@ E.R.O.S.
Linse, so daß ich das Etikett lesen konnte:
TROJANISCHES PFERD
»Ich glaube, wir beide wissen, wer das entworfen hat«, sagte er. Dann warf er die Diskette durch den Raum. »Ich bin Rudolf Edward Berkmann. Natürlich kenne ich Ihren richtigen Namen erst seit ein paar Minuten. Doch nachdem ich ihn nun kenne, ist alles schmerzlich klar.
Sie müssen ganz versessen darauf sein, endlich zu erfahren, was passiert ist, nicht wahr? Ich war es jedenfalls. Zuerst befürchtete ich, die ganze Sache sei eine Falle, die mir Daniel Baxter gestellt hat. Daß er mich jeden Augenblick durch ein Megaphon anbrüllen würde. Aber es war etwas ganz anderes, nicht wahr? Sie sind klüger als Baxter und der arme Doktor Lenz zusammen, nicht wahr? Und doch hat Ihr Vorgehen zu genau dem Resultat geführt wie das der beiden. Eine Frau, die Sie geliebt haben, ist tot.«
Berkmann bedachte mich mit einem verkniffenen Lächeln. »Ich kenne das Gefühl, Harper.«
Er fuhr mit der Zunge über seine roten Lippen und glitt vor, aus dem Bild. Ich hörte ein leises Stöhnen; dann war er wieder vor der Kamera, hielt eine Hand hoch, die, wie ich zu meinem Entsetzen sah, in Blut getaucht worden war. Er schwang die Hand wie ein Bühnenmagier vor der Linse und drückte dann mit einem blutigen Zeigefinger einen scharlachroten Punkt auf seine Stirn, wie ein Kastensymbol.
»Kali war das Gefäß meiner korrupten Sehnsüchte«, sagte er. »Seit zwanzig Jahren meine treue Konkubine. Sie warauch meine Sklavin. Beides sind verlorene Künste, für die Hingabe und Liebe erforderlich sind. Sie haben diese Liebe angegriffen, Harper. Mit Lügen. Und nun ist sie tot.«
Er drehte sein Profil zur Kamera, warf den Kopf zurück, ließ die Zunge hervorschnellen und zog die blutige Handfläche über die Spitze, schmeckte Kalis Blut. Er erzitterte, ließ die Hand dann los und drehte sich wieder zur Kamera um. Seine tiefblauen Augen hatte er weit aufgerissen.
»Sie erzählen schlüpfrige Lügen. Lügen, die wahr sind. Die arme Erin hatte keine Ahnung, daß sie die Hauptdarstellerin in einer exklusiven Produktion war, die Sie und Ihr Freund Miles aufgezogen haben, nicht wahr?«
Ich wollte das Band abstellen, um mir den Rest zu ersparen. Aber ich konnte es nicht. Berkmann wandte sich schnell von der Kamera ab und deutete wehmütig zur Mitte des Fußbodens, wo Erins nackte Leiche lag. »Solch eine Verschwendung«, sagte er, und es klang nach ehrlichem Bedauern. »Fragen Sie sich, ob ich sie schon gefickt habe? Ob sie überhaupt wirklich tot ist?« Er nickte. »Ich versichere Ihnen, sie ist tot. Und, nein, ich habe mir dieses Vergnügen nicht gegönnt. Aus einem ganz einfachen Grund. Erin ist Ihr Opfer, Harper.«
Er lächelte erneut, und seine Augen strahlten eine fast väterliche Traurigkeit aus. »Ich habe heute viel gelernt. Das ist eine seltsame Erfahrung für mich. Ich bin es gewohnt, der Lehrer zu sein. Und zweimal an einem Tag zum Narren gehalten zu werden ... das ist wirklich sehr peinlich.
Sie wissen nicht, wovon ich spreche, oder? Nein, natürlich nicht. Lassen Sie es mich erklären. Als ›Erin‹ haben Sie mich zu einem Zeitpunkt angesprochen, an dem ich sehr verwundbar war. Ich hatte Schwierigkeiten mit meiner Arbeit. Ich zog einen Forschungsurlaub in Betracht. Und wir schienen viel gemeinsam zu haben. Lenz’ schwerfällige List habe ich natürlich von Anfang an durchschaut, aber die Ihre ... Sie waren ziemlich überzeugend. Ein Naturtalent, vermute ich.
Als unsere Beziehung sich vertiefte, interessierte auch Kali sich dafür. Sie konnte Gefühle blitzschnell deuten und bemerkte,welche Wirkung ›Erin‹ auf mich hatte. Ihre Gefühle für mich waren immer viel tiefer gewesen, als ich vermutet hatte. Das ist mir jetzt klar. Zuerst forderte sie, ich solle Erin als nächste Zirbeldrüsenspenderin benutzen. Hätte ich mich geweigert, hätte ich natürlich gegen meine wahren Interessen verstoßen. Ich mußte vorsichtig vorgehen. Wie Sie wissen, konnte Kali sehr gefährlich sein. Ich stimmte zu, daß Erin unsere nächste Spenderin sein sollte.
Dann kam die Lösung des Problems, das Lenz darstellte. An dem Abend, an dem Kali die Frau des Arztes tötete, durchsuchte sie sein Arbeitszimmer. Sie fand gewisse Dinge ... die sie für sich behielt. Sie erfuhr zum Beispiel, daß ›Erin‹ nur eine weitere Falle war, genau wie ›Lilith‹. Aber sie entschloß sich, es mir nicht zu verraten. Im Prinzip war das klug. Ich verlor den Blick für die Dinge. Kali war
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