Assassin's Creed: Der geheime Kreuzzug (German Edition)
brachte keine Ehre, das wusste er, und so schloss er sich denen an, die sich in die Festung zurückzogen, und traf dort gerade ein, als die Tore geschlossen wurden. Er warf noch einen Blick auf die blutige Szenerie draußen, auf die Schönheit Masyafs, die besudelt war von den blutigen Leichen der Dörfler, Soldaten und Assassinen.
Er sah an sich hinab. Seine Kleidung war mit Templerblut bespritzt, er selbst aber war unverletzt geblieben.
„Altaïr!“ Der Ruf riss ihn aus seinen Gedanken. Es war Raufs Stimme. „Komm schon.“
Auf einmal fühlte er sich sehr müde. „Wo gehen wir hin?“
„Wir haben eine Überraschung für unsere Gäste. Tu einfach, was ich tue. Dann wirst du schon sehen … “ Rauf zeigte nach oben zu den Zinnen der Festung. Altaïr schob sein Schwert in die Scheide und folgte Rauf über eine Reihe von Leitern zur Turmspitze hinauf, wo sich die Assassinen-Meister versammelt hatten, unter ihnen auch Al Mualim. Altaïr sah zum Meister hin, der ihn seinerseits jedoch nicht beachtete. Seine Lippen bildeten nur einen dünnen Strich. Rauf wies auf eine von drei hölzernen Plattformen, die über den Abgrund ragten, und bedeutete ihm, seinen Platz darauf einzunehmen. Altaïr atmete tief durch, dann trat er vorsichtig an den Rand der Plattform.
Jetzt stand er über Masyaf und konnte ins Tal hinunterschauen. Seine Kleidung flatterte im rauschenden Wind, und er sah Schwärme von Vögeln, die auf warmen Luftströmungen dahinglitten. Die Höhe ließ ihn schwindeln, der spektakuläre Anblick verschlug ihm den Atem – die sanfte Hügellandschaft, in saftiges Grün getaucht, das schimmernde Wasser des Flusses. Die Toten auf den Hängen waren von hier oben nur Tupfen.
Und dann waren da noch die Templer.
Die Armee der Angreifer hatte sich auf dem Hochland vor einem Wachturm gesammelt, ganz in der Nähe der Festungstore. An ihrer Spitze stand Robert de Sable, der nun vortrat und zu den Zinnen heraufblickte, wo die Assassinen standen. Er richtete das Wort an Al Mualim.
„Ketzer!“, brüllte er. „Gebt zurück, was ihr mir gestohlen habt.“
Er meinte den Schatz. Altaïrs Gedanken schweiften kurz zu dem Kästchen auf Al Mualims Schreibtisch. Es war ihm vorgekommen, als sei ein Leuchten davon ausgegangen …
„Ihr habt keinen Anspruch darauf, Robert“, erwiderte der Meister. Seine Stimme hallte durchs Tal. „Entfernt Euch von hier, ehe ich gezwungen bin, Eure Reihen noch weiter auszudünnen.“
„Ihr treibt ein gefährliches Spiel“, warnte de Sable.
„Ich kann Euch versichern, dass dies kein Spiel ist.“
„So sei es denn“, lautete die Antwort.
Irgendetwas an seinem Ton gefiel Altaïr nicht. Da wandte sich de Sable auch schon an einen seiner Männer. „Bringt die Geisel.“
Aus ihren Reihen zerrten sie den Assassinen hervor. Er war gebunden und geknebelt und wand sich in seinen Fesseln, als man ihn grob nach vorn schleifte. Seine gedämpften Schreie waren bis zur Plattform herauf zu hören, auf der Altaïr stand.
Dann nickte de Sable ohne Umschweife einem neben ihm stehenden Soldaten zu. Der riss dem Assassinen den Kopf an den Haaren in den Nacken, sodass seine Kehle frei lag, und zog ihm die Klinge über den Hals. Dann ließ er den Mann ins Gras fallen.
Den zuschauenden Assassinen stockte der Atem.
De Sable trat neben den daliegenden Mann und stellte ihm einen Fuß auf den Rücken, die Arme wie ein triumphierender Gladiator verschränkt. Ein angewidertes Murmeln ging durch die Reihen der Assassinen, als de Sable auch schon ein weiteres Mal zu Al Mualim heraufrief.
„Euer Dorf liegt in Trümmern, und Eure Vorräte sind wohl kaum unerschöpflich. Wie lange wird es dauern, bis Eure Festung in sich zusammenfällt? Wie wird es um die Disziplin Eurer Männer bestellt sein, wenn die Brunnen versiegen und es nichts mehr zu essen gibt?“ Aus jedem Wort sprach blanke Häme.
Al Mualim blieb jedoch ganz ruhig. „Meine Männer fürchten den Tod nicht, Robert. Sie heißen ihn willkommen. Ihn und die Belohnung, die er bereithält.“
„Gut“, rief de Sable, „dann sollen sie sich nur darauf freuen.“
Natürlich hatte er recht. Die Templer konnten Masyaf belagern und verhindern, dass die Assassinen mit Vorräten versorgt wurden. Wie lange würden sie durchhalten, bis sie so schwach waren, dass de Sable gefahrlos angreifen konnte? Zwei Wochen? Einen Monat? Altaïr konnte nur hoffen, dass der Plan, der Al Mualim vorschwebte, reichte, um das Blatt zu wenden.
Als stünden ihm seine
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