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Astragalus

Titel: Astragalus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albertine Sarrazin
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spiele ich mit Nounouche im Gärtchen, rede nicht, langweile mich. Ich habe nichts mit ihrer Vergangenheit, ihrer Gegenwart und ihrer Zukunft zu tun; Annie und ich sind zwei Krawattenunternehmerinnen, die darauf warten, dass der freigelassene Dédé seinen Dienst im Baugewerbe wieder aufnimmt und zwei Zwillingshäuser baut, um uns zwei Paare aufzunehmen. Ja, ja, solche Projekte füllen unsere Abende, aber hier … Was soll ich sagen? Dieser Sonntag existiert, grau und geschwätzig. Man muss ihn hinter sich bringen, wie die Sonntage im Bau, Mund zu und lächeln, Ohren auf und strahlen, mit dem Unterschied, dass hier das Hähnchen mit Reis und Paprikaschoten, Erbsen oder Kartoffeln das geschmorte, gebratene oder gehackte Rindfleisch ersetzt.
    Der Pernod, der Rauch, das Hähnchen, die Stimmen, alles vermischt sich und drückt mir aufs Herz, ich bin allein, schwer, weit weg. Wann kann ich endlich laufen, um mich endgültig von diesen Leuten zu entfernen? Meine Anwesenheit stört sie nicht: Julien sieht nach dem Rechten, bezahlt wieder eine Rate und verschwindet. Ich verstecke meine Undankbarkeit, meine Stinkwut, meine ständige Enttäuschung: Wie viel lieber waren mir meine Gauner aus der Série Noire ! Seit meiner Flucht habe ich nur mit Exknackis, Erwischten und Nichterwischten zu tun; natürlich hatte ich als Vorspiel für mein Wiedersehen mit Rolande nicht die Absicht, mich mit anderen Leuten abzugeben, ich träumte von schlechten Beziehungen, schlechten Erfahrungen, einem Haufen Schlechtigkeiten, die ich vor ihr ausbreiten würde; aber meine Träume zerbröckeln, der Sommer neigt sich, Rolande entwirklicht sich … Guten Tag, ich bin’s: Siehst du, ich bin gekommen. Was kannst du, was willst du mit mir anfangen, morgen, wenn wir miteinander gegessen, getrunken, gequatscht und geschlafen haben? Glaubst du, dass ich noch scharf darauf bin, zu den Quellen deines Arschs zu pilgern, jetzt, wo mir andere Quellen der Lust und der Tränen wieder eingefallen sind? Zwischen dir und mir lässt die Zeit ihre Mauer mit jeder Sekunde höher wachsen; ich bleibe in der Nacht, aber wenn irgendwo eine Morgendämmerung strahlt und ich den Weg dorthin entdecke, werde ich den Weg gehen, ohne mich auf dich zu stützen, Rolande, du Miststück, weil es deine Schuld ist, dass meine Haxe ramponiert ist, ja: Ich wäre sowieso abgehauen, ich hätte Julien trotzdem getroffen, und ich wäre heute nicht verpflichtet, an dich zu denken, meine Süße, mit Dankbarkeit und Wut im Bauch. Ich weiß nicht, ob ich die Frauen immer noch vernaschen will und ob ich die Männer immer noch verschmähe; aber den einen Mann zum Vernaschen und die eine Frau zum Verschmähen, deren Namen weiß ich … Julien … aber … ich liebe dich! …
    Julien, ich will die Worte nicht verschwenden, ich verschließe meinen Mund mit deinen Küssen, aber ich begreife, dass die Zeit gekommen ist, dass ich nicht mehr beliebig herumhüpfen kann, dass ich einen einzigen Weg einschlagen muss, oh, Rolande, Julien, es zerreißt mich …
    Im Knast teilten wir die Sonntage zwischen Tanz und Kartenspiel. Die Karten waren meine Buße: Sobald der Trumpf umgedreht war, interessierte mich die Partie nicht mehr. Ich beobachtete das Spiel der Hände, die Anmut oder die Schwerfälligkeit, mit der sie die Karten hielten, den überraschten oder ausdruckslosen Blick. Aber das Kreuzass, den »Triumph« in der Sprache der Kartenlegerinnen, mochte ich gern; zwei, drei Kleeblattkarten an einem Tag verhießen uns größten Erfolg … Ja, es war höchste Zeit, dass ich den Abflug machte: Kreuzass, Benzin, das Gift verdrehter Träume, die Onanie und der ganze Knast führten direkt in die Psychiatrie von Sainte-Anne. Jeden Tag fliege ich etwas weiter weg vom Wahnsinn …
    Annie hat drei Kartenspiele, zwei davon alte, zerfledderte für die Belote-Partien, die Nounouche sonntags mit ihren Puppen spielt, zwischen den Füßen der Großen, die oben auf dem Tisch spielen. Daraus ein Kreuzass zu klauen würde dem Spiel nicht weiter schaden; Nounouche spielt mehr mit der Nachahmung als mit dem höchsten Trumpf. Ich werde den Triumph in einen Umschlag stecken und Rolande schicken. Wenn sie trotzdem zum Treffpunkt kommt, hat sie Pech; ich habe sie gewarnt. Wenn ich an dem Abend ein bisschen von der Rolle bin, dann nur, weil ich am vereinbarten Datum auch Geburtstag habe. Zwanzig, ein neues Jahrzehnt, mein trauriges Geschenk und die Gewissheit, dass ich einen Teil davon wieder hinter Gittern verbringen werde: die

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