Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Titel: Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
Vom Netzwerk:
tun?«
    »Wir brauchen Hilfe«, sagte der größte Junge. Er war blond und gut aussehend, und die Körpersprache der andern verriet, dass er das Alphamännchen war. Dass er sich in den Vordergrund spielte und meistens bekam, was er wollte. »Es geht um Lorne Wood.«
    »Aha.« Zoë schaute zurückhaltend von einem Gesicht zum andern. »Okay. Und so, wie wir alle hier stehen und wie ihr mich angesprochen habt, sieht es so aus, als wolltet ihr vorläufig nur einen ungestörten Plausch halten.«
    »Vorläufig.«
    »In Ordnung. Aber bevor wir anfangen, möchte ich eure Namen wissen. Ich verspreche euch, es bleibt alles unter uns.« Sie nahm einen Spiralblock und reichte dem größten Jungen einen Stift. Er betrachtete beides einen Moment lang unsicher. Zoë nickte. »Ihr habt mein Wort«, wiederholte sie. »Wirklich.«
    Widerstrebend nahm er den Stift, beugte sich über den Schreibtisch und schrieb: Peter Cyrus . Dann gab er Millie den Stift. Millie sah Zoë an, als wollte sie etwas sagen, aber dann schrieb sie Millie Benedict . Benedict, sah Zoë – nicht Cassidy. Es stimmte also, was sie gehört hatte: Sally hatte sich wirklich von Julian scheiden lassen. Und Millie benutzte Sallys Namen, nicht den ihres Vaters. Was verriet das über die Trennung?
    Die anderen Teenager schrieben nacheinander ihren Namen auf den Block.
    Nial Sweetman, Sophie Sweetman, Ralph Hernandez .
    Ralph Hernandez.
    Zoë starrte den Namen an und bewegte den Unterkiefer hin und her. Sie setzte ein ruhiges Lächeln auf, hob den Kopf und sah ihn an. Bis jetzt hatte sie nur wenig Notiz von ihm genommen. Er war schmächtig, mittelgroß, hatte drahtiges dunkles Haar und olivfarbene Haut. Abgesehen von seiner Krawatte, die er in einem aufgeblähten, breiten Knoten nach Art eines Fernseh-Bullen aus den Siebzigern gebunden hatte, wie sie es heute anscheinend alle taten, war er konventioneller gekleidet als die anderen. Zumindest seine Hose schien ihm beinahe zu passen, und die Stacheln in seiner Frisur sahen nicht völlig außerirdisch aus. Seine glühenden braunen Augen waren blutunterlaufen.
    »Also.« Sie zwang sich zu einem gelassenen Tonfall. »Was kann ich für euch tun?«
    Einen Moment lang war es still. Dann gab der mit Namen Nial dem mit Namen Peter einen Rippenstoß. Sophie und Millie schauten stumm zu Boden. Ralph rieb sich nervös mit dem Ärmel die Stirn.
    »Folgendes«, sagte Peter. »Ralph hat Angst.«
    »Ich bin beunruhigt«, korrigierte ihn Ralph. »Ein bisschen beunruhigt. Das ist alles.«
    »Aha. Und weshalb bist du beunruhigt?«
    »Ich war …« Er kratzte sich an den Unterarmen. »Ich war …«
    »Er war mit Lorne zusammen«, sagte Peter. »An dem Abend, als sie ermordet wurde.«
    Zoë umfasste ihr Kinn mit den Fingern und schaute die Teenager nachdenklich an. Das Herz in ihrer Brust klopfte wie eine Trommel. Hier war Debbies und Bens »Mörder«. In seiner vollen Lebensgröße von eins fünfundsiebzig. Doch wenn sie mit den Worten, die auf Lornes Körper gestanden hatten, recht hatte, war der wirkliche Mörder irgendwo da draußen unterwegs. Und dachte vielleicht schon an Nummer zwei. »Okay«, sagte sie ruhig. »Und selbstverständlich gab es einen Grund, davon bisher noch nichts zu erwähnen.«
    »Ich habe meinen Eltern nicht erzählt, dass ich eine Freundin hatte. Und Lorne hat auch keinem was von mir gesagt. Es sollte ein Geheimnis sein.«
    »Seine Eltern sind katholisch. Sie finden so was ein bisschen – na, Sie wissen schon.«
    »Können Sie ihm helfen?«, fragte Nial. »Er weiß nicht, was er machen soll.«
    »Helfen? Da bin ich nicht sicher. Das ist eine ernste Sache. Ich weiß, dass euch das klar ist – ihr seid ja nicht dumm. Aber nicht so hastig. Ralph, Lorne war also deine Freundin. Wie lange warst du schon mit ihr zusammen?«
    »Nur zwei Wochen. Aber ich hab sie geliebt. Das meine ich ernst. Sie war die Richtige für mich.« Seine gepresste Stimme verriet, dass er nicht log. »Bitte«, sagte er, und einen Moment lang klang er wie ein kleiner Junge, der draußen im Regen stand und darum bettelte, ins Haus zu dürfen, »bitte, ich weiß einfach nicht, was ich machen soll.« Er lehnte sich aufrecht mit dem Rücken an die Wand, legte den Kopf an den Putz und drehte ihn hin und her. »Ehrlich, ich wäre am liebsten tot.«
    »Na komm«, sagte sie und beugte sich vor, »jetzt holen wir mal tief Luft, ja?« Eigentlich müsste sie die Kinderschutzeinheit einschalten, wenn ein Minderjähriger sich den Tod wünschte, aber dann

Weitere Kostenlose Bücher