauben, dass es in dieser Gegend eine Stätte der Vorläufer gibt“, erwiderte ich, wobei ich meine Worte vorsichtig wählte. „Ich bedarf Eurer Kenntnis des Landes und der Menschen hier, um sie zu finden.“
Er verzog das Gesicht. „Leider wurde mir eine Truhe, die meine Rechercheergebnisse enthielt, gestohlen. Ohne sie bin ich nutzlos für Euch.“
Ich wusste aus leidvoller Erfahrung, dass nichts jemals leicht war. „Dann werden wir sie eben suchen“, seufzte ich. „Habt Ihr irgendwelche Hinweise?“
„Mein Partner Thomas Hickey hört sich um. Er versteht sich recht gut darauf, den Leuten die Zunge zu lockern.“
„Sagt mir, wo ich ihn finden kann, und ich werde die Sache vorantreiben.“
„Wir haben gerüchteweise von Banditen erfahren, die südwestlich von hier einen Stützpunkt haben“, sagte William. „Dort müsstet Ihr ihn finden.“
III
Draußen vor der Stadt wogte ein Maisfeld im leichten Nachtwind. Nicht weit entfernt erhob sich die hohe Mauer des Stützpunkts, der den Banditen gehörte, und dahinter erklang der Lärm eines wilden Gelages. Warum auch nicht? , dachte ich. Jeder Tag, an dem man dem Tod durch die Schlinge des Henkers oder die Spitze des Bajonetts eines Rotrocks entging, war ein Grund zum Feiern, wenn man das Leben eines Banditen
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