@ E.R.O.S.
diesen fünfzig Frauen Kontakt aufzunehmen? Um zu bestätigen, daß sie noch leben und wohlauf sind?«
»Alle Frauen, die ein anonymes Konto haben«, sagt Drewe.
»Das sind über fünfhundert«, erkläre ich ihr.
»An die sechshundert«, sagt Miles. »Es löst vielleicht eine Panik aus, aber wir könnten es schaffen.« Er hält wieder inne, wägt das Risiko ab. »Na schön. Ich sage Jan, sie soll vier Techniker dransetzen. Sie sollen mit den fünfzig Frauen anfangen, die nicht mehr aktiv sind, aber noch ihre Gebühren bezahlen. Reicht dir das?«
Drewe beißt sich auf die Unterlippe.
Ich spüre ein seltsames Flattern unter meinem Zwerchfell. »Miles, vielleicht sollten wir mit Baxter und Lenz reinen Tisch machen. Du hast mir einmal ausgeredet, dieser Sache nachzugehen, und das Ergebnis war sehr übel.«
Er stößt ein frustriertes Seufzen aus. »Harper, wir drei haben uns auf ein Szenario versteift, das wir aus dem Stegreif entwickelt haben, und es ist außerdem verdammt weit hergeholt. Das FBI hat doppelt so viele Daten wie wir, aber dieBrüder glauben noch nicht an die Arzttheorie. Weil sie es sich nicht leisten können. Es ist ihre Aufgabe, diesen Typ zu schnappen. Wir sind nur drei Leute, die sich unterhalten. Siehst du das auch so?«
Tief in meinem Inneren weiß ich, daß das gelogen ist. Wir sind nicht nur »drei Leute, die sich unterhalten.« Wir sind intelligente Menschen mit einem Wissen, das nicht jedem zur Verfügung steht, und die persönlich in den Fall verwickelt sind. Sogar Drewe scheint das Problem mit einer Intensität angegangen zu sein, als sei sie persönlich betroffen.
Das plärrende Klingeln des Telefons in der Küche läßt uns alle erstarren. Drewe sieht mich an und scheint um Anweisungen zu bitten.
»Ich bin da«, sage ich. »Miles ist es auf keinen Fall.«
Sie atmet tief ein, hebt dann den Hörer ab und sagt: »Doktor Cole.«
Sie lauscht etwa zehn Sekunden lang aufmerksam, schließt dann die Augen und lächelt verkniffen. »Warte mal eben«, sagt sie und legt die Hände auf die Sprechmuschel. »Es ist Mom. Es geht um Erin. Das wird ziemlich lange dauern. Soll ich zum Telefon im Schlafzimmer umschalten?«
»Wir gehen raus.« Ich springe von der Stuhllehne und lande auf den Füßen. »Sollen wir es nun dem FBI sagen oder nicht?«
Sie mustert mich prüfend, und während dieses Blicks scheint Miles nicht zu existieren. »Sie haben dieselben Fakten wie wir«, sagt sie nach irgendeinem Denkprozeß, den ich nicht deuten kann. »Wenn ihr die Frauen mit den anonymen Konten überprüft, müssen wir nicht noch heute abend Aufmerksamkeit auf uns lenken.«
Über Miles’ Lippen kommt ein erleichtertes Seufzen.
»Aber wenn sich eine von ihnen als vermißt erweist«, fügt Drewe hinzu, »wenden wir uns sofort ans FBI.«
Miles nickt und packt dann schnell die Papiere in seine Aktentasche. Ich gebe Drewe einen Kuß auf die Wange und führeihn dann durch den Flur in mein Büro – ins Reich der Geheimnisse und des EROS-Computers.
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M
iles hockt im halben Lotussitz auf einem Stuhl vor dem EROS-Computer. »Ich hatte ganz vergessen, wie schnell von Begriff Drewe ist«, sagt er, während seine Hände über die Tastatur fliegen.
»Glaubst du wirklich, daß noch eine weitere Frau mit einem anonymen Konto vermißt wird?« frage ich, während ich ihm über die Schulter sehe. Miles hat das Gehäuse vom Computer abgenommen, und sein elektronisches Innenleben sieht ganz anders aus als noch vor einer halben Stunde.
»Das werden wir bald wissen«, sagt er.
Typisch Miles. Er hat bereits E-mails an seine Techniker geschickt und ihnen aufgetragen, diskret zu überprüfen, ob alle Frauen mit anonymen Konten wohlauf sind. Daher sind Vorhersagen sinnlos.
Er starrt auf den Monitor, die Hände dicht über der Tastatur. »Ich begreife einfach nicht, wieso du diese Karte nicht eingebaut hast, Mann. Ich habe sie dir schon vor zwei Monaten geschickt.«
Er bezieht sich auf eine große, rechteckige Platine für die Sprachsynthese und -erkennung. Die Sprach-Rec/Synth-Karte ist die am dichtesten gepackte PC-Karte, die ich gesehen habe.
»Ich benutze die Stimme nicht allzu oft«, erwidere ich.
»Aber nur, weil du eine hast, die nichts taugt. Die neue hat eine unglaubliche Flexionsbeherrschung. Sie klingt wirklich menschlich.«
»Laß mal hören.«
Er läßt die Hände an den Seiten hinabfallen. »Setz das Gehäuse wieder drauf, Bwana. Du bist gerade ins einundzwanzigste Jahrhundert eingetreten.«
Mit einem
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