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@ E.R.O.S.

@ E.R.O.S.

Titel: @ E.R.O.S. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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befürchte, ich kann es nicht ausschließen.«
    Lenz steigt aus, und ich tue es ihm gleich. Aber als ich ihm um das Haus zu einer Hintertür folge, sehe ich nichts von dem Gebäude oder dem Grundstück. Ich folge einfach seinen Schuhen, auf dieselbe tranceähnliche Weise, die mein Auto auf der Straße hält, wenn mein Verstand eine Million Kilometer von der Wirklichkeit entfernt ist. Kann Lenz sich auf mich verlassen, falls die Spur zu Miles führt? Ich habe mit ja geantwortet, aber das war eher ein Reflex. Denn ich dachte in diesem Augenblick daran, daß die Staatspolizei in Rain aufgekreuzt war, nachdem dieser Typ am Delta State College von den Mokassinschlangen gebissen worden war, um Annie Turner ein paar Fragen über ihren Sohn zu stellen. Sie hatten ein paar seltsame Dinge über den Jungen gehört und wollten wissen, wo Miles sich an dem Tag aufgehalten hatte, an dem der Typ gebissen worden war.
    Annie Turner wußte es nicht. Aber ich wußte es. Und ich tat, was jeder Freund unter diesen Umständen getan hätte.
    Ich habe gelogen.

19
    A
ls Lenz die Tür zum geheimen FBI-Haus öffnet, hat das, was ich im schwachen Leuchten des Verandalichts sehe, nur wenig Ähnlichkeit mit der Vorstellung, die ich mir davon gemacht habe. Aber ich vermute, daß dieses Bild wohl von Schundliteratur und schlechten Filmen erzeugt worden ist.
    »Ziemlich protzig«, sage ich. »Das ist ein sogenanntes sicheres Haus?«
    »Nein, nein«, sagt er mit seltsam weicher Stimme. »Das istmein Haus. Ich brauche ein paar Akten von meinem Schreibtisch und ein paar Sachen zum Anziehen. Ich wollte sie von einem Agenten abholen lassen, aber jetzt ist es zu spät dafür. Meine Frau schläft wahrscheinlich schon.«
    »Ich kann hier draußen warten, kein Problem.«
    »Nein ... nein. Sie sollten nicht allein hier draußen bleiben.«
    »Haben Sie Angst, daß ich mir von Ihrem Autotelefon ein Taxi rufe?«
    »Unsinn. Kommen Sie.«
    Lenz schleicht mit der Verstohlenheit eines Einbrechers durch sein eigenes Haus. Ich folge ihm, und wir gehen durch einen Waschraum in eine dunkle Küche mit Kupfertöpfen und Utensilien, die wie antike Waffen über unseren Köpfen hängen. Am anderen Ende des Raums befindet sich ein großer Türbogen, der zu einer Frühstücksecke führt. Eine schwach leuchtende Glühbirne in der Abzugshaube des Herds wirft eine gelbe Lichtpfütze auf den Boden. Lenz zeigt auf einen Stuhl. »Es dauert nur eine Minute. Fühlen Sie sich wie zu Hause.« Dann verschwindet er durch den Bogen.
    Ein dumpf pochendes Geräusch verrät mir, daß er nach oben geht.
    »Ja, bitte tun Sie das«, sagt eine Frauenstimme und jagt einen kalten Schrecken zwischen meine Schulterblätter.
    All meine Sinne sind hellwach, und ich konzentriere mich auf den Tisch hinter dem Türbogen. Vor einem von der Decke bis zum Boden fallenden Vorhang sehe ich die Silhouette einer Frau, die auf einem Stuhl mit gerader Lehne sitzt. Ein Barglas funkelt auf dem Tisch vor ihr. Lenz muß direkt an ihr vorbeigegangen sein.
    »Janet?« ruft er, und ich höre, daß er die Treppe wieder herab kommt. »Janet? Bist du wach?«
    »Nein, ich schlafwandle. Gott sei Dank kann ich meinen Drink noch schmecken. Verdammt noch mal, warum hast du dich drei Tage lang nicht gemeldet?«
    Jetzt kann ich das Treppenhaus sehen. Lenz’ Gesicht tauchtunterhalb der Deckenebene auf. »Ich arbeite für Daniel an einem Fall. Einem wichtigen Fall.«
    Er kommt zwei weitere Stufen herab und sieht seine Frau an. Er scheint mich einerseits nicht in sein Büro bitten und mich andererseits nicht mit ihr allein lassen zu wollen. Verdammt noch mal, warum hat er mich nicht einfach im Wagen gelassen?
    »Ich komme gleich wieder runter«, sagt er schließlich. »Bitte kümmere dich um Mr. Cole.«
    »Oh, das werde ich«, sagt die Frau mit undeutlicher Stimme.
    Als sie sich erhebt und auf mich zukommt, fällt Licht vom Herd auf sie. Das Licht ist nicht schmeichelhaft. Janet Lenz ist einige Jahre älter als ihr Mann und trägt eine Art hauchfeines Umschlagtuch über einem hauchdünnen Nachthemd. Das soll wohl sexy wirken, doch bei dem verschmierten Mascara und dem Geruch von schalem Gin und Zigarettenrauch, der durch die Küche zieht, ist die Wirkung pathetisch. Sie ist eine schmale, bissige Frau mit nachlässig gefärbtem Haar und einem Netz von Falten um den Mund, das sie als lebenslange Raucherin kennzeichnet. Doch ihre Luchsaugen haben einen cleveren Glanz, als sei ihr Verstand gerade noch so klar, daß sie kurzfristig

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