Assassin's Creed: Revelations - Die Offenbarung (German Edition)
Konzentration.
68
Ezio wurde sich wieder bewusst, wo er war. Das Licht in der Kabine wurde wieder zum angenehmen Halbdunkel. Er roch das Zedernholz der Wände und Einrichtung, sah die Staubkörnchen im Sonnenlicht tanzen, das durch das Bullauge hereinfiel, und hörte das Geräusch schneller Schritte an Deck, die Rufe der Matrosen und das Knarren der Rahen, als die Segel gehisst wurden.
Die Reise hatte begonnen.
Draußen auf dem Meer sahen sie das Segel von Berberpiraten, das Ezio und Piri an ihren alten Freund al-Scarab denken ließ, doch das Piratenschiff drehte ab und griff sie nicht an. Zumeist waren sie auf der fünfzehntägigen Reise allein auf dem weindunklen, von Makrelen wimmelnden Wasser, und Ezio verbrachte seine Zeit mit vergeblichen Versuchen, die Symbole auf den Schlüsseln zu entziffern. Er wünschte, Sofia wäre hier, um ihm zu helfen, sorgte sich um ihre Sicherheit und wartete zunehmend ungeduldiger darauf, dass sie endlich ans Ziel kämen.
Schließlich dämmerte der lang erwartete Tag herauf, an dem die Kuppeln, die von Wolken gekrönten Turmspitzen, die Mauern, die Glockentürme und Minarette von Konstantinopel am Horizont auftauchten.
„Wir werden am Nachmittag einlaufen“, sagte Piri Reis.
„Je früher, desto besser.“
Der Hafen war voll wie immer, aber es war ein schwüler, drückender Tag, und es war die Zeit der Mittagsruhe. Eine besonders dichte Menge drängte sich um einen Herold, der auf einem Podium am Uferende des Hauptkais stand. Bei ihm war ein Trupp Janitscharen in ihren wehenden weißen Gewändern. Während die rote Dau entladen wurde, ging Ezio hinüber, um sich anzuhören, was der Mann zu sagen hatte.
„Bürger des Reiches und Reisende aus fremden Ländern, gebt acht! Auf Anordnung der Janitscharen gelten nun neue Beschränkungen für all jene, die in die Stadt einreisen oder ausreisen wollen. Ich gebe hiermit bekannt, dass jeder, der Informationen liefert, die zur sofortigen Gefangennahme des Assassinen Ezio Auditore führen, eine Belohnung in Höhe von zehntausend akçe erhält.“
Ezio schaute zurück zu Piri Reis und wechselte einen Blick mit ihm. Piri kam unauffällig zu ihm.
„Seht zu, dass Ihr von hier verschwindet!“, sagte er. „Habt Ihr Euren Schlüssel dabei?“
„Ja.“
„Dann nehmt Eure Waffen und geht! Ich kümmere mich um den Rest Eurer Sachen.“
Ezio nickte dankend, schob sich rasch durch die Menge und tauchte in der Stadt unter.
Auf indirektem Weg ging er zu Sofias Laden und vergewisserte sich unterwegs immer wieder, dass er weder verfolgt noch erkannt wurde. Je näher er seinem Ziel kam, desto mehr wuchsen seine Erleichterung und seine freudige Erwartung. Als er jedoch in ihre Straße einbog, blieb er wie erstarrt stehen. Die Ladentür stand weit offen, in der Nähe hatte sich eine kleine Menschenmenge versammelt, und eine Gruppe von Yusufs Assassinen, darunter Dogan und Kasim, hielten Wache.
Ezio ging rasch zu ihnen. Seine Kehle war trocken. „Was ist los?“, fragte er Kasim.
„Geht hinein“, sagte Kasim knapp. Ezio sah Tränen in seinen Augen schimmern.
Er betrat den Laden. Darin sah es noch genauso aus wie bei seinem Abschied, doch als er den Innenhof erreichte, blieb ihm ob des Anblicks, den er dort vorfand, beinah das Herz stehen.
Yusuf lag mit dem Gesicht nach unten auf einer Bank. Zwischen seinen Schulterblättern ragte der Griff eines Dolchs empor.
„Mit dem Dolch war eine Nachricht an seinem Rücken befestigt“, sagte Dogan, der ihm gefolgt war. „Sie ist an Euch adressiert. Hier.“ Er reichte Ezio ein blutbeflecktes Stück Pergament.
„Habt Ihr die Nachricht gelesen?“
Dogan nickte.
„Wann ist das geschehen?“
„Heute. Es kann noch nicht lange her sein, da noch kaum Fliegen angelockt wurden.“
Ezio, gefangen zwischen Tränen und Zorn, zog den Dolch aus Yusufs Rücken. Es trat kein frisches Blut mehr aus der Wunde.
„Ihr habt Euch Eure Ruhe verdient, Bruder“, sagte er leise. „ Requiescat in Pace.“ Dann faltete er das Stück Pergament auseinander. Die Nachricht darauf, sie stammte von Ahmet, war kurz, doch ihre Worte ließen Ezio vor Wut kochen.
Inzwischen hatten weitere Assassinen den Hof betreten, und Ezio blickte von einem zum anderen.
„Wo ist Sofia?“, stieß er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor.
„Wir wissen nicht, wo er sie hingebracht hat.“
„Fehlt sonst noch jemand?“
„Wir können Azize nicht finden.“
„Brüder! Schwestern! Es scheint, als wollte Ahmet, dass sich
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