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Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Titel: Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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sah trotzdem angespannt und müde aus. Immer wieder ging ihr durch den Kopf, was Zoë am Morgen gesagt hatte. Über Wiedergutmachung und Muster und die Vergangenheit.
    Um vier Uhr kam sie zu dem Restaurant und fand ihn auf der Terrasse in Anzug und Kamelhaarmantel. Er hatte einen Kaffee vor sich. Sie setzte sich ihm gegenüber. Seine grauen Augen betrachteten sie. »Alles okay mit dir?«
    »Ich denke schon. Wie war das Meeting?«
    Er deutete mit dem Kopf auf den dritten Stuhl am Tisch. »Alles da.« Er hatte den müden, resignierten Gesichtsausdruck eines Mannes, der soeben begriffen hat, dass die Welt ihn immer wieder enttäuschen wird. »Da drin.«
    Sie sah einen Rucksack auf dem Stuhl. »Ist das …?«
    Er nickte. »Ich bin in Krüger-Rand bezahlt worden.«
    »In Krüger-Rand?«
    Er nickte. »Musste noch nach Hatton Garden zum Umtauschen. Aber ich hab ein gutes Geschäft gemacht – da drin sind mehr als zweiunddreißig Riesen.«
    Sally lief ein Schauer über den Rücken. Zweiunddreißigtausend Pfund für den Tod eines Mannes. Blutgeld nannte man so etwas. Sie sollte abgestoßen sein, aber sie war es nicht. Sie fühlte gar nichts. »Was wirst du damit anfangen?«
    »Ich werde gar nichts damit anfangen. Es gehört dir.«
    »Aber …«
    »Im Ernst. Du hast den Job erledigt.«
    »Aber du hast mir geholfen. Wir haben es zusammen getan. Wie Partner.«
    »Fang keine Diskussion an. Nimm es einfach.«
    Sie biss sich auf die Unterlippe. Schaute den Rucksack an. Er war prallvoll. Seit Donnerstagabend konnte sie keine prallvollen Beutel mehr sehen, ohne an diese Plastiktüten zu denken, die da in einer Reihe auf dem Rasen vor ihrem Cottage gestanden hatten. An den roten Brei, der durch das Plastik geschimmert hatte. Sie riss den Blick los und spielte mit dem Deckel von Steves Cafetière.
    »Millie hat heute wieder einen Anruf von Jake bekommen.«
    »Das macht nichts. Das regeln wir heute Abend.«
    »Ich weiß nicht, ob ich das möchte.«
    »Tja, uns bleibt nichts anderes übrig. Wir regeln es heute Abend, und morgen fliege ich nach Amerika. Das ist dir doch klar, oder? Dass ich immer noch nach Amerika muss?«
    Sie nickte.
    »Wirst du zurechtkommen?«
    »Ja«, sagte sie abwesend. »Mir geht’s gut.«
    Aber natürlich ging es ihr überhaupt nicht gut. Ihr Kopf war voll von statischem Rauschen und Bildern. David Goldrab. Die Gerüche. Die roten Flecken, die über Zoës Wangen gekrochen waren, als sie am Morgen in der Küche gestanden hatte. Das »Muster«. Und jetzt dachte sie: Ganz gleich, wo sie und Steve sich in den letzten paar Tagen in das große Ganze eingefügt hatten, es war hässlich und falsch. Und was immer jetzt noch passierte, es ließe sich nicht mehr ändern. Dieser hässliche, knotige Teil würde bleiben, ein unebener, abweichender Strang im Gewebe, der erst mit der Zeit nicht mehr zu sehen sein würde.

16
    Den Rest des Nachmittags verbrachte Zoë im Büro, verfolgte diverse Hinweise und beantwortete E-Mails. Von Dominic Mooney hatte sie immer noch nichts gehört; also unternahm sie einen letzten Versuch und erfuhr, er sei »immer noch in einer Besprechung«. Als sie das Revier verließ, stand die Sonne tief am Himmel, und die Dächer und die oberen Fenster von Bath glänzten in ihrem letzten Licht, als wären sie in Gold getaucht. Wenn sie nach Hause käme, würde es dunkel sein. Sie würde einen Jerry’s mit Ginger Ale trinken und zusehen, wie die Sterne herauskamen – allein, während Ben und Debbie taten, was immer sie taten und wo immer sie es tun mochten. Die Kratzer und Wunden an ihrem Arm schmerzten dumpf, als sie auf den Parkplatz hinausging.
    Sie blieb stehen. Ein Mann in roten Chinos und einem Blazer versperrte ihr den Weg. Er war sehr groß und dünn und sah aus wie eine asiatische Version von David Bowie mit seinen stachelig gegelten, kohlschwarzen Haaren. Trotz ihrer Stiefelabsätze war sie ungefähr zwei Fingerbreit kleiner als er, und das war ungewöhnlich. Sie tat einen Schritt zur Seite, um ihm auszuweichen, und er tat es auch. Sie trat nach links, und wieder blockierte er ihr den Weg.
    Sie lachte. »Sehr gut. Gefällt mir, wie Sie das machen.«
    »Ich an Ihrer Stelle würde nicht lachen.« Er war aus Schottland. Aus irgendeiner feinen Gegend, aus Edinburgh vielleicht. »Wenn wir in einem Film wären, wäre das die Stelle, wo ich Ihnen eins auf den Schädel gebe und Sie in den Kofferraum meines Chrysler werfe.«
    Sie legte den Kopf zur Seite und musterte ihn. »Kenne ich Sie?«
    »Captain

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