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@ E.R.O.S.

@ E.R.O.S.

Titel: @ E.R.O.S. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Hackerwelt.«
    »Das Problem dieser Theorie liegt darin«, unterbricht Miles mich, »es macht nicht gerade viel Sinn, daß ein Systemprogrammierer Menschen umbringt. Wir sprechen von einem chronisch friedfertigen Persönlichkeitstyp. Sein ganzes Leben verbringt er zwischen Silizium, Metall und Bits. Jemand, der sechzehn Mal Herr der Ringe gelesen hat und dessen Vorstellung von einem schönen Abend darin besteht, Elbenverben zu konjugieren.«
    »Du verallgemeinerst«, erwidere ich. »Wenn das eine sexuelle Sache ist, spielt es keine Rolle, was er von Beruf ist. Das solltest du besser als jeder andere wissen. Brahma hat nicht unter Kontrolle, was ihn umtreibt. Um Gottes willen, er könnte sogar Priester sein.«
    »Ich glaube schon, daß er es unter Kontrolle hat«, sagt Drewe ruhig. »Zumindest die meiste Zeit über.«
    Plötzlich fällt mir ein, daß Lenz das auch gesagt hat.
    »Warum?« fragt Miles.
    »Weil die Morde ein bestimmtes Ziel haben«, sagt sie. »Die Zirbeldrüse. Und weil der Mörder große Mühe darauf verwendet, diese Tatsache zu verbergen.«
    »Fahre fort.«
    »Mich bringt der Umstand durcheinander, daß die Frauen vergewaltigt wurden. Aber vernachlässigen wir das vorerst mal. Die Zirbeldrüse ist das Hauptziel, weil der Mörder sie mitnimmt. Ich meine, ginge es ihm nur darum, tote Frauen zu vergewaltigen, könnte er ein beliebiges Opfer umbringen und dann schänden.«
    »Also ...?«
    »Also ist der Mörder Arzt.«
    Miles schaut enttäuscht drein. »Beweise?«
    »Das Ökonomieprinzip«, erwidert Drewe. »Es ist die einfachste und daher auch die wahrscheinlichste Antwort. Du widersetzt dich ihr, weil du gegen Ärzte voreingenommen bist.«
    »Das bin ich nicht.«
    Drewe lacht. »Der Mörder ist in dein Computersystem eingedrungen, und du weißt nicht, wie. Daher gehst du davon aus, daß er der geheimen Bruderschaft der klügsten Menschen der Welt angehören muß – der Leute, die genau das tun, was du tust. Aber du unterschätzt die Ärzte.«
    Miles’ Gesicht ist rot angelaufen. »Da liegst du aber falsch.«
    »Warum sonst sollte der Arzt verbergen, daß er Zirbeldrüsen mitnimmt? Außer, diese Tatsache könnte irgendwie zu ihm führen. Und zu wem führt die Zirbeldrüse? Du hast selbst gesagt, daß es keine Kulte gibt, von denen man weiß, daß sie die Zirbeldrüse entfernen. Und bei dem einen Opfer, das keine schwere Kopfverletzung aufwies, wurde die Zirbeldrüse auf eine gängige neurochirurgische Praxis entfernt, die trotz der Phantasievorstellungen des FBI wohl kaum ein Fleischer oder ein Zahnarzt anwenden würde.«
    Drewe beginnt nun, in der Küche auf und ab zu gehen, anscheinend von der Flutwelle ihrer eigenen Argumentation getrieben. »Sieh dir die Fachkenntnisse an, die du erwähnt hast. Gehe von einem brillanten Chirurgen aus, und die Medizin ist mit abgedeckt. Polizeiarbeit ist ein technisches Unterfangen,das normalerweise von Männern ausgeübt wird, die ... ja, die auf der Intelligenzskala so bei fünfzig bis achtzig Prozent rangieren.«
    Miles und ich beobachten sie fasziniert. Die logische Unerbittlichkeit einer intelligenten Frau kann schon eine Gänsehaut hervorrufen.
    »Wer wäre besser geeignet als ein Arzt, um an einem Tatort falsche biologische Indizien zu hinterlassen? Er könnte sich Blut, Urin, Samen, Stuhlproben, Haare beschaffen. Schlösser und Sicherheitssysteme sind, verglichen mit der Mikrochirurgie, ein Kinderspiel. Menschliche Psychologie? Auch hier ... ein erfahrener Arzt. Damit bleiben ...«
    »Computer«, beendet Miles den Satz.
    Drewe bleibt neben dem Herd stehen. »Ja. Und jetzt höre mir bitte zu, Miles. Würde ich all meine persönlichen Vorurteile aufgeben, müßte ich eingestehen, daß ein Mensch wie du, ein Computergenie, ein brillanter Chirurg hätte werden können, hätte er sich für diesen Weg entschieden. Und weil ich das glaube, muß ich davon ausgehen, daß auch der umgekehrte Fall zutreffen könnte.«
    Er schaut alles andere als überzeugt drein. »Ich kann deine Argumentation akzeptieren, aber so etwas findet man im wirklichen Leben einfach nicht.«
    »Ich will dir sagen, warum Computerexperten nicht so oft den Beruf wechseln und Chirurgen werden. Weil dazu nach dem Abschluß eine Ausbildungszeit von mindestens neun, manchmal sogar elf Jahren erforderlich ist. Bei Computern ist sie viel geringer. Man kann einfach hineinspringen und fast sofort mit der Arbeit beginnen, denn wenn man Mist baut, bringt man nur eine Maschine oder ein Programm und keinen

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