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Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Titel: Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Einzelnen. Als Zoë hereinkam – rot im Gesicht, die Haare noch feucht von der Dusche, den Motorradhelm unter den Arm geklemmt –, hörte der DS auf zu reden und starrte sie stumm an.
    »Verzeihung, Kollege.« Sie warf Helm und Schlüssel auf einen Stuhl und ging nach vorn. »Ich habe was zu sagen. Bevor Sie hier weitermachen.« Sie nahm einen Marker und malte einen Kreis auf das Whiteboard. »Wir haben es falsch verstanden.«
    Sorgfältig schrieb sie in den Kreis die Worte: No. One .
    Dann ging sie zu einem der Fotos von Lornes Obduktion – es zeigte die Schrift auf ihrem Bauch – und klebte es neben die Worte an das Whiteboard. »Sehen Sie sich das Bild an«, sagte sie. »Und sehen Sie sich ihren Bauchnabel an, gleich hier, neben dem ›No‹.«
    Das Team glotzte an die Tafel, und nicht eine Spur Verständnis flackerte in den Gesichtern auf.
    »Es bedeutet nicht, dass ›niemand‹ ihn versteht. Es bedeutet nicht, dass Lorne ›niemand‹ für ihn ist. Er sagt uns, dass sie Number One ist. Nummer eins. Nur eine von vielen. Er will uns sagen, dass es noch mehr Opfer geben wird. Eine Nummer zwei. Eine Nummer drei.«
    Darauf folgte ein langes, verdattertes Schweigen. Schließlich räusperte sich der Superintendent, der an der Seite stand. »Großartig – danke, Zoë. Zieht das in Betracht, alle miteinander. Okay? Verstanden? Also.« Er nickte dem DS zu. »Sind Sie fertig, Kollege? Denn ich möchte jetzt zu British Waterways kommen. Ich will eine komplette Liste der Boote, die am Samstag auf dem Kanal festgemacht haben, damit wir …«
    »Moment, Moment.« Zoë hob die Hand. »Ich bin noch hier, wissen Sie. Ich habe den Raum noch nicht verlassen.«
    »Wie bitte?«
    »Ich bin noch hier. Oder wollen Sie ignorieren, was ich gerade gesagt habe?«
    »Ich habe es nicht ignoriert. Ich habe alle aufgefordert, es im Kopf zu behalten.«
    »Möchten Sie, dass ich zu Ende rede? Oder soll ich mir die Mühe sparen?«
    Der Superintendent sah sie an, und in seinen Augen glühte ein vorwurfsvoller Funke. Aber er kannte Zoë schon lange und wusste, dass es manchmal einfacher war, sie gewähren zu lassen. Schließlich trat er einen Schritt zurück und hob kapitulierend die Hände.
    »Okay.« Sie wandte sich wieder dem Team zu. Sie wusste, dass ihr das Blut ins Gesicht gestiegen war und dass Ben sie aus seiner Ecke unverwandt beobachtete. »Wir müssen das ernst nehmen, denn – wer weiß? – vielleicht habe ich sogar recht. Er könnte die Absicht haben, es noch einmal zu tun. Es könnte sogar schon passiert sein. Hat jemand bei der Koordinationsstelle nachgefragt, ob andere Polizeibehörden mit einem ähnlichen Fall befasst sind?«
    »Das wüssten wir«, sagte der Superintendent.
    »Wirklich? Und wenn die Leiche noch gar nicht gefunden wurde?«
    »Dann gäbe es einen Vermisstenfall.«
    »Nein. Das ist Blödsinn. Wie viele Frauen im Teenageralter oder Anfang zwanzig werden denn jeden Monat vermisst?«
    »Ja, aber da reden Sie nicht von Mädchen wie Lorne.«
    Zoë sah ihn mit gleichmütigem Blick an. Sie wusste, was er meinte. Die Mädchen, die vermisst wurden, ohne es in die Schlagzeilen zu schaffen, waren Prostituierte, Drogensüchtige, Herumtreiberinnen, Abschaum. Sie würde es ihnen klarmachen können, wenn sie ihnen die Fotos von dem Speicherchip zeigte. Aber das konnte sie nicht. Sie konnte es einfach nicht.
    »Sie meinen«, sagte der Superintendent, und dabei senkte er das Kinn und spähte über den Rand seiner Brille hinweg, »da liegt irgendwo ein ganzer Haufen Leichen? Und das hat bloß noch niemand gemerkt?«
    »Nein. Ich sage, dass wir bisher in Richtung auf jemanden ermittelt haben, den sie kennt, auf einen Teenager. Ich bitte Sie, darüber noch einmal neu nachzudenken. Ich bitte Sie, außerhalb dieser Parameter zu denken. Und zwar schnell – denn ich glaube wirklich, es könnte eine Warnung sein.«
    Debbie Harry, die schweigend hinten gesessen hatte, hüstelte zierlich. Sie sah sehr jung und frisch und hübsch aus in einer weißen Spitzenbluse und dem zurückgebundenen Haar. »Spekulationen sind an sich nicht verkehrt, aber sie sind eben genau das: reine Spekulation.«
    »Und zu sagen, all like her bedeutet ›alle mögen sie‹, ist nicht reine Spekulation? Was ist, wenn es ›alle wie sie‹ bedeutet? Wenn es bedeutet, dass er sich alle vornehmen wird, die wie Lorne sind?«
    »Tja«, sagte Debbie und klang plötzlich beschwichtigend, »ich habe vor diesem Forum immer sehr deutlich erklärt, dass meine Äußerungen

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