Assassin's Creed: Revelations - Die Offenbarung (German Edition)
ihn nicht aufzuhalten.
Seine Gedanken wurden durch ein höfliches Räuspern gestört, das hinter ihm erklang. Er drehte sich um – und sah Prinz Suleiman vor sich stehen.
„Wie lange seid Ihr schon da?“, wollte Ezio wissen.
„Lange genug. Hinter diesem Arazzo. Ich habe Eure Unterhaltung mit angehört. Ich lasse meinen Onkel verfolgen, seit er von seiner kleinen Auslandsreise zurückkehrte. Genauer gesagt, behalte ich ihn im Auge, seit er versucht hat, mich umzubringen. Ein Versuch, den Ihr mit Eurer Laute so geschickt vereitelt habt.“ Er schwieg kurz. „Trotzdem hätte ich nie damit gerechnet … so etwas zu hören.“
„Und was denkt Ihr?“
Suleiman überlegte einen Moment lang, bevor er antwortete. Dann sagte er mit einem Seufzen: „Er ist ein ehrlicher Mensch. Aber diese Templer-Fantasie, der er anhängt, ist gefährlich. Sie ist wie ein Schlag ins Gesicht der Wirklichkeit.“ Er schüttelte den Kopf. „Ezio, ich mag zwar noch jung sein, aber ich lebe doch schon lange genug, um zu wissen, dass die Welt ein Gobelin aus vielen Farben und Mustern ist. Ein gerechter Herrscher würde diese Tatsache feiern und nicht versuchen, dieses Gewebe aufzutrennen.“
„Er fürchtet die Unordnung, die sich aus Unterschieden ergibt.“
„Deshalb machen wir Gesetze, um danach zu leben – ein kanun , der für alle gleichermaßen gilt.“
Sie wurden vom Eintreffen einer Wachpatrouille der Janitscharen unterbrochen, die von den Assassinen draußen hereingelassen worden war, weil diese Kohorte auf Suleimans Seite stand. Doch als ihr Leutnant Ezio erblickte, zog er seinen Säbel.
„Zurück, mein prens !“, sagte der Offizier und wollte Ezio festnehmen.
„Haltet ein, Soldat!“, erwiderte Suleiman. „Dieser Mann ist nicht unser Feind.“
Der Leutnant zögerte noch kurz, dann beorderte er seine Männer hinaus, eine halblaute Entschuldigung auf den Lippen.
Suleiman und Ezio lächelten einander zu.
„Es ist viel geschehen seit jener ersten Reise“, meinte Suleiman.
„Ich dachte, was es für eine Herausforderung sein muss, einen Sohn wie Euch zu haben.“
„Noch seid Ihr nicht tot, mein Freund. Vielleicht bekommt Ihr ja noch einen Sohn, der Eurer würdig ist.“ Suleiman machte Anstalten zu gehen, als ihm noch etwas einfiel. „Ezio, ich weiß, dass Ihr unter ärgstem Druck stehen werdet, aber … verschont meinen Onkel, wenn Ihr könnt!“
„Würde Euer Vater das tun?“
Suleiman antwortete ohne Zögern. „Darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht, aber … nein, wohl nicht.“
70
Ezio machte sich so schnell wie möglich auf den Weg zum Hauptquartier der Assassinen von Istanbul. Dort angelangt, nahm er die vier Schlüssel, die er bereits geborgen hatte, und fügte denjenigen hinzu, den er Manuel in Derinkuyu abgenommen hatte. Alle fünf packte er vorsichtig in eine Schultertasche, die er sich umhängte. Die Hakenklinge schnallte er sich ans rechte Handgelenk, die Pistole ans linke, und für den Fall, dass eine rasche Flucht vom Turm nötig sein sollte, verstaute er Leonardos Fallschirm in einem Rucksack.
Doch bevor er zum Turm aufbrach, galt es schnell noch eine Pflicht zu erfüllen. Er eilte zum Galata-Friedhof, wo Yusufs Leichnam bereits hingeschafft worden war.
Dogan hatte das Amt des Hauptmanns der Assassinen von Istanbul übernommen. Er trat vor, um Ezio zu begrüßen.
„Mentor.“
„Mentor“, sagte auch Irini, die zur Begrüßung auf ihn zutrat.
Ezio stellte sich vor den Sarg und richtete kurz das Wort an die Versammelten. „Ich weiß, dass es jetzt eigentlich an der Zeit wäre, sich zu erinnern und zu trauern. Aber unsere Feinde erlauben uns diesen Luxus nicht.“ Er wandte sich an Dogan. „Ich weiß, dass Yusuf große Stücke auf Euch hielt, und ich sehe keinen Grund, sein Urteil infrage zu stellen. Tragt Ihr die Kraft und den Mut in Eurem Herzen, diese Männer und Frauen anzuführen und die Würde der Bruderschaft aufrechtzuerhalten, wie es Yusuf tat?“
„Es wäre mir eine Ehre“, erwiderte Dogan.
„So wie es eine Ehre sein wird, weiterhin für unsere Ziele zu arbeiten und das Credo zu unterstützen“, sagte Evraniki, der neben ihm stand.
„Bene.“ Ezio nickte. „Das freut mich.“ Er trat zurück und ließ den Blick über die Gebäude schweifen, die den Friedhof umgaben, und dorthin, wo sich der Galata-Turm erhob. „Unser Feind ist nahe“, fuhr er dann fort. „Wenn die Trauerfeierlichkeiten vorbei sind, geht Ihr rings um den Turm in Stellung und wartet auf mein
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