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Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Titel: Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Tor blieb fest geschlossen. David war anscheinend nicht im Mindesten beunruhigt. Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf, und ein unangenehmes Lächeln lag auf seinem Gesicht. »Oh, Jake«, sagte er zu dem Monitor. »Jake the Peg. Du solltest nicht wieder herkommen, Freundchen. Nein. Das solltest du wirklich nicht tun.«

24
    Abgüsse von Fußabdrücken zu nehmen und sie mit Schuhen zu vergleichen gehörte meistens zu den Aufgaben, die die Spurensicherung schnell erledigte. Man brauchte nicht auf die Resultate langwieriger Labortests zu warten. Am Vormittag um elf war das Ergebnis vom Leinpfad da. Die Fußabdrücke, die Zoë am Abend zuvor gefunden hatte, stammten von Lorne Wood. Und als die Polizei sich den Pfad ansah, der von der Lücke zwischen den Bäumen wegführte, stellte sie fest, dass es nur einen Weg gab, auf dem sie hergekommen sein konnte. Vom Kanal aus führte der Pfad durch ein kleines Waldgelände und dann zwischen zwei Pferdekoppeln und unter einer Eisenbahnbrücke hindurch. Er endete an einer Bushaltestelle. Geschäfte gab es hier weit und breit nicht. Lorne hatte ihre Mutter belogen, als sie ihr erzählte, was sie am Samstag vorhatte, und nach Zoës Erfahrung konnte man nicht wissen, wie oft jemand, der in so einem Punkt lügen konnte, sonst noch log. Das Geflunker konnte sich endlos hinziehen, bis zum Horizont.
    Sie beauftragte einen Corporal, eine richterliche Herausgabeverfügung für die Überwachungsvideos der Busbetriebe zu beschaffen, und dann verbrachte sie eine Weile im Büro und sah sich auf dem Plan die einzelnen Linien an, die an der Haltestelle am Kanal vorbeifuhren. Sie schlängelten sich meilenweit in alle Himmelsrichtungen, und Lorne konnte von überall hergekommen sein. Sie konnte auch umgestiegen sein; in der Zeit, in der sie weg gewesen war, hätte sie bis Bristol kommen können. Zoë suchte die Speicherkarte heraus, die sie in Lornes Zimmer gefunden hatte, balancierte sie nachdenklich auf der Fingerspitze und betrachtete sie. Schon zweimal wäre sie damit beinahe zu Ben ins Büro gegangen, aber dann hatte sie es doch nicht getan. Sie wusste nicht genau, wen sie mit ihrem Schweigen eigentlich schützen wollte, Lorne oder sich selbst. Schließlich stand sie auf und zog ihre Jacke an. Sie musste mehr wissen, bevor sie etwas unternahm.
    Die Agentur lag mitten im Zentrum von Bath. »No. 1, Milsom Street« stand auf dem Schild, und darunter in hohen, schmalen Buchstaben: »The Zebedee Juice Agency«. Sie lag über einer Boutique, und als Zoë die Treppe heraufkam, fand sie sich in einem großen Raum wieder, mit einer gewaltigen Glaskuppel in der Decke, durch die das Tageslicht hereinflutete. Einen Empfangstisch gab es nicht, nur eine Ansammlung von roten Sofas, auf denen Kunstpelzkissen lagen, und Zeitschriftenstapel auf schwarzen Lacktischen. Auf einem ungerahmten LCD -Bildschirm an der Wand lief stumm ein Video: Gesichter von Jungen und Mädchen morphten ineinander.
    Die Geschäftsführerin, eine junge Frau in Rollkragenpulli, Jeansshorts und Highheels und mit metallicfarbenem Lidschatten, sprang auf und begrüßte Zoë mit einem neurotisch klingenden »Hi, hi, hi!«. Sie zappelte hektisch, rieb sich dauernd die Nase und schluckte, und man brauchte kein Genie zu sein, um zu sehen, dass sie es fast nicht abwarten konnte, sich die nächste Line Koks einzuziehen. Aber diesen superdünnen Look, dachte Zoë, den erreichte man halt nur mit etwas Hilfe.
    Aus einer Bottlegreen-Flasche goss sie mit Zitronengras aromatisiertes Mineralwasser in zwei hohe Gläser und ließ Zoë am Fenster Platz nehmen. Unten auf der Straße wimmelte es von Einkaufsbummlern und Touristen, die in den Geschäften ein und aus gingen. Die Geschäftsführerin gestand, sie habe schon halb damit gerechnet, dass die Polizei vorbeikommen würde, und vielleicht, fügte sie hinzu, hätte sie sie auch selbst anrufen sollen, denn sie erinnere sich gut an Lorne. Sie sei vorigen Monat mit ihrer Mutter hier gewesen. Ein sehr hübsches Mädchen, wenn auch ein bisschen klein und eine Idee zu schwer für den Laufsteg. Und ihre Augenbrauen seien beinahe restlos ausgezupft gewesen. »Die meisten Models sind nicht das, was Sie oder ich im konventionellen Sinn hübsch nennen würden. Manche würden Sie vielleicht sogar als hässlich bezeichnen, wenn Sie ihnen auf der Straße begegneten. Im Moment total heiß ist ein sehr animalischer Look. Sie wollen die Ethnizität eines Models sehen

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