Assassin's Creed: Der geheime Kreuzzug (German Edition)
ein Quartier teilen. Ihr werdet zusammen trainieren, lernen und essen. Wie Brüder. Ihr werdet aufeinander achtgeben. Dafür sorgen, dass dem anderen kein Leid geschieht, weder körperlich noch auf sonst eine Weise. Habe ich mich klar ausgedrückt?“
„Ja, Meister.“
Wenig später wurde Altaïr und Abbas eine gemeinsame Unterkunft zugewiesen. Eine karge Kammer mit zwei Pritschen und einem kleinen Schreibtisch, auf dem Boden eine Binsenmatte. Es gefiel keinem der beiden Jungen, doch Abbas sagte, er werde bald weggehen, sobald sein Vater zurück sei. Nachts wälzte er sich jedoch unruhig im Bett und schrie im Schlaf manchmal auf, während Altaïr im anderen Bett wach lag und Angst vor dem Einschlafen hatte, weil er fürchtete, die Albträume von Ahmad könnten ihn wieder heimsuchen.
Und das taten sie auch. Ahmad hatte ihn seither in jeder Nacht aufgesucht. Er kam mit einem Dolch, der im flackernden Kerzenschein blitzte und den er sich langsam und grinsend durch die eigene Kehle zog.
Altaïr erwachte. Die Wüste ringsum war kühl und still. Eine Brise ließ die Palmen leise rascheln, und hinter ihm tropfte die Quelle. Er wischte sich mit einer Hand über die Stirn und stellte fest, dass er geschwitzt hatte, dann legte er den Kopf wieder nieder und hoffte, wenigstens bis Sonnenaufgang schlafen zu können.
TEIL ZWEI
16
„Das hast du gut gemacht“, sagte Al Mualim am nächsten Tag. „Drei der neun sind tot, und dafür gilt dir mein Dank.“ Sein Lächeln verging. „Aber glaube nicht, du könntest dich auf deinen Lorbeeren ausruhen. Deine Arbeit hat gerade erst begonnen.“
„Ihr könnt ganz über mich verfügen, Meister“, sagte Altaïr in feierlichem Ton. Er war erschöpft, aber froh, dass er in der Gunst des Ordensführers wieder stieg. Auch die Wachen, an denen er vorbeigekommen war, hatten ihr Verhalten ihm gegenüber geändert. Hatten sie ihn bislang nur mit geringschätzigen Blicken bedacht, zollten sie ihm nun, wenn auch widerwillig, Respekt. Seine bisherigen Erfolge waren ihnen also offenbar zu Ohren gekommen. Und auch Al Mualim hatte ihm die Andeutung eines Lächelns geschenkt und einen Sitzplatz angeboten.
Jetzt fuhr der Meister fort. „Der Sieg bei Akkon hat König Richard ermutigt. Er macht sich bereit, nach Süden vorzudringen, in Richtung Jerusalem. Das ist Salah Al’din natürlich nicht verborgen geblieben, und darum sammelt er seine Männer vor der zerstörten Zitadelle von Arsuf.“
Altaïr dachte an Salah Al’din und spannte sich. Seine Gedanken wanderten zurück zu jenem Tag, als die Sarazenen vor den Toren der Festung standen …
„Möchtet Ihr, dass ich Sie alle beide töte?“, fragte er und genoss die Vorstellung, dem Sarazenenführer seine Klinge in den Leib zu stoßen. „Damit könnte ich den Krieg zwischen ihnen beenden, bevor er richtig begonnen hat.“
„Nein“, antwortete Al Mualim scharf und musterte Altaïr so, als läse er seine Gedanken. „Das würde ihre Streitkräfte versprengen, und das Reich wäre der Blutgier von zehntausend herrenlosen Kriegern ohne jedes Ziel ausgeliefert. Es wird noch viele Tage dauern, bis sie aufeinandertreffen, und so lange sie unterwegs sind, kämpfen sie nicht. Du musst dich um eine drängendere Gefahr kümmern … nämlich um die Männer, die sich während der Abwesenheit von Richard und Salah Al’din den Anschein geben, die Regierungsgeschäfte zu führen.“
Altaïr nickte. Seine Rachevision schob er einstweilen wieder beiseite. „Gebt mir Namen, und ich gebe Euch Blut.“
„Dann hör gut zu. Es geht um Abu’l Nuquod, den reichsten Mann in Damaskus, um Majd Addin, den Regenten von Jerusalem, und Wilhelm von Montferrat, den Lehnsherrn von Akkon.“
Die Namen waren Altaïr natürlich bekannt. Jede dieser Städte war geprägt vom üblen Einfluss ihres Führers. „Welche Verbrechen haben sie begangen?“, wollte er wissen. Er fragte sich, ob hinter diesen Verbrechen mehr steckte, als es den Anschein hatte, so wie es auch in den anderen Fällen gewesen war.
Al Mualim breitete die Hände aus. „Habgier. Hochmut. Die Ermordung von Unschuldigen. Misch dich unter die Bewohner ihrer Städte. Dort wirst du die Geheimnisse über ihre Sünden erfahren. Und zweifle nicht daran, dass diese Männer Hürden auf dem Weg zum Frieden sind, den wir anstreben.“
„Dann werden sie sterben“, erklärte Altaïr gehorsam.
„Kehre nach dem Tod eines jeden Einzelnen von ihnen zu mir zurück, damit wir ihre Absichten besser
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