Assassin's Creed: Die Bruderschaft (German Edition)
besaß, die – wenn sie unkontrolliert freigesetzt wurden – den Geist eines Menschen überwältigen und undenkbare Möglichkeiten und Welten eröffnen konnten.
Sie konnten eine Verheerung bewirken, die so schrecklich war, dass sie alle Vorstellungskraft überstieg.
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Das Konklave war unentschieden. Trotz Kardinal della Roveres Bemühungen, ihn zu überlisten, besaß Cesare offenkundig immer noch genug Einfluss, um ihn in Schach zu halten. Angst oder eigene Interessen ließen die Kardinäle in ihrem Entschluss wanken. Machiavelli hatte eine Vermutung, was sie vorhatten – sie wollten einen Kandidaten wählen, der nicht lange durchhalten würde, aber von allen Parteien akzeptiert wurde. Ein Interims-Papst, ein Verwalter sozusagen, der die Geschäfte führte, bis die Macht von selbst wieder ins Gleichgewicht kam.
Mit diesen Gedanken im Hinterkopf war Ezio durchaus erfreut, als Claudia – nach wochenlanger Pattsituation – mit Neuigkeiten auf die Tiberinsel kam.
„Der Kardinal von Rouen – ein Franzose namens Georges d’Amboise – hat unter … Druck verraten, dass Cesare ein Treffen mit Templer-Loyalisten außerhalb von Rom geplant hat. Der Kardinal wird auch daran teilnehmen.“
„Wann findet es statt?“
„Heute Abend.“
„Wo?“
„Der Treffpunkt wird bis zum letzten Moment geheim gehalten.“
„Dann werde ich zum Wohnsitz des Kardinals gehen und ihm folgen, wenn er aufbricht.“
„Man hat einen neuen Papst gewählt“, sagte Machiavelli im Hereineilen. „Euer französischer Kardinal, Claudia, wird Cesare die Nachricht heute Abend überbringen. Eine kleine Delegation, die den Borgia noch wohlgesonnen ist, wird ihn begleiten.“
„Wer ist der neue Papst?“, fragte Ezio.
Machiavelli lächelte. „Es ist so gekommen, wie ich es mir dachte“, sagte er. „Kardinal Piccolomini. Er ist kein alter Mann, gerade einmal vierundsechzig, aber um seine Gesundheit ist es schlecht bestellt. Er wird sich Pius III . nennen.“
„Wen unterstützt er?“
„Das wissen wir noch nicht, aber sämtliche ausländischen Botschafter drängten Cesare, Rom während der Wahl zu verlassen. Della Rovere ist wütend, aber er wird sich weiter in Geduld üben.“
Ezio verbrachte den Rest des Tages damit, sich mit Bartolomeo zu beraten, und gemeinsam stellten sie eine gemischte Streitmacht aus Rekruten und condottieri zusammen, die stark genug für einen Kampf war, zu dem es mit Cesare kommen mochte.
„War vielleicht ganz gut, dass Ihr Cesare in seinem palazzo doch nicht umgebracht habt“, meinte Bartolomeo. „So wird er jetzt alle seine Unterstützer zu sich holen, und wir können sie auf einen Schlag erledigen.“ Er sah Ezio an. „Wie ich Euch kenne, mein Freund, habt Ihr das vielleicht sogar so geplant.“
Ezio lächelte und kehrte in seine Unterkunft zurück, wo er sich die Pistole umschnallte und die Doppelklinge in der Tasche an seinem Gürtel verstaute.
* * *
Mit einer kleinen handverlesenen Gruppe bildete Ezio die Vorhut. Der Rest folgte ihnen mit einigem Abstand. Als der Kardinal von Rouen am späten Nachmittag mit seinen Begleitern und deren Gefolge losritt, folgten Ezio und seine Reiter ihnen in sicherer Distanz. Sie mussten nicht lange reiten, ehe der Kardinal vor einem großen Landsitz anhielt, dessen Villa nahe des Ufers des Lago di Bracciano hinter befestigten Mauern lag.
Ezio kletterte allein an der Wand der Villa hinauf und beschattete die Kardinäle auf ihrem Weg in den Großen Saal, wo er sich unter die gut hundert führenden Borgia-Offiziere mischte. Es waren noch viele weitere Leute aus anderen Ländern zugegen, die Ezio zwar nicht kannte, von denen er aber wusste, dass es sich um Angehörige des Templerordens handeln musste. Cesare, der sich inzwischen vollständig erholt hatte, stand auf einem Podium inmitten des überfüllten Saales. An den steinernen Wänden flackerten Fackeln in ihren Halterungen. Sie ließen Schatten tanzen und verliehen dem Kongress eher die Stimmung eines Hexensabbats als einer Versammlung militärischer Kräfte.
Draußen fanden sich Borgia-Soldaten in einer Zahl ein, die Ezio überraschte; aber er hatte ja gehört, wie Cesare sagte, dass Micheletto seine verbliebenen Truppen aus den Provinzen zur Verstärkung zurückbringen werde. Er befürchtete, dass Bartolomeos Männer und seine eigenen Rekruten, die ein paar Hundert Meter von der Villa entfernt Stellung bezogen hatten, diesem Aufgebot nicht gewachsen sein könnten. Aber jetzt war es zu spät.
Ezio
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