Assassin's Creed: Renaissance - Der offizielle Roman zum Videogamebestseller Assassin’s Creed 2 (German Edition)
ungekämmt, war bereits auf seinem Posten. Auch vier müde Pazzi-Armbrustschützen hatten ihre Plätze in den Ecken des Turmes eingenommen. Aber als vertraute er nicht genug auf die Armbrustschützen, hielt Antonio Maffei in seiner rechten Hand – die linke umklammerte eine Bibel – einen verzierten Dolch. Er schwang schon zu dieser frühen Stunde seine Reden, und als Ezio sich dem oberen Ende des Turmes näherte, verstand er, was Maffei da predigte.
„Bürger von San Gimignano, beherzigt meine Worte! Ihr müsst bereuen. BEREUEN! Und Vergebung suchen … Betet mit mir, meine Kinder, auf dass wir der Finsternis widerstehen, die sich über unsere geliebte Toskana gesenkt hat! Erhöre mich, oh Himmel, und ich werde sprechen. Und höre, oh Erde, die Worte aus meinem Munde. Lass meine Lehren niedergehen wie Regen, meine Worte zu Tau werden, wie Regentropfen auf zarten Kräutern, wie Regengüsse auf Gras. Denn ich verkünde den Namen des Herrn! Er ist der Fels! Sein Werk ist vollkommen, denn all seine Wege sind gerecht! Rechtschaffen und aufrichtig ist er. Doch jene, die sich verdorben haben, sind nicht seine Kinder – eine befleckte, entartete und unehrliche Generation sind sie! Bürger von San Gimignano – begegnet ihr so dem Herrn? Oh, närrisches und dummes Volk! Ist er nicht der Vater, der euch gebar? Lasst euch läutern im Licht seiner Gnade!“
Ezio setzte leichtfüßig über die Wehrmauer des Turmes und bezog Stellung nahe der Falltür über der Treppe, die nach unten führte. Die Armbrustschützen versuchten ihre Waffen auf ihn zu richten, aber die Distanz zwischen ihnen war kurz, und er hatte das Überraschungsmoment auf seiner Seite. Er duckte sich, packte den einen an den Fersen und kippte ihn über die Zinnen, wo er heulend in die Tiefe stürzte und zweihundert Fuß tiefer auf dem Pflaster den Tod fand. Bevor die anderen reagieren konnten, war Ezio um einen zweiten herumgegangen und stach ihm in den Arm. Der Mann blickte überrascht auf die kleine Wunde, aber dann wurde er grau im Gesicht und brach zusammen, und das Leben wich binnen eines Augenblicks aus ihm. Ezio hatte sich seine neue Giftklinge um den Arm geschnallt, denn für einen fairen Kampf auf Leben und Tod war keine Zeit. Er kreiselte zum dritten Mann herum, der seine Armbrust fallen ließ und versuchte, an ihm vorbei und zur Treppe zu gelangen. Als sie auf gleicher Höhe waren, trat Ezio ihm in den Hintern, und der Mann stürzte kopfüber die Holzstufen hinunter und brach sich auf dem ersten Absatz vernehmlich die Knochen. Der letzte Mann hob die Hände und brabbelte irgendetwas. Ezio musterte ihn von Kopf bis Fuß und sah, dass der Mann sich eingenässt hatte. Er trat beiseite und erlaubte dem verängstigten Armbrustschützen mit einer ironischen Verbeugung, die Treppe hinunterzustürmen, wo die verkrümmte Gestalt seines Kameraden lag.
Dann wurde Ezio im Nacken vom schweren Stahlknauf eines Dolches getroffen. Maffei hatte sich von seinem Schreck über den Angriff erholt und sich von hinten an Ezio herangemacht. Der wankte unter dem Hieb nach vorn.
„Ich werde dich in die Knie zwingen, Sünder!“, schrie der Priester. Schaum trat ihm aus den Mundwinkeln. „Flehe um Vergebung!“
Warum vergeuden die Leute ihre Zeit nur mit Reden, dachte Ezio, der Gelegenheit hatte, sich wieder zu fangen und umzudrehen, derweil der Priester keifte.
Die beiden Männer umkreisten einander auf dem engen Raum. Maffei stieß immer wieder mit dem schweren Dolch zu. Er war offenkundig ein ungeübter Kämpfer, aber Verzweiflung und Fanatismus machten ihn dennoch gefährlich, und Ezio musste ein ums andere Mal beiseite springen, um der wild hin- und hergeschwungenen Klinge auszuweichen, wodurch er selbst keine Chance hatte, einen Treffer zu landen. Schließlich gelang es ihm aber doch, das Handgelenk des Priesters abzufangen und ihn nach vorn zu zerren, sodass sie sich Brust an Brust gegenüberstanden.
„Ich werde dich wimmernd zur Hölle schicken“, geiferte Maffei.
„Zeigt etwas Respekt vor dem Tod, mein Freund“, entgegnete Ezio.
„Ich werde dir gleich zeigen, was Respekt ist!“
„Gebt auf, und ich schenke Euch Zeit für ein Gebet.“
Maffei spuckte Ezio in die Augen und zwang ihn zum Loslassen. Dann stach er schreiend mit seinem Dolch nach Ezios linkem Unterarm, musste aber zusehen, wie die Klinge abglitt, ohne Schaden anzurichten. Der metallene Armschutz war unter Ezios Kleidung verborgen.
„Welcher Dämon beschützt dich?“, fauchte
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