@ E.R.O.S.
Sohn. Und bei Gott, sie war eine Versuchung für jeden Mann, der sie je gesehen hat. Aber das ... Als du mir gesagt hast, sie sei tot, dachte ich, ich würde dich in dem Augenblick umbringen, in dem ich dich in die Hände bekomme. Ich wußte, daß dein Computersex sie irgendwie umgebracht hat. Aber als ich von Memphis zurückflog, wurde mir klar, daß du dich selbst viel mehr strafen wirst, als ich es je könnte. Und wenn du dich nicht strafen würdest, würde Gott es tun.«
Bob fährt sich mit einer Hand über den allmählich kahl werdenden Kopf. »Aber dieser andere ... Mistkerl. Er fällt unter meine Verantwortung. Und kein Vater und keine Muttersollten das ertragen müssen, was Margaret und ich wegen diesem Mann durchmachen.«
»Dr. Anderson ...«
»Hör mir zu, mein Sohn. Ich habe genug Geld, daß Margaret versorgt ist, und wenn sie hundertfünfzig Jahre alt wird. Ich werde Patrick etwas hinterlassen, damit er sich um Holly kümmern kann, und Drewe etwas für die Kinder, die ihr eines Tages haben werdet. Der Rest fällt Margaret zu, und ich setze dich als Treuhänder ein. Sei jetzt still, Harper. Du weißt mehr über Geld als jeder andere, den ich kenne, aber noch wichtiger ist, daß ich dir vertraue.«
Ich will etwas sagen, aber ein Kloß von der Größe eines Golfballs blockiert meine Kehle.
»Ich war nie mit den politischen Ansichten deines Daddys einverstanden«, fährt Bob zögernd fort. »Aber ich habe immer seinen Mumm respektiert. Seit langer Zeit schon sehe ich dich wie einen eigenen Sohn an. Jetzt mußt du die Vergangenheit hinter dir lassen und tun, was immer nötig ist, um dich mit Drewe zu versöhnen und mit deinem Leben weiterzumachen.« Er atmet tief ein, als bringe es ihn aus der Puste, so viel zu sprechen. »Mehr habe ich dir nicht zu sagen.«
Bob streckt eine schwielige Hand aus. Ich ergreife sie, und zum erstenmal seit dem Tod meines Vaters fühle ich Sohnesliebe in mir aufwallen, ein primitives Zugehörigkeitsgefühl, das alle Worte zu der ewigen Belanglosigkeit verdammt, die ihnen zusteht. Ein paar Sekunden lang schütteln wir uns die Hand, und ich stürze in eine Welt, in der es keine Zweideutigkeit gibt.
Ich komme mir stark vor.
Mittlerweile sind alle gegangen. In der Ferne sehe ich den gelben Minibagger, der Erins Grab füllen wird, aber keinen Fahrer. Das Zelt des Bestattungsunternehmens spendet einen überraschend kühlen Schatten; vielleicht kühlt aber auch die geöffnete Erde die Luft hier ab.
Als ich meine zweite Martin aus der Hülle nehme, merke ich, daß ich vergessen habe, einen Gurt mitzunehmen. Wenn ich spielen will, muß ich mich setzen. Mit einem Fuß schiebe ich den Gitarrenkasten auf die Seite und setze mich auf das breite Ende, die Schuhe am Rand des Grabs. Der polierte Metallbehälter leuchtet unendlich hell. Ein Häufchen Deltaerde, von einem Angehörigen ins Grab geworfen, liegt auf dem Sargdeckel wie der Vorbote der ihr Recht fordernden Erde.
»Ich hoffe, du kannst das hören«, sage ich, und meine Stimme kommt mir für diesen eigentlich ernsten Augenblick viel zu beiläufig vor.
Ich streiche einmal die Saiten, um die Tonart zu überprüfen, und beginne mit den synkopierten Akkorden, die zu »All I Want Is Everything« führen, einem Song, den ich in einem Augenblick tiefer Unentschlossenheit schrieb, einem Song, den zu spielen Erin mich jedesmal bat, wenn sie mich mit einer Gitarre sah. Während der letzte Akkord noch in der Luft schwebt, fange ich leise zu singen an.
Being born in Babylon
It’s so hard to get off on
The half-life of every choice
We love that serpent’s voice
It takes a sure hand and a sharp knife
To cut the fruit from the tree of life
But once you taste that virgin drop
How do you know when to stop?
All I want is everything
Girl you know it’s true
All I want is everything
But all I need is ...
Diamond cuff links on my sleeves
Gold teeth in my mouth
Chartreuse Italian shoes
And time to wear them out
No really, a nice house and a nice car
And a nice girl, not a movie star
A normal kid and some green grass
And a great camera to make them last
All I want is everything
Girl you know it’s true
All I want is everything
But all I need is you ...
Ich spiele eine Weile, ohne zu singen, denke daran, wie Erin über die Zeilen mit den Goldzähnen und den italienischen Schuhen gelacht hat, und werde dann plötzlich schwermütig, als der Rest des Songs ansteht. Sie wußte, sie würde nie in die
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