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Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Titel: Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Kopf. »Nein – vergiss es. Ich hab nichts gesagt.«
    »Doch, das hast du.« Sie richtete sich auf, tastete blindlings nach dem Sofa hinter ihr und ließ sich schwer auf die Armlehne fallen. »Aber es ist nicht wahr, oder?«
    Sein Blick huschte über ihr Gesicht. »Mein Gott, Sally, wo bin ich da nur hineingeraten?« Müde ließ er die Schultern hängen. »Ich komme mir vor wie in einem verdammten Tarantino-Film.«
    »Du meinst es ernst? Du meinst es wirklich ernst?«
    » Scheiße , ja. Ja .«
    »Gibt es wirklich Leute, die so was tun? Im wirklichen Leben?«
    Er zuckte die Achseln, genauso ratlos wie sie. »Anscheinend. Ich meine, Herrgott noch mal, ich wusste immer schon, dass Leute in meinem Job von Zeit zu Zeit solche Angebote bekommen. Man hört davon – dieser oder jener krumme Privatdetektiv gibt einem Ex- IRA -Mann zehn Riesen, damit er irgendjemandes Ehefrau zu Hause in der Einfahrt mit dem Range Rover überrollt. Genau wie ich immer gewusst habe, dass es die wirklich beschissenen Sachen im Leben tatsächlich gibt. All die Schweine, die unbehelligt auf der Straße herumspazieren. Sie haben nicht aufgehört, Schweine zu sein, bloß weil sie Armani-Anzüge tragen, das Spitzenmodell von Audi fahren und sich mit ›Sir‹ anreden lassen. Sie sind trotzdem Psychopathen und nehmen skrupellos jeden Skalp. Das wusste ich alles – dass hinter der Fassade auch Menschenleben zerstört werden. Ich wusste, dass totale, schamlose Habgier wirklich existiert. Und irgendwie war mir auch klar, dass solche Dinge passieren. Dass Leute umgebracht werden – und dass das seinen Preis hat.« Er lehnte sich auf dem Stuhl zurück und umfasste seine Hand. »Ich hätte nur niemals, niemals gedacht, dass ich je in diese Situation kommen würde.«
    Sally atmete tief aus. Sie schaute zur Decke und brauchte eine Weile, bis sie das alles in ihrem Kopf untergebracht hatte. Eine Zeitlang rührte sich keiner von ihnen. Schließlich sagte sie: »Steve?«
    »Ja?«
    »Diese Leute. Sind sie nicht nervös geworden, als du Nein gesagt hast?«
    Er schwieg einen Moment lang. Dann wickelte er den Küchenkrepp von seiner Hand und inspizierte die Wunde. Leckte an seinem Finger und wischte das Blut ab.
    Sie senkte den Kopf und schaute ihn mit schmalen Augen an. »Steve?«
    »Was?«
    »Du hast doch Nein gesagt. Oder?«
    »Selbstverständlich.« Er sah ihr nicht in die Augen. »Was denkst du denn, was ich gesagt habe?«

30
    Als Zoë aus dem Besprechungsraum kam und durch den Korridor auf ihr Zimmer zuging, standen fünf Teenager mit düsteren Mienen vor ihrer Tür. Die drei Jungen hatten Stachelfrisuren, und ihre tief sitzenden Schulhosen wurden mit einem Gürtel auf dem dürren Hinterteil gehalten. Die Mädchen sahen aus wie Privatschülerinnen aus dem Fernsehen. Sie hatten den Bund ihrer Schulröcke einmal umgerollt, um mehr Bein zu zeigen, und ihre Blusen waren auf dem Bauch verknotet.
    »Tante Zoë?«, sagte das kleinere der beiden Mädchen. »Entschuldige, dass ich dich störe.«
    Zoë blieb wie angewurzelt stehen. Sie beugte sich leicht vor und blinzelte dem Mädchen entgegen. » Millie ? Du meine Güte. Ich hab dich nicht erkannt.«
    »Was ist denn mit mir?« Millie legte beide Hände an ihr Haar, als wolle sie sich vergewissern, dass es noch da war. »Was stimmt denn nicht?«
    »Gar nichts. Ich habe nur …« Sie kannte Millie nur von Fotos, die Mum und Dad ihr geschickt hatten. Zweimal hatte sie sie leibhaftig auf der Straße gesehen, aber nur im Vorübergehen. Sie war hübsch, wirklich hübsch. Zoë brauchte einen Augenblick, um ihre fünf Sinne zusammenzunehmen. »Was willst du denn? Müsst ihr nicht in der Schule sein?«
    »Der Schulleiter hat uns erlaubt herzukommen. Wir wollten mit dir sprechen. Können wir das irgendwo ungestört tun?«
    »Ja, natürlich. Kommt rein, kommt rein.« Sie schloss auf und trat gegen die Tür, und schnell ließ sie den Blick durch das Zimmer wandern, um sicher zu sein, dass hier nichts herumlag, was die Kids nicht sehen sollten – Obduktionsfotos oder Notizen zum Fall Lorne. »Ich hab keine Stühle. Tut mir leid.«
    »Schon okay«, sagte der größte der Jungen. »Wir bleiben nicht lange.«
    Zoë schloss die Tür, setzte sich auf die Schreibtischkante und musterte sie alle aufmerksam. Sie musste sich beherrschen, um Millie nicht dauernd anzustarren, aber sie beobachtete sie aus den Augenwinkeln. War es Einbildung, oder hatte Millie mehr Ähnlichkeit mit ihr, Zoë, als mit Sally? »Was kann ich für euch

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