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Aszendent zauberhaft

Aszendent zauberhaft

Titel: Aszendent zauberhaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jones Christina
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Abschiedsmusik.
    Essie, die sich schon immer ein heiteres und fröhliches Begräbnis gewünscht hatte, mit bunten Farben, jeder Menge Blumen, lauter Musik und einem zauberhaften Leichenschmaus von Mitzi Blessings Kräuter-Catering »Hubble Bubble«, überlegte, wie viele ihrer Freunde sie in dem düsteren Krematorium von Winterbrook wohl noch würde beweinen müssen.
    Sie seufzte schwer. So ging das aber nicht. Ada war fort, und sie selbst vergeudete wieder einen ganzen Tag. Der Nachmittag zog sich in blaugoldenem Hitzeflimmern träge dahin. Twilights döste und lag in schläfriger Stille.
    Tony und Joy meinten, ein schönes dreistündiges Nickerchen nach dem Mittagessen gehöre für jeden über sechzig zum Pflichtprogramm. Die meisten Bewohner von Twilights fügten sich, und aus Pflichtgefühl sowie mangels anderweitiger interessanter Beschäftigungsmöglichkeiten ruhten sie entweder in ihren Appartements oder vor dem unentwegt laufenden Plasma-Fernseher im Aufenthaltsraum.

    Essie, die sich im Laufe des Tages zu einem selbst gewählten Zeitpunkt durchaus gerne mal den Luxus eines Schläfchens gönnte, zwang sich immer, in den Stunden zwischen Mittagessen und Tee wach und sichtbar zu bleiben. Hauptsächlich, weil sich Tony und Joy darüber tödlich ärgerten.
    Ein lautes Klopfen an der Tür riss Essie in die Gegenwart zurück. Sie runzelte die Stirn. Das war sicher nicht Lilith oder Prinzessin und auch nicht Bert, denn sie alle verwendeten ein verabredetes geheimes Klopfzeichen. Dann musste es wohl die enorme Joy oder der kleine Tony sein. Keiner von beiden war besser als der andere – und sie wollte keinen von beiden sehen. Sie blieb, wo sie war, und antwortete nicht.
    »Mrs Rivers?«, flötete Joys Stimme gedämpft von draußen im Flur. »Essie? Schlafen Sie?«
    Wenn ich geschlafen hätte, dann jetzt sicher nicht mehr, du dummes Huhn, dachte Essie verärgert und gab nach wie vor keinen Mucks von sich.
    Nach Gerassel mit dem Generalschlüssel und leisem Schnaufen und Ächzen öffnete sich die Tür.
    Mist. Ich muss wirklich daran denken, die verflixte Tür zu verriegeln, dachte Essie leicht verärgert, als Joys kastanienbraune starre Toupetfrisur im Stil »Margaret Thatcher – die frühen Jahre« im Zimmer erschien, dicht gefolgt von ihrer restlichen Erscheinung. Unglücklicherweise ahmte Joy ihre Heldin in jeder Hinsicht mit nahezu religiösem Eifer nach, sie trug blaue Kostüme, neutrale Blusen mit Schleifenhalstuch und zu allen Anlässen eine riesige scheußliche Handtasche.
    »Gar nicht müde, Essie?« Joys Bemühen um den herrischen Thatcher-Tonfall bedurfte noch einiger Übung. »Tony und ich haben Sie am Fenster bemerkt.«
    Noch nie, dachte Essie, hatte jemand einen so unpassenden
Namen erhalten. Joy war mit Sicherheit von Geburt an die freudloseste Frau der Welt.
    »Nein.«
    »Möchten Sie vielleicht eine hilfreiche Tablette?« Joy deutete zu dem Rollwagen im Flur vor Essies Tür.
    »Nein, möchte ich verdammt noch mal nicht.«
    »Ich weiß, Adas Dahinscheiden muss Sie enorm bestürzt haben, aber…«
    »Ada ist nicht dahingeschieden, von uns gegangen, entschlafen, hat nicht das Zeitliche gesegnet oder was Ihnen an putzigen Euphemismen sonst noch einfällt. Sie ist gestorben. Und ja, ich werde sie vermissen und um sie trauern, aber nein, ich bin nicht bestürzt. Sie hatte genug. Sie war zum Abschied bereit.«
    »Nun, das ist gewiss ein enormer Trost für uns alle.« Joy klimperte sehr schnell mit den farblosen Wimpern. »Die liebe Ada – eine wundervolle Frau -, sie wird uns schrecklich fehlen, aber leider gehört der Tod zu den vielen Facetten des Lebens. Mitten im Leben sind wir vom Tod umgeben.«
    »Quatsch mit Soße.«
    »Wie bitte?« Joy kräuselte die schmalen orangefarbenen Lippen.
    »Quatsch mit Soße.« Essie seufzte. »Tut mir leid, wenn das Ihre Empfindsamkeit kränkt, aber solche Sprüche sind doch scheinheiliges Geschwätz. Sie werden ein anderes unerwünschtes und ungeliebtes Altchen in Adas Appartement einquartieren, noch ehe die letzten Strophen des dreiundzwanzigsten Psalms verklungen sind, der Rubel wird weiterhin rollen, die Kommune wird zufrieden sein, und alles geht seinen ganz normalen Gang. Also, wollten Sie irgendwas Bestimmtes?«
    Es entstand eine kleine Pause, in der Joy schnell wieder ihr
fürsorgliches Gesicht aufsetzte. »Ich wollte Sie nur daran erinnern, nicht aus dem Fenster zu spähen, meine Liebe. Es können enorm leicht Unfälle geschehen, wie Sie wohl wissen, und ein

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