Assassin's Creed: Renaissance - Der offizielle Roman zum Videogamebestseller Assassin’s Creed 2 (German Edition)
Aber ich rate Euch, Handschuhe zu tragen, wenn Ihr den Apparat benutzt. Die Klinge ist sehr, sehr scharf.“
Ezio war zu fasziniert – und zu dankbar –, um Leonardo lange zu grollen. „Das ist etwas ganz Außergewöhnliches“, sagte er und fuhr den Dolch ein paar Mal aus und ein, bis er die Bedienung perfekt heraushatte. „Unglaublich.“
„Nicht wahr?“, meinte Leonardo. „Seid Ihr sicher, dass Ihr keine weiteren Seiten wie diese habt?“
„Bedaure.“
„Nun, solltet Ihr zufällig noch welche finden, möchte ich Euch bitten, sie mir zu bringen.“
„Ihr habt mein Wort. Und was bin ich Euch schuldig für …?“
„Es war mir ein Vergnügen. Sehr lehrreich. Ihr seid mir nichts …“
Sie wurden von einem lauten Hämmern gegen die Tür des Ateliers nebenan unterbrochen. Leonardo eilte nach vorn, wo Agniolo und Innocento angstvoll aufblickten. Draußen vor der Tür erhob sich eine lautstarke Stimme: „Macht auf, das ist ein Befehl der florentinischen Garde!“
„Einen Moment bitte!“ rief Leonardo zurück. In leiserem Ton wies er Ezio an: „Bleibt da hinten.“
Dann öffnete er die Tür und stellte sich so hin, dass er dem Gardisten den Zutritt verwehrte.
„Seid Ihr Leonardo da Vinci?“, fragte der Gardist in jenem lauten, offiziellen Ton, der andere einschüchtern sollte.
„Was kann ich für Euch tun?“, entgegnete Leonardo und trat auf die Straße hinaus, womit er den anderen zwang, einen Schritt zurückzuweichen.
„Ich bin bevollmächtigt, Euch ein paar Fragen zu stellen.“ Leonardo war inzwischen um den Mann herumgegangen, der sich wiederum ihm zuwandte und nun mit dem Rücken zur Tür des Ateliers stand.
„Worum geht es?“
„Uns wurde gemeldet, dass Ihr gerade mit einem gesuchten Feind der Stadt verkehrt.“
„Ich? Verkehren? Absurd!“
„Wann habt Ihr Ezio Auditore zuletzt gesehen oder gesprochen?“
„Wen?“
„Führt mich nicht an der Nase herum. Wir wissen, dass Ihr der Familie nahestandet. Der Mutter habt Ihr ein paar Eurer Klecksereien verkauft. Soll ich Eure Erinnerung ein wenig auffrischen?“ Und damit stieß der Gardist dem Künstler das Stielende seiner Hellebarde in den Bauch. Mit einem spitzen Schrei klappte Leonardo zusammen und stürzte zu Boden, wo der Gardist nach ihm trat. „Seid Ihr jetzt bereit zu reden? Ich kann Euch Künstlervolk nicht ausstehen. Alles Schwuchteln.“
Der ganze Zwischenfall hatte Ezio genug Zeit verschafft, um lautlos durch die Tür nach draußen und hinter den Gardisten zu treten. Die Straße war menschenleer. Der verschwitzte Nacken des Mannes lag frei vor ihm. Eine gute Gelegenheit, sein neues Spielzeug auszuprobieren. Er hob die Hand, löste den Mechanismus aus, und die Klinge schoss geräuschlos hervor. Mit einem Ruck seiner nun offenen rechten Hand rammte Ezio dem Gardisten die Klinge seitlich in den Hals. Die frisch geschliffene Klinge war höllisch scharf und schnitt widerstandslos durch die Schlagader des Mannes. Der Gardist brach zusammen und war tot, noch ehe er auf den Boden schlug.
Ezio war Leonardo beim Aufstehen behilflich.
„Danke“, sagte der erschütterte Künstler.
„Es tut mir leid … Ich wollte ihn nicht umbringen … aber es war keine Zeit …“
„Manchmal bleibt uns keine Wahl. Inzwischen sollte ich an so etwas gewöhnt sein.“
„Wie meint Ihr das?“
„Ich war in den Saltarelli-Fall verwickelt.“
Da fiel es Ezio wieder ein. Jacopo Saltarelli, ein junges Künstlermodell, war vor ein paar Wochen der Prostitution bezichtigt worden, und Leonardo sowie drei anderen hatte man vorgeworfen, als Stammkunden seine Dienste in Anspruch zu nehmen. Mangels Beweisen war es zu keiner Verurteilung gekommen, aber nach der ganzen Schlammschlacht war doch etwas an ihm hängengeblieben. „Aber Homosexuelle werden bei uns doch nicht belangt“, meinte Ezio. „Ich glaube mich sogar zu erinnern, dass die Deutschen sie deshalb Florenzer nennen.“
„Offiziell ist es trotzdem gesetzeswidrig“, antwortete Leonardo trocken. „Man kann mit einem Bußgeld belegt werden. Und mit Männern wie Alberti an der Macht …“
„Was soll nun mit der Leiche werden?“
„Oh“, meinte Leonardo, „die ist ein Glücksfall. Helft mir, den Kerl hineinzubringen, bevor uns jemand sieht. Ich lege ihn zu den anderen.“
„Glücksfall? Andere?“
„Im Keller ist es ziemlich kühl. Da halten sie sich eine Woche lang. Ich bekomme hin und wieder vom Krankenhaus den einen oder anderen Leichnam, den niemand sonst haben will.
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