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@ E.R.O.S.

@ E.R.O.S.

Titel: @ E.R.O.S. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Erschöpfung blinzelnd, entfaltete ich das Toilettenpapier in meiner Hand. Darauf sah ich einen rosa Fleck, der viel farbenkräftiger als das bleiche, bedruckte Papier war. Als ich es umdrehte, sah ich Buchstaben. Jemand hatte dort etwas mit einem rosa Textmarker geschrieben:
     
    LEIDER HABE
    ICH SIE
    VERPASST.
    LIESS IHNEN IM
    KÜHLSCHRANK
    EIN GESCHENK
    ZURÜCK
    ;)
    SEHEN SIE
    UNTER DEM
    SALAT NACH.
    B.
     
    Mein Mund wurde trocken wie Sägemehl. Ich riß den Revolver hoch, stolperte aber, als ich versuchte, meine Hose hochzuziehen. Nachdem ich schließlich den Reißverschluß geschlossen hatte, ging ich zur Badezimmertür, die Waffe in beiden Händen haltend. Dann wurde mir klar, wie dumm es war, Angst zu haben. Brahma – Berkmann – hatte diese Nachricht irgendwann am gestrigen Tag geschrieben. Deshalb hatte er sie genau dort zurückgelassen, an einem Ort, wo die Polizei wohl kaum suchen, ich sie aber irgendwann bestimmt finden würde.
    Trotzdem hielt ich den .38er in der Hand, während ich den Kühlschrank öffnete und den Kopfsalat aus dem Gemüsefach holte. Als ich ihn umdrehte, sah ich einen messerdünnen dunkelgrünen Saum, der diamantenförmig um den hellen Strunk verlief. Ich legte die Waffe auf den Tisch und löste den Strunk aus den Blättern des kalten Kopfs.
    In einem Hohlraum steckte etwas, das wie ein grauer Plastikstreifen aussah. Eine Sekunde lang befürchtete ich, es könne sich vielleicht um eine Bombe handeln. Dann wurde mir klar, daß ich auf den Rücken einer Acht-Millimeter-Video-Kassette schaute.

40
    I
ch schloß meine Videokamera mit einem koaxialen Verbindungskabel an das Fernsehgerät in meinem Büro an und legte die Kassette dann ein. Sie war bereits zurückgespult; ich konnte sie mir sofort ansehen. Ich suchte in der Kameratasche nach der Fernbedienung, setzte mich dann zwei Meter vom Bildschirm entfernt in den Drehsessel und drückte auf die PLAY-Taste.
    Das erste Bild auf dem Band war identisch mit dem, was ich gesehen hatte, als Sheriff Buckner am gestrigen Abend meine Bürotür geöffnet hatte, wenn man davon absah, daßErin nicht hinter dem Kopfteil des Bettes, sondern mitten im Raum auf dem Rücken lag. Sie war nackt, und ihre Augen waren geschlossen. Als ich mich auf ihr Gesicht konzentrierte, trat so leise wie ein Reh ein Mann ins Bild.
    Er hatte die körperliche Symmetrie eines Sportlers. Unter einem braunen Jackett, das nach bester Baumwolle aussah, trug er enganliegende schwarze Kleidung. Aber hauptsächlich sein Gesicht beanspruchte meine Aufmerksamkeit. Die Haut war unnatürlich bleich, das Haar tiefschwarz, mit einigen feinen silbernen Strähnen. Einzelne Strähnen fielen auf seine hohe Stirn. Seine Brauen schienen wie aus Marmor gemeißelt zu sein, senkten sich jedoch zu einer überraschend zarten und gut geformten Nase. Die Lippen waren voll und hätten vielleicht etwas zu feminin gewirkt, hätte das vorspringende Kinn nicht einen gewissen Ausgleich geschaffen. Von der Kinnspitze bog sein Kiefer sich in einem V zurück und nach oben und ließ ihn fast vogelähnlich wirken. Doch die Augen verankerten dieses bemerkenswerte Gesicht, vereinigten seine unterschiedlichen Merkmale. Sie waren von reinem Kobaltblau und bohrten sich mit entnervender Kraft in die Kameralinse.
    »Habe ich Ihnen nicht gesagt, daß ich wunderschön bin?« sagte er. Seine Stimme war tief und volltönend, die Kadenz fast archaisch. Erst als er sich bewegte, wurde mir klar, wie nachhaltig seine Bewegungslosigkeit gewesen war. Er neigte den Kopf auf eine Seite, als wartete er auf Antwort. Dann nahm er die frühere Haltung wieder ein, stand so unbeweglich wie ein David aus Marmor in der Bildmitte.
    »Da es sich nicht vermeiden läßt, daß es sich um eine einseitige Konversation handelt«, sagte er, »werde ich anfangen. Ist das nicht eine schöne Bescherung, wie der Volksmund zu sagen pflegt? Keiner von uns hat wohl erwartet, sich in solch einer Situation wiederzufinden, nicht wahr, Mr. Cole? Mr. Harper Cole?«
    Wider jede Vernunft darüber schockiert, daß er meine wahre Identität kannte, preßte ich die Hände um die Armlehnen des Sessels.
    »Und Sie wundern sich, wer ich bin?« Er hebt fragend die Brauen. »Sie kennen mich unter vielen Namen. Aber vielleicht kennen Sie mittlerweile sogar meinen richtigen Geburtsnamen. Dank dieses Gegenstandes hier.«
    Er griff in seine Jackentasche und zog einen flachen Gegenstand aus schwarzem Plastik heraus. Es war eine 3,5-Zoll-Diskette. Er hielt sie vor die

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