Aszendent zauberhaft
esoterischem Hokuspokus …
Früher eine begeisterte Amateur-Astrologin, hatte Essie im Lauf der Jahre ihre natürliche Begabung für den Blick in die Zukunft zu ernsthafter Wahrsagerei ausgebaut. Anhand von Tarotkarten und Sternzeichen, nach alten Lehren und unter Einbeziehung neuerer Theorien, war Essie zudem eine Art Expertin in Charakterkunde und Zahlenmystik geworden.
Es hatte für reichlich Aufruhr gesorgt, als sie nach ihrer Ankunft in Twilights einer begeisterten Gefolgschaft unheimlich exakte Vorhersagen geliefert hatte. Die Tugwells jedoch nannten es »Teufelswerk« und »Dinge, an die man nicht rühren sollte« und hatten Essie verboten, sich je wieder esoterisch zu betätigen.
Das hatte sie aber nicht davon abgehalten, die Besuche des Büchereibusses zu nutzen, um ihre Kenntnisse zu vertiefen und auf den neuesten Stand zu bringen und anschließend insgeheim an Lilith, Prinzessin und Bert sowie allen anderen Twilightern auszuprobieren, die Interesse zeigten. Essie war fest davon überzeugt, durch eine Verbindung ihrer eigenen gottgegebenen Gabe und dem volkstümlichen Wissen, das von ihrer Roma-Großmutter und ihren Großtanten an sie überliefert worden war, nun eine traditionelle treffsichere Methode gefunden zu haben, um die Entwicklung von Liebesbeziehungen vorherzusagen.
Sie hatte die Fünf Fragen als Schlüssel zu der magischen Geburtstagsformel entdeckt. Die Antworten auf diese Fünf Fragen zeigten ein Schema für immerwährendes Liebesglück. Diese Fünf Fragen konnten, wenn die Geburtsdaten zusammenpassten, in Verbindung mit einer alten Roma-Beschwörung, selbst die widerspenstigsten Liebespartner dazu bringen,
einander plötzlich jubelnd und mit ungezügelter Leidenschaft in die Arme zu fallen.
Schon mehr als einmal, dachte sie mit verschmitztem Lächeln, hatte das ganz wunderbar geklappt.
Sie strahlte vor Freude bei der Vorstellung, wie die Tugwells sich aufregen würden, und brannte schon ungeduldig darauf, ihr neues Projekt in die Tat umzusetzen. Essie schloss in der schläfrig machenden Wärme die Augen und seufzte wohlig. Jetzt fehlten ihr nur noch ein paar frische Versuchskaninchen, um ihre Theorien zur Geburtstags-Magie zu untermauern. Über Lilith, Prinzessin und Bert und sämtliche andere in Twilights wusste sie schließlich schon alles, was es zu wissen gab. Was sie nun benötigte, war ein Probelauf mit jemandem, von dem sie ganz und gar nichts wusste.
Da war er wieder! Dieser Geruch!
Sie riss die Augen auf. Das war Tabak.
Essie schluckte. Das war kein »rauchender Geist« – da war eindeutig ein Wesen aus Fleisch und Blut in dem Gehölz. Sie war nicht allein.
Augenblicklich wurde die alte Angst wieder wach.
»Wer ist da?«, rief sie, in der Hoffnung, dass ihrer Stimme die Furcht nicht anzuhören war. »Ich weiß, dass Sie da sind! Kommen Sie raus!«
Es folgte Rascheln und Knacksen im Unterholz. Essie bekam einen trockenen Mund und feuchte Hände. Ihr Herz klopfte in schnellen Doppelschlägen wie ein Timpani-Orchester.
Das Rascheln wurde lauter und kam näher, einem deftigen Fluch folgte das Brechen kleiner Holunderzweige, und eine schwarzgekleidete Gestalt mit qualmender Zigarette in der Hand stolperte in Essies Blickfeld.
»Verflixt noch mal!« Slo Motion spuckte Reste eines Zweiges aus. »Sie haben mir vielleicht einen Schreck eingejagt,
Schätzchen. Hätte dahinten ja fast einen Herzinfarkt gekriegt. Hab nicht erwartet, dass sonst noch jemand hier ist.«
Essie lachte voller Erleichterung, als sie den Bestattungsunternehmer erkannte. Es klang wie ein Schluchzen.
»Mr Motion! Was in aller Welt …«
»Wollte eine schöne Kippe rauchen, oder auch drei, weit weg von Constance und Perpetua.« Er zeigte auf die qualmende Zigarette. »Die sind jetzt im Haus erst mal stundenlang mit Kontakte knüpfen beschäftigt. Es geht nichts über eine Trauerfeier, um ein bisschen die Werbetrommel zu rühren. Und was ist mit Ihnen, Schätzchen?«
»Hab mich davongemacht, um ein bisschen Ruhe und Frieden zu finden.«
»Tja, tut mir leid, dass ich Sie gestört habe. Hören Sie – wenn Sie vergessen könnten, dass Sie mich jemals haben rauchen sehen, wäre ich Ihnen ewig dankbar.«
»Schon vergessen.« Essie lächelte matt, während ihr heftig donnernder Puls sich allmählich wieder auf eine normalere Frequenz einspielte. »Ich gehöre nicht zu den militanten Nichtrauchern, Mr Motion.«
»Sagen Sie doch bitte Slo, Schätzchen.« Er lehnte sich an den Kirschbaum. »Lassen wir doch die
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