@ E.R.O.S.
für die schmutzige Wäsche steht, schiebe den Deckel zurück, bis die Kassette hindurchpaßt, drehe sie dann herum und schüttle sie, bis das Gewicht mir verrät, daß sie leer ist. Dann ziehe ich sie wieder heraus, wische meine Hand an einem Handtuch ab und werfe es in den Korb.
»Ich habe etwas gehört!« ruft Drewe. »Draußen!«
Ich schaue aus dem Badezimmer und sehe, daß sie ihre .25er auf eins der vorderen Fenster richtet. »Bleib ja imSchatten«, sage ich zu ihr und laufe zu meinem Schreibtisch zurück.
Ich lege die leere Tonerkartusche auf den Boden, drücke das Ende des Schraubenziehers gegen das Plastik, schlage zu wie ein Schmied und stanze ein Loch durch die Wand des Tonerbehälters. Dann steche ich einen halben Zentimeter neben dem ersten ein zweites hinein.
»Beeil dich, Harper!«
Ich halte die Löcher mit dem Daumen zu und fülle den Tonerbehälter mit schwarzem Schießpulver.
»Warum mußte ich diese Nachricht schreiben?« fragt Drewe.
»Sie ist Teil des Zünders.« Durch das Loch für den Zapfen beobachte ich, wie das Schießpulver höher steigt.
»Das kapier’ ich nicht.«
»Wenn du nicht rausgehst, wird Berkmann keine andere Wahl haben, als ins Haus zu kommen. Genau, wie du es gesagt hast.« Ich werfe einen Blick auf meine Uhr. Fast dreieinhalb Minuten sind verstrichen.
»Wenn er das Haus anzündet, werden wir rausgehen müssen! «
»Das wird er aber nicht.« Das Schießpulver steigt höher. »Er wird nicht das Risiko eingehen, dich zu verletzen.«
»Wo werden wir sein, wenn deine Bombe hochgeht?«
»Genau hier.«
»Hier? In diesem Raum?«
»Im Schrank.«
» Was? Wir warten darauf, daß er zu uns hereinkommt, und zünden sie?«
»Das ist die einzige Möglichkeit.«
»Du hast gesagt, wir würden sterben, wenn wir mit ihm in einem Raum landen!«
Der Tonerbehälter ist voll. Ich drücke den Zapfen wieder in das Loch und wühle dann in der unteren Schreibtischschublade nach einer Drahtschere und Klebeband. Ich brauche auch Draht, aber in der Schublade ist keiner.
»Hör jetzt mal auf damit!« ruft Drewe und drückt meinen Arm so fest, daß ich ihn losreißen muß.
»Verdammt!« rufe ich und überlege verzweifelt, wo im Büro ich Draht finden könnte. »Wir werden unter den Klamotten und allem anderen im Schrank liegen.«
»Wie stark wird die Explosion sein?«
»Keine Ahnung.«
»Das weißt du nicht?«
»Wie eine Rohrbombe. Vielleicht bekommen wir was ab, okay? Aber ihn wird es in Stücke reißen.«
Drewe erstarrt mit offenem Mund. »Hast du das gehört?«
Mein Blick fällt auf eine Gibson-ES-335-Gitarre, die an ihrem Haken über meinem Bett hängt. »Was?« frage ich und springe mit der Drahtschere aufs Bett.
»Mein Gott! Riechst du das?«
Mein erster Schnitt durchtrennt die hohe E-Saite der Gibson mit einem vibrierenden Ton, der sich wie ein Querschläger in einem Zeichentrickfilm anhört. Mit dem zweiten bekomme ich einen Draht von der Länge, die ich brauche.
»Benzin!« stöhnt Drewe. »Das ist Benzin! «
Sie hat recht. Der stechende Geruch von hoch oktanigem Benzin sickert in den Raum. Vielleicht durch die Rohre der Klimaanlage.
»Er blufft«, sage ich zu ihr und zerschneide die Gitarrensaite in zwei zehn Zentimeter lange Stücke. Ich nehme meine Uhr ab und gebe sie ihr. »Wir haben noch vierzig Sekunden. Sag mir, wenn die Zeit abgelaufen ist.«
Während Drewe mich anstarrt, als sei ich verrückt geworden, schiebe ich den Schraubenzieher in die offene Kartusche und taste nach dem Koronadraht. Dieser extrem dünne Glühfaden lädt die Magnettrommel elektrisch auf, die dann die »Tinte« auf die richtigen Stellen der Seite bringt, so daß Text entsteht. Ich hebe den Draht mit der Spitze des Schraubenziehers an und befestige zwei kleine Stückchen Isolierband daran, auf jeder Seite eins. Dann durchtrenne ich den Koronadraht.
»Fünfundzwanzig Sekunden«, sagt Drewe mit erstickter Stimme.
Ich werfe ihr die Drahtschere zu. »Schneide die Maus vom Gateway ab!«
»Warum?«
»Nun mach schon! Wirf sie in den Schrank!«
Ich orientiere mich an den beiden Fetzen Klebeband und befestige die beiden kurzen Stücke der Gitarrensaite an den durchtrennten Enden des Koronadrahts. Dann führe ich die beiden Drähte vorsichtig durch die Löcher, die ich in den Tonerbehälter gestanzt habe, und befestige sie mit Klebeband.
»Die Zeit ist abgelaufen!«
»Hol ein paar Handtücher!« rufe ich und schiebe die Kartuschenhülle wieder an Ort und Stelle. »Mach sie in der Badewanne
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