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Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Titel: Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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hier nur eine Art Hilfestellung geben sollen. Dass Sie – Sie alle – Ihre eigenen Schlüsse ziehen müssen. Und bleiben Sie jederzeit offen für alles.«
    »Ja. Ich habe gehört, wie Sie das gesagt haben. Aber vielleicht bin ich die Einzige, denn ich schaue mich um und sehe einen Raum voller Ermittler, die alle nur zu gern ein bisschen Hilfestellung von Ihnen annehmen, weil das bedeutet, dass sie ihr Gehirn nicht einschalten müssen. Sorry, Leute, aber das ist so. Ihr folgt ihren Vorgaben. Wenn wir diesen Fall also wirklich bearbeiten wollen wie ein Psychologieseminar, dann los. Schreiben wir alle zusammen tausend Interpretationen dieser Worte. Und dann veranstalten wir eine Séance und entscheiden, welche richtig ist.«
    »Halt, halt.« Der Superintendent hob die Hand. »Hier schleicht sich Gehässigkeit ein. Das ist das Letzte, was wir gebrauchen können.«
    »Gehässigkeit?«
    Debbie nickte bedauernd. Als empfinde sie solche Angriffe als verletzend, sei aber als Erwachsene bereit, wie eine Erwachsene damit umzugehen. Sie schenkte Zoë ein mitfühlendes Lächeln. »Ich wollte nicht die sein, die es ausspricht, aber ich habe mich schon gefragt, ob ich da bei Ihnen in etwas hineingestochen habe, Detective Benedict. Ich habe einfach das Gefühl, dass ich etwas an mir habe, das einen sehr wunden Punkt bei Ihnen berührt.«
    Zoë öffnete den Mund, um zu antworten, doch dann sah sie, dass alle sie anstarrten, und sie begriff. Alle glaubten, sie sei eifersüchtig. Eifersüchtig auf diese idiotische, arrogante Psychologiestudentin mit ihren um eine Nummer zu engen Blusen und den weichen Haaren. Sie warf einen Blick zu Ben hinüber, und halb erwartete – oder hoffte – sie, er werde etwas zu ihrer Verteidigung sagen, aber er wich ihrem Blick aus. Er konzentrierte sich auf die Fotos der Sexualstraftäter an der Tafel, als seien die viel interessanter.
    »Herrgott.« Sie schnappte sich Schlüssel und Helm. »Willkommen im neuen Zeitalter der Polizeiarbeit. Jeder hier, der sich auch nur einen Scheißdreck für die Gerechtigkeit interessiert, sollte anfangen zu beten.« Sie salutierte vor dem Superintendent und schlug die Hacken zusammen. Das Team starrte sie an, als sei sie völlig durchgedreht, als sie hinausging und die Tür hinter sich zuschlug.

29
    Sally hatte entschieden, dass Millie zur Schule gehen müsse, ganz gleich, was passierte. Sie hatte am Vormittag ein paar Arbeitspausen und konnte sie zur Kingsmead fahren, und sie versprach ihr, sie nach Schulschluss bei der Turnhalle abzuholen. Jake the Peg und sein lila Jeep waren nirgends zu sehen. Trotzdem behielt sie Millie die ganze Zeit im Auge, bis sie im Gebäude verschwunden war.
    Ihren nächsten Job an diesem Vormittag hatte sie gleich um die Ecke zu erledigen, in einer der teuersten Straßen der Stadt. Die meisten Häuser waren elegante Villen aus viktorianischer Zeit. Der Trend zu den Farben von Farrow & Ball war auch hier angekommen, und sämtliche Türen und Fenster waren in gedämpften Grau- und Grüntönen gestrichen. Lorbeerbäumchen in schwarzen Kübeln säumten säuberliche Kieswege, und Töpfe mit holzigem Lavendel und Rosmarin standen überall verstreut. Steves Haus stand am anderen Ende dieser Straße, und Sally hatte sich angewöhnt, mittwochs nach der Arbeit hier zu ihm zu gehen. Manchmal aßen sie dann zusammen zu Mittag. Meistens landeten sie im Bett.
    Sein Haus war ein bisschen kleiner als die anderen hier in der Straße, aber ansonsten unterschied es sich kaum von ihnen: Steinplatten vor der Haustür, ein altmodischer Drahtseilzug, der im Haus eine richtige Glocke läuten ließ. Um ein Uhr stand sie vor der Tür, lauschte auf den Glockenklang im Flur und dachte an David und den Zwischenfall mit Jake. Sie hatte vor, Steve alles zu erzählen, doch als er die Tür öffnete, sah sie gleich, dass er nicht in der richtigen Stimmung war.
    »Hallo, Schatz.« Er küsste sie flüchtig, dann wandte er sich ab und ging durch den Korridor nach hinten zur Küche.
    Sie folgte ihm nachdenklich und schaute auf seinen Rücken, der sich entfernte. Er trug Shorts und ein mit Farbe bekleckertes T-Shirt mit der Aufschrift »Queensland: heute schön, morgen perfekt« auf dem Rücken. Auf seinen Schultern schien eine Last zu liegen, und das war nicht okay. »Alles in Ordnung?«, fragte sie, als sie in der Küche waren.
    »Hmm?«
    »Ob alles in Ordnung ist.«
    »Ja, ja. Ich wollte dir was zum Lunch machen – da ist Thunfisch im Kühlschrank –, aber dann hab ich

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