Assassin's Creed: Renaissance - Der offizielle Roman zum Videogamebestseller Assassin’s Creed 2 (German Edition)
Berge, nach Forlì.
Nach mehrtägiger Reise sah er in der Ferne endlich die Türme der Stadt. Aber er war müde, ausgelaugt von seiner nicht enden wollenden Aufgabe, von seinem Versagen, von seiner Einsamkeit. Auf dem Rückweg hatte er viel Zeit gehabt über Cristina nachzudenken und darüber, was hätte sein können, wäre ihm nicht dieses Los auferlegt worden. Aber da es nun einmal so war, konnte er sein Leben nicht ändern. Und, so wurde ihm bewusst, er hätte es ohnehin nicht getan.
Er hatte die Brücke zum Südtor erreicht und war jetzt so nahe, dass er auf den Wehrgängen Menschen sehen konnte, als die Erschöpfung ihn endgültig übermannte und er das Bewusstsein verlor.
Als er das nächste Mal zu sich kam, fand er sich in einem Bett wieder, mit sauberem weißen Leinen zugedeckt, auf einer sonnigen Terrasse im Schatten von Weinranken. Eine kühle Hand strich über seine Stirn und hielt ihm einen Becher mit Wasser an die Lippen.
„Ezio! Gott sei Dank, Ihr seid wieder bei uns. Geht es Euch gut? Was ist mit Euch geschehen?“ Die Fragen sprudelten Caterina in gewohntem Ungestüm über die Lippen.
„Ich … ich weiß es nicht …“
„Man sah Euch von der Mauer aus. Ich ging selbst mit hinaus. Ihr müsst wer weiß wie lange unterwegs gewesen sein, und Ihr habt eine furchtbare Verletzung.“
Ezio rang mit seinem Gedächtnis. „Mir fällt etwas ein … ich hatte Checco den Apfel abgenommen … aber da war ein anderer Mann, der später kam, und … er hat den Apfel mitgenommen!“
„Wer?“
„Er trug eine schwarze Kutte, wie ein Mönch … und ich glaube … ihm fehlte ein Finger!“ Ezio versuchte mühsam, sich aufzusetzen. „Wie lange liege ich schon hier? Ich muss aufbrechen – sofort!“ Er wollte aufstehen, aber es war, als bestünden seine Glieder aus Blei, und als er sich bewegte, befiel ihn ein schreckliches Schwindelgefühl, sodass er gezwungen war, sich wieder hinzulegen.
„Herrje! Was hat dieser Mönch mit mir gemacht?“
Caterina beugte sich über ihn. „Ihr müsst noch hierbleiben, Ezio. Selbst Ihr braucht Zeit, um Euch zu erholen, wenn Ihr in den Kämpfen, die vor Euch liegen, bestehen wollt. Und ich sehe einen langen, anstrengenden Weg vor Euch. Aber Kopf hoch! Niccolò ist nach Florenz zurückgekehrt. Er wird sich dort um alles kümmern. Und die übrigen Assassinen sind wachsam. Also bleibt eine Weile …“ Sie küsste ihn auf die Stirn und dann, erst zögerlich, auf die Lippen. „Und wenn ich irgendetwas tun kann, um Eure Genesung … voranzutreiben, braucht Ihr es nur zu sagen.“ Ihre Hand begann ganz sanft unter dem Laken nach unten zu wandern, bis sie ihr Ziel fand. „Hoppla“, lächelte sie. „Ich glaube, es gelingt mir bereits … ein wenig.“
„Ihr seid vielleicht ein Weib, Caterina Sforza.“
Sie lachte. „ Tesoro, wenn ich je die Geschichte meines Lebens schriebe, würde ich die Welt schockieren.“
* * *
Ezio war stark und mit dreißig Jahren immer noch ein junger Mann in der Blüte seines Lebens. Darüber hinaus hatte er sich dem härtesten Training unterzogen, das man sich nur vorstellen konnte, und so war es eigentlich kein Wunder, dass er schneller wieder auf den Beinen war, als es bei den meisten anderen der Fall gewesen wäre. Aber Checcos Hieb hatte seinen rechten Arm deutlich geschwächt, und er wusste, dass er hart an sich arbeiten musste, um jene Kräfte wiederzuerlangen, die er brauchte, um sein Werk fortzusetzen. Er zwang sich zur Geduld, und unter Caterinas verständnisvoller Anleitung verbrachte er diese Zeit ruhig und friedlich in Forlì, wo er oft unter den Weinranken saß und in eines von Polizianos Büchern vertieft war; aber öfter noch traf man ihn bei allen möglichen sportlichen Übungen an.
Und dann kam ein Morgen, an dem Caterina ihn reisefertig gekleidet in seinem Zimmer antraf und ein Page ihm soeben beim Anziehen seiner Reitstiefel behilflich war. Sie setzte sich neben ihm aufs Bett.
„Dann ist der Zeitpunkt also gekommen?“, fragte sie.
„Ja. Ich kann nicht länger warten.“
Sie wirkte traurig und verließ den Raum, kehrte aber kurz darauf mit einer Schriftrolle zurück. „Nun, dieser Augenblick musste schließlich kommen“, sagte sie, „und deine Aufgabe ist weiß Gott wichtiger als dein Vergnügen – für das, wie ich hoffe, ein andermal bald wieder Zeit sein wird!“ Sie zeigte ihm die Schriftrolle. „Hier, ich habe dir ein Abschiedsgeschenk mitgebracht.“
„Was ist das?“
„Etwas, das du brauchen
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